Gute Fragen

Ashitaka, Montag, 19.01.2015, 17:17 (vor 3667 Tagen) @ Leserzuschrift15572 Views
bearbeitet von unbekannt, Montag, 19.01.2015, 17:21

> Geh zur Bank, beantrage 100.000 Euro Kredit. Dein Kreditinstitut wird
nach Vertragsabschluss den Kredititel + Besicherung mit entsprechendem
Beleihungswert bei der Zentralbank hinterlegen. Damit erhält sie eine
entsprechende Summe ZBG (Geld durch geldpolitische Operation). Du kannst
dein Guthaben (kein Geld) am Schalter nun einlösen und bekommst dafür
Eurobanknoten (Beurkundungen des ZBG) über insgesamt 100.000 Euro
ausgezahlt. Verbrenne diese nun. Dein Kreditinstitut bucht deshalb ganz
sicher nicht die Forderung aus dem Kreditvertrag aus. Und auch die
Zentralbank besteht weiterhin auf Einhaltung des Vertrags; d.h. zum
Rückübertragungsstichtag müssen 100.000 Euro seitens des Kreditinstituts
an die Zentralbank gezahlt werden.

Die 100.000 Euro sind leider verbrannt. Es gibt im ganzen System nur noch
deren Buchungen, mit denen lässt sich der Kredit allerdings nicht
tilgen. Wie geht es weiter?

Könntest du bitte deine Vorstellung von "deren Buchungen" konkretisieren?

Der Kredit hätte sich nicht mit den verbrannten 100.000 Euro Banknoten tilgen lassen, sondern nur dadurch, dass andere Teilnehmer mittels Kredit Schuldentilgungsmittel ins System führen (sich finanzieren), an die dann unser Brandopfer zwecks Tilgung gelangen kann. Insofern ist ein Modell mit einem Kreditnehmer unsinnig, da es bereits an der Kreditantragstellung scheitert.

> Das Geld verschwindet nicht, da das Schuldverhältnis
fortbesteht.

Falls das Geld - als Schuldentilgungsmittel - noch vorhanden wäre,
auf welche Weise käme dann der Kreditnehmer (wieder) in seinen Besitz?

Ein beziffertes Schuldentilgungsmittel (Eurobanknote) ist etwas anderes, als die Summe der Schuldverhältnisse (Geldsumme), aus der diese Schuldentilgungsmittel entspringen. Ist die Eurobanknote verbrannt, so ist das Schuldentilgungsmittel (bzw. die Funktion des Geldes) vernichtet. Auf die debitistische Geldsumme im System hat das keine Auswirkung, denn die Bilanzsumme der Zentralbank bleibt davon unberührt. Die geldpolitischen Instrumente sind schließlich nicht an den Banknotenumlauf gekoppelt.

Ersetzt ihm die ZB einfach die verbrannten Scheine oder bucht ihm ein
äquivalentes Guthaben auf das Konto?

Nein, kein Ersatz. Bei der Zentralbank ändert sich auch nichts, bis vielleicht auf die Tatsache, dass ein Passivtausch zwecks Pflege des Banknotenumlaufs zu buchen ist. Die Bilanzsumme muss gleich bleiben, da sie sich an den geldpolitischen Geschäften (Geldsummen) orientiert und nicht daran, was draußen jemand mit den Eurobanknoten veranstaltet. Im Zweifel braucht es nicht einmal Eurobanknoten. Schau dir die Passiva der EZB und die Sichtguthaben auf Ebene der MFIs an.

In meiner Welt führt der Verlust der Zahlungsmittel zu einem
Domino-Effekt: erst geht der Kreditnehmer Pleite, dann seine Bank, und
schließlich die ZB.

Der Halter der Eurobanknoten könnte durch die Vernichtung seiner Eurobanknoten pleite gehen. Er hat damit die Rechte aus den Eurobanknoten (Inhaberpapiere) verloren. Wenn nun alle in einem Moment ihre Eurobanknoten verbrennen, dann kann niemand mehr in dieser Höhe tilgen. Nicht weil keine Geldsummen mehr vorhanden sind, sondern weil diese Geldsummen (ZB-Passiva) nicht mehr durch Eurobanknoten beziffert werden können (die sind futsch). Erst die Bezifferung auf Urkunden (Eurobanknoten) ermöglicht es, dass man die Rechte aus der Beurkundung auf unterschiedlichste Personen übertragen kann.

Was passiert in Deiner Welt, sobald die Kredite (KN - GB, GB - ZB)
fällig werden?

Dann gäbe es immer noch eine Geldsumme, die nicht im Banknotenumlauf der ZB passiviert ist. Denn schließlich gibts auch noch weitaus höhere Guthaben auf Geld (Sichtguthaben), die bei den MFIs gehalten werden. Das würde die Geschäftsbankenebene nur in Liquiditätsprobleme bringen, da sie gewaltige zusätzliche Refinanzierungsgeschäfte abschließen müsste.

Aber viel wichtiger: Die Wirtschaft geht vorher den Bach runter, weil tagtägliche Fristen bzw, Zahlungstermine wegen der fehlenden Eurobanknoten nicht erfüllt werden können. Nicht weil die Geldsummen fehlen, sondern weil die Beurkundungen (Bezifferungen und damit Zuordbarkeiten) dieser Geldsummen futsch sind. Wem wieviel zustand lässt sich nicht mehr rekonstruieren.

Werden sie bedient? Wenn ja: womit?

Nur noch folgende Möglichkeit:

1. Auf Ebene Geschäftsbank: Durch Überweisung der greifbaren Sichtguthaben auf die jeweiligen Kreditkonten. Zwischen 2 Bankengruppen müsste noch die Übertragung der Abtretungsurkundungen über diese Guthaben elektronisch ausgehändigt werden.

2. Auf Ebene Zentralbank: Bewegung ZBG wie bisher.

Ich denke jedoch, dass der Verlust aller Eurobanknoten soviel Zahlungsunfähigkeiten nach sich ziehen würde, dass das kurzfristig zu zerstörerischen Handlungen der Zentralbank führen würde.

Herzlichst,

Ashitaka

--
Der Ursprung aller Macht ist das Wort. Das gesprochene Wort als
Quell jeglicher Ordnung. Wer das Wort neu ordnet, der versteht wie
die Welt im Innersten funktioniert.


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