Kapitalisierung, Wertesystem, Masse sobald Zentralinstanz den Raum vorfinanziert, Vom Charismatiker zum Zwingherrn

Ashitaka, Dienstag, 01.03.2016, 21:03 (vor 3264 Tagen) @ Leserzuschrift9653 Views

Hallo,

Wie kann man einen Menschen durch die Zerschlagung einer Gemeinschaft
"erschaffen"?

Nicht der Menschen, sondern das Individuum entsteht (im systematischen Sinne).

Außerdem ist nicht einzusehen, wieso das Überleben eines Individuums auf
einmal von Kapital
abhängen sollte, schließlich kam die
akephale Gemeinschaft
ja auch ohne aus.

Nahrung, Kleidung, Schutz vor Witterungen fielen nicht aus dem Moment heraus vom Himmel. Die notwendigen Mittel mussten beschafft oder hergestellt werden, verursachten einen Zeitbedarf des Menschen, den der Einzelne nicht zu decken fähig war. Deshalb steht auch die Gemeinschaft am Anfang. Ihr Kapital war ausreichend, das Kapital eines einzelnen oder neugeborenen Menschen nicht.

Das wäre eine Definitionsfrage: ab welcher Anzahl von Menschen handelt es
sich um eine Menschen"masse".

Anzahl = 2, wobei mindestens eine sanktionsfähige Zentralinstanz vorhanden sein muss.

In der Regel dürfte die Eroberung einer herrschaftsfreien Gesellschaft
nicht kampflos erfolgt sein, so dass man davon ausgehen kann, dass es
unmittelbar nach der Unterjochung weniger Individuen gab als vorher.

Von Region zu Region sehr unterschiedlich.

Insofern erschließt sich mir nicht, wieso eine kleinere Gruppe auf einmal
eine
Masse
darstellen soll, jedoch die größere Gruppe vorher nicht.

Der Unterschied ist das Auftreten einer zur Sanktion gegenüber der Masse fähigen Zentralinstanz (Zentralmachtverhältnis). Eine Masse kann ohne dieses Auftreten nicht existieren (siehe unten).

Die Definition bei Wikipedia würde übrigens auch auf eine akephale
Gemeinschaft zutreffen: "Masse bezeichnet in der Soziologie eine große
Anzahl von Menschen, die konzentriert auf relativ engem Raum physisch
miteinander kommunizieren und/oder als Kollektiv gemeinsam sozial
handeln."

Wikipedia ist die Ursache einer großen Anzahl von Menschen, die auf engem Raum miteinander leben, egal. Mir nicht. Die Ursache ist ein Zentralmachtverhältnis, durch welches der zur Nebensächlichkeit simulierte Raum der Masse ja erst entsteht, seine Vorfinanzierung gewährleistet wird.

> Mit dem Atom ist das Individuum (der nun einzeln dastehende Mensch)
gemeint. Dieses wird erst durch die Zerschlagung der akephalen Gemeinschaft
/ segmentären Gesellschaft geschaffen, war vorher (in der akephalen
Gemeinschaft / segmentären Gesellschaft) nicht existent

Wie kommst du denn darauf? Natürlich besteht eine Gemeinschaft aus
Individuen.

Du magst dir ein Individuum in einem Verhältnis zur Gemeinschaft vorstellen, in dieser Vorstellung hin und her zwischen einem allein rumsitzenden Menschen und einem an der Gemeinschaft teilnehmenden Menschen springen, es dir also so vorstellen, als wäre das Individuum deshalb in der Gemeinschaft bereits existent. Das funktioniert aber leider nur aus dem heutigen Wertesystem heraus.

Das Individuum ist von einem Wertesystem abhängig, welches in der akephalen Gemeinschaft noch gar nicht vorhanden war (da Konformismus, Egalität). Die akephale Gemeinschaft ist kein Zusammenschluss von Individuen. Eine durch das Zusammenkommen eingeleitete Transformation des Wertesystems hat es nicht gegeben. Im Gegenteil, die Gemeinschaft ging aufgrund äußerer Machteinflüsse (Naturgewalt, Zentralmacht) auseinander, wodurch ein neues Wertesystem in Bezug auf seine Id|Entität entstand.

