Antwort

Ashitaka, Montag, 28.12.2015, 01:33 (vor 3329 Tagen) @ Robert8602 Views

Hallo Robert,

Folge ich allerdings den Ausführungen z.B. von @Ashitaka, liegt der
Staatsverschuldung i.d.R. keine (staatliche) Bilanzverlängerung zugrunde,
da Staatsanleihen keine Kredite sind. Der Staat sammelt durch
Anleihenverkauf nur bereits vorhandene Guthaben aus vorheriger privater
Kreditvergabe in der VoWi ein, egal ob die Käufer dieser Anleihen
Kreditinstitute oder institutionelle Anleger (Versicherungen,
Treuhandgesellschaften, Pensionskassen etc.) sind.

Staatsanleihen sind demnach „nichts weiter als Durchleiter von bereits
vorhandenen Geldern". (M0,M1)
und es werden also nur zusätzliche Forderungen (Wertpapiere) im
(Nicht-)bankensektor geschaffen sprich Liquidität von A nach B umverteilt.
Den Staatsdefiziten können ergo niemals „gehortete Guthaben"
gegenüberstehen sondern Guthaben wurden ja bereits (in Staatsanleihen)
investiert und existieren als Forderungen in den Wertpapierdepots.

Exakt.

Eine Bilanzverlängerung durch Staatsanleihen hingegen kann
zeitlich nachgelagert nur durch ein Wertpapierpensionsgeschäft mit der
Zentralbank im Interbankensektor (Aktiva: + Reserve, Passiva: +
Verbindlichkeit ggü. ZB) zustande kommen ( = Erhöhung der „Geldbasis").

Richtig. Womit über die Dauer des Refinanzierungsgeschäfts weitere Staatstitel abgeräumt werden können. Man muss die zugrunde liegenden Schuldverhältnisse (genauer: den Staatstitel = Gläubigerposition) als die dafür notwendige Sicherheit denken. Und man muss dabei, wie du es sehr schön darstellst, bis zu den Zeit verschaffenden Kreditgeschäften zwischen einem Kreditinstitut und einer Nichtbank (Finanzierungen) zurückblicken. Sonst dreht man sich im Kreise.

Doch diese zusätzliche Liquidität durch WPPGs nutzen Banken mWn nur, um
vorübergehend ihre Reserven zu erhöhen und somit Interbankensaldi,
welche bei Transaktionen durch Nichtbanken entstehen, ausgleichen zu
können.

Denn nur Nachschuldner, die auch Kredite bei einer Bank eingeräumt
bekommen, und somit ein Leistungsversprechen* abgeben, können
zusätzliche Guthaben erzeugen, bzw. das Einräumen eines Sichtguthabens
einer Bank durch den Kauf von Aktiva (Immobilien und Wertpapiere).

So ist es. Durch Refinanzierungsgeschäft eingeräumtes Zentralbankguthaben zieht die Märkte nicht nach oben. Das funktioniert nur durch zusätzliche Finanzierungen (Drückende Verschuldung Privater -> Kreditgeschäft zwecks Zeitverschaffung).

Gesamtwirtschaftlich ändert sich die private Kassenhaltung für
Nichtbanken innerhalb eines Währungsraumes nicht, sondern es findet nur
ein Passivtausch statt. Nullfristiges Geldvermögen (Kassenbestände) wird
dabei in längerfristiges Geldvermögen (Wertpapiere) umgewandelt. Die
Kassenhaltung verändert sich also nur strukturell die Geld„menge" (Summe
aller Guthaben) bleibt gleich. (Anm: Da Geldströme heute global sind, ist
eine Gegenüberstellung nationaler Salden mit nationalen staatlichen
Defiziten nicht sinnvoll).

Perfekt. Ich würde jedoch nicht den Begriff "Kassenhaltung" verwenden.

Begründung: Der Begriff "Kasse" erweckt aufgrund des unweigerlich erweckten Geklimper im Kopf die Vorstellung, es handle sich um eine Menge (z.B. Menge an Talern). Das Guthaben / das Geld ist jedoch niemals eine nur aktivierbare Menge, sondern ausschließlich Summe.

