Können wir uns jetzt mal einigen auf Definitionen - hier nochmal ein Vorschlag auch in Anlehnung vieler Diskussionen hier

Robert, Samstag, 02.01.2016, 14:00 (vor 3323 Tagen) @ Beo27772 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 02.01.2016, 14:48

Wir benötigen auch noch viel Begriffsklärung. Die meiste Zeit reden wir
doch aneinander vorbei .. wie sich auch in meiner ziemlich sachlichen
Diskussion mit @Robert gezeigt hat.

Gruß, Beo2

Hallo und frohes Neues Jahr

Ich hatte hier schon darauf hingewiesen, dass es eine unnötige Verkomplizierung war im Hinblick auf die saldenmechanische Betrachtung um eventuell „fehlende" (gehortete) Guthaben und die Betrachtung von Zahlungsströmen

Von daher würde ich kurz und knapp vorschlagen, sich möglichst auf einfache Begriffe zu einigen, und die üblich verwendete Terminologie zu übernehmen, und vor allem keine neuen Abkürzungen einzuführen, die man sich erst mühevoll aneignen muss.

Die Summe aller Brutto Geldvermögen ist Null.

Brutto-Geldvermögen ist die Summe aller Zahlungsmittelbestände (ZMB) plus aller in Geld bewerteten Forderungen minus der Summe aller in Geld bewerteten Verbindlichkeiten der Wirtschaftssubjekte oder Sektoren.

Zahlungsmittelbestände = M0/M1 also Giroguthaben/Sichtguthaben und Bargeld. Der Zahlungsmittelbestand (ZMB) erhöht/vermindert sich durch Einzahlungen/Auszahlungen per
Überweisung, Scheck, Lastschrift, Wechsel, Bankkarten oder Kreditkarten.

Statt M0 sagen wir üblicherweise auch Zentralbankgeld (ZBG), Interbankengeld, ZBReserven, Geldbasis bzw. „Staatsgeld" (gesetzl. Zahlungsmittel gZ) auf dem Girokonto/Sichtkonto der Bank bei der Notenbank, und
für M1 üblicherweise Geschäftsbankengeld (GBG) bzw. Buchgeld/Giralgeld auf dem Girokonto/Sichtkonto der Geschäftsbank.

Bei dieser Terminologie kann es praktisch kaum Missverständnisse geben, weil diese Begriffe schon oft verwendet wurden.

Wer nur von Guthaben spricht, meint überwiegend Giroguthaben bzw. (Spar-/Bank-)Guthaben auf Bankkonten oder auf ähnlichen Zahlungsmittelkonten (Paypalguthaben, Bitcoinguthaben etc.). Es geht bei Guthaben i.d.R. also immer um Kontokorrent- und Bankkontensalden. Das geht meist aus dem Kontext in der Diskussion hervor, und kaum jemand denkt allgemein an (verbriefte) Forderungen wie Sparbriefe, Geldmarktpapiere, Anleihen u.ä. oder Zahlungsaufschübe von Lieferanten, das führt zu Missverständnissen im Zusammenhang mit einer „Guthabenkrise" oder mit „fehlenden/gehorteten" Guthaben, welche die Nichtbanken „nicht ausgeben".

Sicherlich kann ich auch Steuerguthaben oder Guthaben bei einer privaten Pension haben, also Forderungen auf spätere Rückzahlungen jenseits von Kontokorrentkonten. Doch dann setzt man ja meist ein Wort dahinter zur näheren Bezeichnung. Bei Pension/Versicherung spricht man von Pensionsansprüchen, Versicherungsansprüchen etc. und allgemein nicht von Guthaben.
Ein Guthaben kann ich selbstverständlich auch auf dem Wertpapierkonto /Depot bzw. Anlagekonto bei einem Investmentfond haben für Wertpapierbestände keine Frage,
doch um diese ging es in Diskussionen niemals.

Selbst Du sprachst in Diskussionen immer von Guthaben, die gehortet werden also „als Zahlungsmittel nicht in die Wirtschaft kommen" (Konsum,Investition). Und O-Ton „der Guthabenhalter muss zum Ausgeben gezwungen werden", „nutzlos rumliegende Liquidität", „ Guthaben bleiben weiterhin Guthaben, auch wenn sie sehr zügig ausgegeben werden .. .denn dabei wechseln sie nur das Girokonto. Sie verbleiben im Bankensektor und das ihnen zugrundeliegende ZBGeld ebenfalls" und viele andere Zitate von Dir im letzten Jahr

Es war nie die Rede von gehorteten Forderungen im Wertpapierdepot. Zumal dort die Zahlungsmittel IMMER weitertransferiert werden, was deinen Aussagen widerspricht. Ich brauche niemanden zum Ausgeben zwingen, wenn er bereits ein Wertpapier hat, seine Liquidität also bereits aufgegeben hat.
Natürlich ist das kein Netto-Entsparen, aber dennoch wurde mit der Liquidität konsumiert/investiert nur halt stellvertretend. Wohingegen Du Guthaben immer gleichgesetzt hast mit Liquidität die weitergereicht werden muss (Wechseln des Girokontos).

Bleibt doch einfach bei Deiner Linie. Warum nun umschwenken und alles komplizierter machen?
Warum soll ich mich nun anpassen, nur weil Du umgeschwenkt bist?

