Das waer schoen!
Ja, weil Du Eigentum als hoechstes Rechtsgut setzt, hoeher zB als das
Recht auf Leben, und es damit dann als Kern Deiner Philosophie mit
allen
Mitteln verteidigen musst.
Das stimmt nicht. Ich rede doch von "Selbsteigentum", also dem Recht auf
das eigene Leben.
Doch, fuer Dich ist das Recht auf Eigentum hoeher als das Recht auf Leben, und hier kommt die Herleitung:
Die Ausgangslage, ad extremis:
Wenn also ein Eigentuemer dereinst alles Eigentum erworben hat (ein neuer
Superkaiser zB), dann waere er dieser Logik zufolge berechtigt, gegen alle
anderen Menschen Notwehr in Anspruch zu nehmen, wenn auch nur ein Einziger
wagen sollte, ein Ding auf dieser Welt gegen seinen Willen in Besitz nehmen
zu wollen?
Wenn er sein Eigentum rechtmäßig erworben hat, ja. Wenn Bill Gates die ganze Welt aufkauft, ist es eben so. Hätten halt die Verkäufer nicht verkaufen sollen. Es wurde niemandem Gewalt angetan.
Damit hat Superkaiser Bill jetzt auch das Eigentum an allen Lebensmitteln, zB. Er kann andere davon essen lassen (aus karitativen Zwecken, gegen Dienstleistungen o.a). Er kann ihnen aber auch den Zugang verweigern. Womit diese dann zwangslaeufig verhungern muessen.
Es wurde niemandem Gewalt angetan
Eigentum schlaegt Leben.
Er kann ihnen auch Kredit einraeumen. Da sie keine Sicherheiten mehr haben koennen, koennten sie sich selbst als Sicherheit anbieten. Das fuehrt zur klassischen [link=Ein Bürger, der seine Schulden nicht begleichen konnte, fiel seinem Gläubiger als Sklave anheim]Schuldsklaverei [/link]
Laut der von Dir angewandten Logik kein Problem. Sie haetten halt den Kredit nicht aufnehmen sollen.
Ich bestreite nur, dass ich ein Recht auf Hilfe habe,
das mich berechtigt jemanden zu engagieren, der Dich zwingen darf mir zu
helfen.
Habe ich auch nirgendwo behauptet, dass Du das Recht hast, mich zu zwingen, Dir zu helfen.
Weder befuerworte ich sie, noch rechtfertige ich sie, noch lehne ich
sie
kategorisch ab.
Prima. Das macht Dich dann unangreifbar, weil ich überhaupt nicht weiss,
wofür Du eigentlich stehst, außer dass Du meine Position ablehnst.
Weil mein eigener Standpunkt nichts zu der Beurteilung der Sachfrage beitraegt. Mein Standpunkt ist meine Meinung, meine Praeferenz, meine Wertung, nichts weiter, und voellig irrelevant.
Auf
den Unterschied zwischen "nicht kategorisch ablehnen" und "befürworten"
wäre ich z.B. gespannt. Zähneknirschend befürworten?
Wenn es Dich so sehr interessiert, werde ich im PS meine Praeferenz mal anschneiden.
"«Der Eigentumstitel ‹Macht› geht allen anderen Titeln immer voran.
Titel können nur existieren, wenn sie besichert sind. Diese Besicherung
kann nur durch angedrohten oder durchgeführten Einsatz von Waffen
erfolgen. Die Waffe muss dabei nicht nur im Besitz, sondern auch im
Eigentum der Macht bzw. der jeweiligen Machthalter sein. Die Waffe
besichert dabei das Eigentum an sich selbst. In der Waffe fallen demnach
Besitz und Eigentum zusammen. Wer sie besitzt, ist zugleich ihr
Eigentümer, da er mit Hilfe ihres Besitzes andere von ihrem Besitz
ausschließen kann.» (Quelle: Martin, «Macht, der Staat und die
Institution des Eigentums», 2003, S. 12)"
Der Kardinalfehler, denn Du permanent machst, ist Besitz und Eigentum nicht zu differenzieren, obwohl es eindeutig differenzierbar ist. Dann baust Du eine Argumentation auf der Legitmitaet von Besitz auf, verwendest aber den Begriff des Eigentums dafuer. Dottore macht hier einen aehnlichen Fehler: Die Waffe ist selbstverstaendlich nur solange Besitz, wie man sie hat = besitzt. Eigentum hingegen ist auch dann Eigentum, wenn man es nicht hat = besitzt. Die Waffe, die mir von meinem Gegenueber entwendet wird, und nun auf mich zielt, ist leider nicht in meinem Besitz, womoeglich aber in meinem Eigentum. Ich kann es nur gerade nicht geltend machen.
