Gemeinwohlmaximierung wird doch durch Zinszuflüsse an Staatsanleihenhalter nicht unbedingt geschmälert

Robert, Sonntag, 27.12.2015, 11:19 (vor 3329 Tagen) @ Bernadette_Lauert8467 Views
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 27.12.2015, 11:50

Begründung:

Hallo Robert,

Du beschäftigt Dich mit der Frage "Ermöglicht die Staatsverschuldung
eine gesamtwirtschaftlich positive (zusätzliche) Kassenhaltung?"

Der Begriff "Kassenhaltung" beschreibst laut Gabler Wirtschaftslexikon
"Bar- und Buchgeldbeständen von Unternehmen".


Hallo

Es gibt verschiedene Definitionen, siehe posting an @ Meph. Ich denke aus dem Kontext hätte es aber klar sein müssen.

Du führst aus, wie Vater Staat über das Vehikel "Staatsanleihen" zu Geld
kommt (und dafür Zinsen löhnen muss).

Ja und lehne mich dabei an Aussagen hier im Forum bzw. auch anderen Foren und Blogs

Mir stellt sich hier grundsätzlich die Frage, inwieweit sich das im
Bereich der Realität abspielt, bezeihungsweise sehe ich, dass die Frage
der Geimeinwohlmaximierung
nicht gestellt wird. Und ich werde im
Folgenden darlegen, warum das aus meiner Sicht der Knackpunkt ist:

Das Problem "Staatsverschuldung" kennt ganz andere Nutznießer und dieser
Nutznießerkreis sollte auch im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, wie ich
finde.

Ich habe nur die geldtechnische Ebene betrachtet. Unzweifelhaft gibt es auch die soziale, politische, moralische, fiskalische Ebene etc.
Es ist aber sinnvoll verschiedene Betrachtungsebenen zu trennen, wie ich finde, um den thread übersichtlicher zu machen. Die Schnittmengen der verschiedenen Perspektiven kann man dann ebenfalls untersuchen. Danke aber für diese Ergänzung einer zweiten Perspektive.

Der Begriff Kassenhaltung bezieht sich ja in erster Linie auf Unternehmen,
die das "Problem der optimalen Kassenhaltung" zu lösen haben, sprich sich
Fragen, wie viel Bar- und Buchgeldbeständen, sie halten sollen, um
zukünftige Zahlungsverpflichtungen termin- und betragsgenau zahlen zu
können

Ja, aber nicht nur Unternehmen. Auch Haushalte haben das Problem, oder haben die keine laufenden kurzfristigen und langfristigen Verbindlichkeiten?

Es geht hier um Steuergeld das verteilt wird.

Das ist die fiskalische Ebene.

Warum spreche ich hier von Banken und Moral?
Weil wir auch über Nutznießer sprechen müssen.

Unbedingt, hilft aber wenig weiter bei der Untersuchung der geldtechnischen Ebene.

Und ich werde nun dafür etwas weiter ausholen müssen:
Nur 4 Prozent der europäischen Staatsanleihen werden von Unternehmen
gehalten.Hauptsächlich sind es:
25 Prozent: Ausländische Investoren
25 Prozent: Banken
20 Prozent: Pensionsfonds
10 Prozent: Investmentfonds
10 Prozent: Privathaushalte
4 Prozent: Unternehmen
4 Prozent: Öffentliche Hand
1 Prozent: Zentralbanken
4 Prozent: (Andere) Finanzinstitute

Was heißt nur von Unternehmen? (nichtfinanzielle Unternehmen).
Stehen die moralisch betrachtet höher als die anderen Gruppen? Und profitieren nichtfinanzielle Unternehmen nicht auch von finanziellen Unternehmen wozu auch Investmentbanken gehören? Das ist doch alles teilweise auch ein Zusammenspiel und miteinander verzahnt.
Zudem sind das europäische Durchschnittszahlen und auch nur geschätzt. Niemand weiß, wie die Staatsanleihen tatsächlich verteilt sind, da die Besitzer am Anleihenmarkt ständig wechseln können. Aber sei dem jetzt mal so.

Vieles von dem, was Du schreibst, mag ja richtig sein. Du widerlegst aber
Thesen aus einer aufgeheizten Debatte, bei der AUCH diskutiert wird, wer
denn von den Zinszahlungen aus Steuergeldern profitiert und ob es hier
nicht andere Wege gäbe, die zukunftweisender sind.

Der thread war auch nicht für eine Grundsatzdebatte gedacht über den Kapitalismus, wo es inhärent immer Zinsgewinner und -verlierer gibt. Das müsste dann konsequenterweise ausgeweitet werden und führt zu einer Systemdebatte, was hier nicht mein Ziel war.
Zumal generell bei Schulden nicht NUR die Gläubiger profitieren sondern auch die Schuldner. (Transferempfänger der staatlichen Ausgaben bzw. die Wirtschaft insgesamt, je nach Investition der Staatsausgaben). Und dann muss man noch differenzieren zwischen inländischen und ausländischen Staatsschulden.
Die Sache ist ergo viel komplexer als Mensch annimmt, von daher wäre ein eigener thread sinnvoller.
Es ist immer wieder mühsam, sich durch threads durchzulesen, wo alles durcheinander diskutiert wird.

Ich habe oben drei Haltergruppen von Staatsanleigen gefettet. Sich machen
zusammen 60 Prozent aus.
III) Gesellschaftspolitische Einordnungen in Hinblick auf mögliche
Gemeinwohlmaximierungsmaßnahmen

Die Frage ist, ob Deine Einordnung überhaupt stimmt.
Gemeinwohlmaximierung entsteht doch nicht nur durch Zinszuflüsse an die Bürger sondern Staatsverschuldung kann je nach Verwendung auch die Produktivität eines Landes steigern bzw. generell den Konsum.
In Griechenland gab es lange Zeit vor der Krise auch eine Gemeinwohlmaximierung durch die Staatsschulden trotz hoher Zinszahlungen an das Ausland, unabhängig davon, dass bestimmte Gruppen mehr profitiert haben als andere. Das ist mir auch moralisch betrachtet zu einseitig. Dazu gleich mehr.