Die Gleichsetzung Guthaben mit sämtlichen Geldvermögen /Forderungen halte ich somit nicht für richtig und ist auch nirgendwo zu finden. Und neue Begriffe wie sonstige Forderungen u.ä. verwirren wie gesagt noch mehr.

Insofern sind auch M3 nicht alles herumliegende Guthaben, die man „zum Ausgeben zwingen muss".
Bankschuldverschreibungen, Repoverbindlichkeiten, Geldmarktpapiere u.ä. Anteilsscheine etc. sind kein Horten in Deinem Sinne, weil Liquidität weitergereicht wird. Banken besorgen sich Mittel, um andere Geschäfte zu tätigen (Die Struktur der Bankinvestitionen bzw. Allokation der Mittel sei mal dahin gestellt, zumal Du auch bei Netto-Entsparen Fehlallokationen haben kannst).

Auch M2 (minus M1) ist eigentlich kein Horten, weil die Bank hier zwar Sichtguthaben auf ein verzinstes Sparkonto/Termingeldkonto etc. überträgt aber im Gegenzug per Bilanzverlängerung wieder neue Liquidität schafft.

Es ist zwar richtig, dass ein Teil von M1 (die relevante Geldmenge für Güteraustausch) verschwindet und umgeschichtet wird, die Bank hat aber Sparverträge abgeschlossen, weil in jedem Fall (fristenkongruente) Kreditnachfrage bereits da war oder unmittelbar bevorsteht.
Wobei mit Ablauf der Sparverträge die höheren Aggregate wieder sinken und das Aggregat M1 wieder steigt.
Mit der Kredittilgung verschwindet also M1 und gleichzeitig „rückt M1 nach" .
Gibt es keine ausreichende Kreditnachfrage mehr, sinken auch die Sparverträge (M3 minus M1) und wandeln sich in M1 um.

Die vorhandene Geldmenge M1 bzw. M0 reicht imho also immer aus, um den Gütertausch zu vollziehen unabhängig von Festgeldern, Termingelder, Sparbriefen etc. Für diese Anlageformen ist schon längst neues M1 per Bilanzverlängerung geschöpft worden.

Gehortet wird erst, sobald M1/M0 also Überschüsse auf Sichtguthaben (oder Bargeld unter der Matratze) dauerhaft nicht bewegt werden oder theoretisch in dem Fall, dass Banken absurderweise Sparverträge abschließen ohne Kreditnachfrage, was aber Unsinn ist.

Das Problem ist, wenn Nichtbanken M1 horten, kann die Bank keiner längerfristigen Kreditnachfrage nachgehen bzw. keine neue Liquidität schaffen. (Bestenfalls auf Basis des „Bodensatzes" aber auch nur kurzfristig).

Solange Banken im Wettbewerb stehen um den finalen Erfüllungsgegenstand ZBGeld, braucht es auch immer mehr oder weniger Banksparer.

Mit dem Wort „Guthabenkrise'" gab es Missverständnisse. Man kann damit meinen, a) dass zu viele Zahlungsmittel /„Guthaben" nicht bewegt/weitertransferiert wurden (Netto-Entsparen) und von daher Zahlungen bei Schuldnern nicht ankamen, auch als „Liquiditätskrise" bezeichnet (was noch nicht Zahlungsunfähigkeit bedeutet) oder b) dass generell zu viele Forderungen auch unter Nichtbanken aufgebaut werden (Wertpapiere bzw. verbriefte Geldforderungen), was mit Punkt a) u.U. zusammenhängen kann aber nicht muss.

Aufgeschuldet (Das Aufbauen von Forderungen) wurde ja nicht nur, weil die alten Guthaben bzw. Liquidität „gehortet" waren (M1), sondern auch ganz unabhängig davon. Jeder der investiert oder auf auf Kredit konsumiert (Haus,m Auto etc.), tut das oftmals auch unabhängig von „fehlenden Guthaben" sondern er hat zwar laufende Eingänge, möchte aber sein Sachwertbestand/Kapitalbestand erweitern und hofft auf spätere Zahlungseingänge. Oder er möchte gleichzeitig über längere Zeit amortisieren und dennoch regelmäßige Gewinne/Einkommen haben. Je länger die Tilgungsdauer, desto mehr kann er sich die Liquidität einteilen.

Es existieren also eine gewisse Summe an Guthaben die nicht von allen Kreditnehmern sofort aufgenommen werden können. Allein schon die ganzen Konsumkredite.
Dazu gab es auch reichlich Fehlinvestitionen in der Realwirtschaft, und auch hier kann man nicht sagen, dass die gesparten Guthaben fehlen, zumal das impliziert, die Schuld an der Fehlinvestition habe der böse Sparer, der auf seinen Guthaben hockt und sich nicht so verhält, wie der Schuldner das gerne hätte.

Dann können wir ja gleich den Sozialismus einführen, wo die Nachfrage nach Gütern auf das Angebot abgestimmt wird.

Das gestaltet sich also alles ein wenig vielschichtiger und ich halte es ergo zu platt, zu folgern, eine Schuldenkrise sei automatisch eine Guthabenkrise.


Guthabenkrise als Pendant zu Schuldenkrise würde zu b) passen. Doch dann wäre es besser von Geldvermögenskrise zu sprechen. Dann sollte man aber von gehorteter Liquidität sprechen und nicht von gehorteten Guthaben. Das wäre ansonsten ein beliebiges Vermischen.


Gruß


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