> Für die Zerschlagung sind vereinzelt zunächst äußere
Machteinflüsse (Umweltveränderungen durch Naturgewalten)
verantwortlich.

Nun, das ist ja gerade der Witz des Lebens in einer Gemeinschaft, dass man
gemeinsam den Naturgewalten besser trotzen kann.

Exakt, aber was sagt dies über den gemeinsamen Erfolg und die Folgen des Scheiterns aus? Gar nichts.

Das müsstest du schon näher begründen, wieso gemeinsames Handeln zur
"Zerschlagung" der Gemeinschaft führen sollte; in der Regel ist doch eher
das Gegenteil der Fall: der gemeinsame Gegner festigt den Zusammenhalt.

Nicht das gemeinsame Handeln der akephalen Gemeinschaft führte zur Zerschlagung, sondern externen Machteinflüsse (Naturgewalt, Zentralmacht). Was nützt der Zusammenhalt, wenn man gegenüber dem Zerreißen durch externe Kräfte (Vermögensvergleich) ohnmächtig ist?

> Durch diesen äußeren Druck und die damit einhergehende Ohnmacht der
Individuen wurde das Fundament der Zentralmacht/Zentralinstanz, die Bühne
für die ersten Charismatiker/Hoffnungsnährer (Uckmuckdu I.)
errichtet.

Wie läuft das konkret ab?

z.B. Dürre, schwindende Überlebenschancen der Gemeinschaften, enormer Druck durch Naturgewalten. Siehe z.B. Mesop., Angkor Vat, Gefolgschaft und daraus gefestigte Herrschaft statt akephaler Gemeinschaft /segmentärer Gesellschaft.
z.B. Die Festigung der Zentralinstanzen durch den nun vorfinanzierbaren Bau von Bewässerungssystemen (aufgrund der erfolgreichen Besicherung durch Tribut/Abgaben).

> Der Anfang der Zentralmachtexpansion. Die Zentralmachtordnung
formiert sich nicht aus Gemeinschaften heraus, sondern sie wird durch
erstmals vorhandene Individuen, die nun zu einer Masse zusammengezwungen
werden (aufgrund der äußeren Machteinflüsse keine andere Wahl!),
erzwungen.

Wie läuft das konkret ab?

Siehe oben.

> Das betrügerische Versprechen der Charismatiker, die Forderungen der
Gefolgschaft, damit startet die Kapitalisierung der Zentralmacht, wächst
ihr Vermögen.

Wieso sollte die Gemeinschaft auf solche "Charismatiker" hereinfallen?
Warum verweigert die Mehrheit diesem Einen nicht einfach die
Gefolgschaft?

Weil er seiner Gefolgschaft eine Zukunft verspricht, die sie als zerschlagene Gemeinschaft, als alleine dastehende Menschen nicht haben. Er nutzt die Situation aus bzw. erkennt erst im späteren Verlauf welche Macht (Potential, Können) sich in seiner Position als Zwingherr im Verhältnis zu der Masse konzentriert bzw. zentriert (sobald ausreichend Vermögen, Kurts Bizeps).

Was bringt eine bis dahin herrschaftsfreie Gemeinschaft dazu, sich auf
einmal von einem der Ihren unterjochen zu lassen, statt ihm etwas Pfeilgift
ins Essen zu mischen?

Das Vertrauen in einem nicht mehr zuzutrauenden Lebensraum.

Herzlichst,

Ashitaka

--
Der Ursprung aller Macht ist das Wort. Das gesprochene Wort als
Quell jeglicher Ordnung. Wer das Wort neu ordnet, der versteht wie
die Welt im Innersten funktioniert.


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