Bei denen (60 Prozent) stellt sich mir schon die Frage, ob das Geld aus
unserem Steuersäckel da in die richtigen Hände fließt, oder ob das Geld
nicht besser im Sinne "nationaler Interessen" und einer
Gemeinwohlmaximierung angelegt werden könnte.

Woher weißt Du, dass die 60% nicht auch indirekt zur Gemeinwohlmaximierung beitragen?
Wer sind „die richtigen Hände"? Das klingt so, als ob alle 60% gemeinwohlschädlich sind.
Zumal Investmentfonds auch die Rentensparer aus den mittleren Einkommensdezilen repräsentieren und nicht nur die oberen 20%. Investmentfond/-bank wird oftmals pauschal diskriminiert. Auch wenn deren Ruf nun gelitten hat, werden die Zusammenhänge oftmals zu einfach dargestellt, besonders von Populisten wie Dirk Müller u.a.

Und bei dem Oberbegriff Banken müsste man generell untersuchen, inwieweit diese zum Allgemeinwohl beitragen (Sparkassen, Genossenschaftsbanken), und dazu gehören auch Investmentbanken/Investmentabteilungen von Geschäftsbanken. Ein simples Schwarz-Weiß-Schema Investmentbank generell böse, Pensionfond gut ist mit zu einfach.

Und auch private Geschäftsbanken mit Investmentabteilungen sind doch nicht nur Aktionäre sondern auch alle Banksparer und Gläubiger, die Zinserträge bekommen, was wiederum Pensionsfonds und „Normalsparer" also Rentensparer etc. mit Durchschnittseinkommen sein können.
Investmentabteilung „arbeiten" auch aber nicht nur für die Aktionäre und Dividenden.
Mal ganz abgesehen von den Gehältern der hunderttausende von Mitarbeitern. Auch Investmentbanken bzw. Großbaken befinden sich international im Wettbewerb.

Da gibt es viel dazu zu schreiben

Ja und deshalb bin ich für eine Gliederung nach verschiedenen Ebenen.

> aber ich will an dieser Stelle einfach

mal Dirk Müller (Cashkurs.com) zu Wort kommen lassen, der den hier nicht
gestellten Teil der Staatsverschuldungsfrage anreißt:

Warum der Bürger in diesem System der ver*rschte ist
https://www.youtube.com/watch?v=PiZjX_7neDg (5m)

Dirk Müller redet manchmal viel, wenn der Tag lang ist, was auch seine Berufung ist,, um sich interessant zu machen. Der hat auch von dem Josefspfennig geschwurbelt. Ist für mich also nicht gerade die richtige Adresse

Der Geldadel, in den wir 60 Prozent (s.o.) der Zinszahlungen aus dem
Steuersäckel reinpumpen, hat sich von der Realwirtschaft in weiten Teilen
grußlos und ohne zurückzublicken verabschiedet (Kasino-Problem;
Hochfrequenzhandel):
https://www.youtube.com/watch?v=CKelWqs9ytg (Dirk Müller im Bundestag zum
Hochfrequenzhand), 7m)

Die 60% sind wie eben gesagt nicht nur der Geldadel. Zudem haben Banken durch griechische Staatsanleihen auch Vermögensverluste gehabt, weshalb sie gerettet werden mussten. Sie wurden aber nicht nur gerettet wegen der Aktionäre sondern um die Guthaben aller Gläubiger zu retten. Die Bank sind halt nicht nur die Aktionäre sondern alle Gläubiger, also Haushalte mit Durchschnittseinkommen, Pensionsfonds, Banksparer etc. Die erhalten ja auch Zinserträge.

Wohin wir in Hinblick auf die realwirtschaftliche Verwendung der großen,
vom Steuersäckelzins gespeisten Geldpools kommen müssen:
https://www.youtube.com/watch?v=WblIPEhu0j4 (Dirk Müller und Ernst Prost,
30m)

Das sind so die Aspekte die mir in Deiner Untersuchung ein wenig zu sehr
untergehen.

Die Aspekte hatte ich bewusst weggelassen, sonst wäre es wieder ein Endlos-Thread geworden, wo sich das letzte Mal schon darüber beschwert wurde.

IV) Woher stammen die Thesen a) bis d)?[/b]
Außerdem frage ich mich, wo die Thesen a) bis d) überhaupt herkommen,
die Du fachgerecht auseinandergenommen hast. Wenn Du Dir die selbst
gestellt hast, wäre das hier unfreiwillig komisch:

Aus Diskussionen hier im Gelben aufgeschnappt (von Beo, tar, Onkel Otto, moneymind u.a.)

d) „Die Privaten haben nun die Guthaben, der Staat die

Schulden.

Beides wächst steil exponentiell, er muss ständig Liquidität (via

die

ZB) nachschießen".

Dieser Zusammenhang erscheint mir ergo unlogisch. Und was heißt
nun? Die Privaten (Banken/Haushalte) hatten vorher auch die

Guthaben

und haben nun stattdessen Forderungen (Wertpapiere).


Das "nun" hast Du doch so formuliert und gefettet?

Ist ein Zitat von @ Beo.

Klingt ansonsten superseriös und ich gehe davon aus, dass da fachlich
viel Wissen drin steckt.

Geht so. Ich bin noch Lernender und versuche, mein bescheidenes Wissen hier zu erweitern


Gruß


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