Warum? Eine Menge kann nicht aktiv und zugleich irgendwo anders passiv bilanziert werden. Nur Summen, die auf Schuldverhältnissen beruhen, die also IMMER eine Gläubiger- und Schuldnerposition erzwingen, können sowohl aktiv (Gläubiger) wie passiv (Schuldner) bilanziert werden. Und da jedes Guthaben und jede Geldeinheit auf Schuldverhältnissen (Basis: Kredite) beruht, handelt es sich niemals um Sachen. Es klimpert nichts, so wie natürlich auch nichts umherläuft oder eine Umlaufgeschwindigkeit besitzt. Das wurde hier ja schon richtig dargestellt.

b) „Der Staat ist ein Nachschuldnerersatz"

Wenn der Staat Guthaben (M0,M1) aus vorherigen privaten Kreditaufnahmen
stammend bzw. Interbankenreserven nur umverteilt, kann er global betrachtet
kein Nachschuldnerersatz sein, sondern wenn dann nur national (nur
bei entsprechender privater Auslandsverschuldung) ---> Nationale Geldmenge
M1 erhöht sich.
Staatliche Nachfrage könnte bestenfalls eine erhöhte Neukreditaufnahme
der Privaten (vermehrte Käufe) bzw. eine steigende Erwartung initiieren.

Impulsvergabe, sofern die Privaten nicht schon zugedröhnt sind (Überschuldet, Verschuldungsunfähig da keine ausreichenden Beleihungswerte). Staatsverschuldung alleine kurbelt nur den Konsum an (Im Extrem: Hartz4 Konto voll -> Ab nach Aldi). Es muss zu langfristigen Verschuldungsketten der Privaten (Vorfinanzierungen von Produktionsprozessen -> Kreditwachstum) kommen.

Der Staat spielt dabei natürlich auch eine stark fördernde / bürgende Rolle.

Selbst, wenn die ZB Staatsanleihen vom Sekundärmarkt kauft, erhöhen sich
zwar die Bankenreserven, aber die Geldmenge M1 ändert sich dadurch nicht.
Der Staat hat sein Geld schon bekommen.

[[top]]

Der Staat kann bestenfalls „Ersatzkonsument und Ersatzinvestor" sein. Ob
immer eine Notwendigkeit dafür bestand, ist anzuzweifeln.

So ist es.

c) „Die Staatsschulden sind die Gegenbuchungen zu den Guthaben"

Das sehe ich nicht so. Zu welchen Guthaben genau?
Die Staatsdefizite (aus einer Periode x) sind imho zuerst einmal die
Gegenbuchungen zu den privaten Forderungen (Anleihen).

Es ist ein Fehlschluss anzunehmen, der Staat habe Schulden, weil die
privaten Haushalte oder Banken Guthaben besitzen.

Wenn diese Guthaben (nach dem Anleihenverkauf) über staatliche Nachfrage
weitertransferiert werden, und sich dann wiederum irgendwo auf
Überschusskonten akkumulieren, dann hat der Staat gleichzeitig
steuerpflichtige Umsätze/ Einkommen geschaffen. Neue Geldströme fließen
also auch zum Staat hin.

Exakt. Das weltumspannende Vorsorgesystem, in dem Versicherungen, Pensionskassen, Treuhandgesellschaften etc. die Anleihen der Staaten abräumen verlängert und festigt nur den Machtkreislauf ("zum Staat hin").

Diese Steuereinnahmen führen nun wiederum zu staatlichen Ausgaben, die
sich wiederum auf Konten verteilen und zu Steuereinnahmen führen. Mitunter
werden diese Guthaben auch auf Minuskonten treffen und ex nihilo ausgebucht
oder zum Teil „gehortet" (vorübergehend auf Sichtguthabenkonten
stehengelassen) bzw. mit Termin erneut gespart (investiert).

Guthaben können nicht gehortet werden. Denn Einlagen erhöhen die Handlungsspielräume der Kreditinstitute (zutansferiertes Zentralbankguthaben, dadurch Kostenminderung, Auswirkung auf Kreditstandards, Anlage in Wertpapieren / Anleihen). Die Institute horten die Guthaben nicht, sondern passivieren lediglich ihre Verpflichtung gegenüber den Guthabenden aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Vorteile aus dem Guthaben können also auch sofort entzogen werden.

Mit anderen Worten, diese „Guthaben" könnten theoretisch auch ohne
Staatsschulden existieren, nur die Kassenstruktur wäre anders. Der Staat
hat durch die Staatsverschuldung lediglich die Kassenstruktur
gesamtwirtschaftlich verändert. Die Guthaben sind also permanent (durch
die Anleihenemmission) über die Konten der Finanzagentur GmbH
„durchgeschleust" worden und haben sich neu „pulverisiert".
Ein Teil ist durch Bankkredittilgung ex nihilo verschwunden und neue
private Guthaben sind durch Kreditneuaufnahme hinzugekommen.
Ich sehe hier ergo keine direkten „gehorteten Guthaben" als Gegenbuchung
zu den Staatsanleihen in den Bankbilanzen, da Staatskredite keine
Bilanzverlängerung erfordern.

Nur bei Kassenkrediten (stark begrenzt).

d) „Die Privaten haben nun die Guthaben, der Staat die Schulden.
Beides wächst steil exponentiell, er muss ständig Liquidität (via die
ZB) nachschießen".

Dieser Zusammenhang erscheint mir ergo unlogisch. Und was heißt
nun? Die Privaten (Banken/Haushalte) hatten vorher auch die Guthaben
und haben nun stattdessen Forderungen (Wertpapiere). Ein exponentielles
Wachstum hier herzuleiten ist ebenfalls nicht richtig, weil es impliziert,
dass der Staat sich laufend verschuldet, weil zu viele Guthaben
„gehortet" werden. Das ist natürlich Unsinn. Der Staat hat sich
empirisch nachweisbar stets auch in Boomzeiten verschuldet bzw. prozyklisch
gehandelt.

Insofern ist auch die Aussage „Wenn das Volk weniger sparen würde,
bräuchte sich der Staat weniger zu verschulden" mit Vorsicht zu genießen.
Denn auch bei negativen Sparquoten wurden ja zusätzliche Staatsschulden
gemacht (vgl. z.B. USA, Griechenland).

Die Steuern, die der Staat für seine Ausgaben braucht, zieht er ja im
Rahmen seiner Möglichkeiten ein. Wenn die Steuern nicht reichen, den
Haushalt zu finanzieren, ist das eine andere Sache. Was hat das mit den
„Sparern" zu tun? Jeder kauft doch das, was zum Leben nötig ist. Warum
sollte jemand mehr kaufen, als zum Leben nötig ist? Dann könnte man ja
auch sagen: Löhne runter - damit am Ende des Monats nichts übrig bleibt
ergo nichts gespart werden kann (@Rybezahl).

Zumal der Staat überhaupt nicht unbedingt als gezwungener
„Neuschuldner für die Sparer einspringt", sondern es oftmals auch
umgekehrt ist: Der Staat sammelt gerne überschüssige Guthaben aus einem
privaten credit boom gegen Staatsanleihen ein und tätigt erneute (auch
überflüssige) Staatsausgaben, da sich Staatsschulden leichter machen
lassen und Ausgabenerhöhungen populärer beim Wahlvolk sind, als eine
Steuererhöhung bzw. antizyklisches Handeln.

Der Staat „schießt auch nicht Liquidität nach", sondern die Banken
wandeln bei Bedarf im Rahmen von befristeten WPPG Staatsanleihen in ZBGeld
um, um Interbankenverbindlichkeiten auszugleichen. Beim Anleihenverkauf
wird nichts „nachgeschossen".

Die eigentliche Liquidität kommt nur durch die private Kreditaufnahme,
wobei der Staat wie oben beschrieben lediglich die Liquidität neu
„pulverisiert".

Ausnahme: Der Staat verkauft Anleihen am Primärmarkt direkt an die ZB.
Beim Kauf von Anleihen auf dem Sekundärmarkt erhält der Staat keine
zusätzliche Liquidität

Über den Primärmarkt an die ZB, das funktioniert nicht lange. Denn womit soll die ZB ihre Aktiva bezahlen? Mit Geldeinheiten, die rasend schnell ihren Wert verlieren? Geht nicht gut, denn nur Schulden schaffen Werte.

Herzlichst grüßend,

Ashitaka

--
Der Ursprung aller Macht ist das Wort. Das gesprochene Wort als
Quell jeglicher Ordnung. Wer das Wort neu ordnet, der versteht wie
die Welt im Innersten funktioniert.


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