Die Waffe (als Kategorie, nicht als Einzelobjekt) begruendet das Eigentum, stellt es aber nicht allein schon her. Bis aus der Waffe Eigentum wird, muessen noch viele Dinge geschehen. Es muss zB eine allgemeine Aktzeptanz meines Eigentums existieren (wenn es jedesmal angegriffen wird, wenn ich mich umdrehe, ist es kein Eigentum). Diese Aktzeptanz muss aktiv hergestellt werden (mittels Waffe, mittels Wort, mittels Recht). Allein der Besitz der Waffe reicht nicht.
Zum Ausschuss von Besitz genuegt Besitz, Besitz genuegt aber nicht zur Herstellung von Eigentum.
Ein guter erster Einstieg in die Komplexitaet der Eigentumstheorie ist wie schon erwaehnt Wikipedia.
Jemanden ausschließen dürfen, z.B. von meinem Körper, Grundstück etc.
ist keine Gewalt und ich wundere mich wirklich, dass Du so argumentierst.
Der Ausschuss ist nicht die Gewalt, sondern die Gewalt ist das Mittel zum Ausschuss. Ohne Gewalt kann es keinen Ausschuss geben. Ohne Gewalt kann es nicht einmal eine Aneignung geben. Warum sollte der erste Zaun sonst von irgendjemand respektiert werden?
„Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und dreist sagte: 'Das ist mein' und so einfältige Leute fand, die das glaubten, wurde zum wahren Gründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wieviele Verbrechen, Kriege, Morde, Leiden und Schrecken würde einer dem Menschengeschlecht erspart haben, hätte er die Pfähle herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinesgleichen zugerufen: 'Hört ja nicht auf diesen Betrüger. Ihr seid alle verloren, wenn ihr vergeßt, daß die Früchte allen gehören und die Erde keinem.
Rousseau ist offenbar ganz anderer Meinung als Du, dass Eigentumsfundamentalismus als 'unbrauchbar im Sinne
von erwiesernermaßen zur Rechtfertigung von Massenmord, Sklaverei,
Kommunismus etc. einsetzbar. '
Ich kann beide Positionen verstehen, weil ich mir keine von beiden zu eigen mache.
Ich kannte diese Sicht von Eigentum als Gewalt bisher nur von
Anarcho-Kommunisten oder Syndikalisten. Meine schiere Existenz wäre ja
sonst Gewalt, weil ich anderen die zig Kubikzentimeter Raum raube, in denen
ich existiere.
Nicht die Existenz ist Gewalt, sondern Gewalt ist ein Mittel zur Aufrechterhaltung der Existenz. Verhaeltnissmaessig wenig Gewalt in Stammesgesellschaften, exponential gesteigerte Gewalt in modernen Kapitalismen. Mal sehen, ob noch mehr geht.
Ich unterstelle Dir gar nichts, ausser dass Du die Frage des Eigentums
nicht bereit bist, aus anderen Blickwinkeln als deinem eigenen zu
betrachten.
Ich bin zu meiner Sicht genau deswegen gekommen, weil ich (als Ex-Linker)
nach Reflexion alle anderen als unbrauchbar betrachte. Unbrauchbar im Sinne
von erwiesernermaßen zur Rechtfertigung von Massenmord, Sklaverei,
Kommunismus etc. einsetzbar.
Siehst Du, und ich bin als Ex-Anarchokapitalist nach Reflexion zu der Ansicht gekommen, dass sich der AnarchoKapitalismus da in nichts von unterscheidet (wie ja oben am Beispiel von Unternehmer-Superkaiser Bill auch hergeleitet)
Die anderen 8 Milliarden Menschen waeren vermutlich trotzdem
unzufrieden
und wuerden sich wahrscheinlich daran machen, die Rechtsordnung
abzuaendern.Dafuer werden sie sich ihrerseits auch eine moralische Recht-Fertigung
zu-recht-legen.
Ok...dann erübrigt sich die Diskussion glaube ich...Deine Position
scheint die "Schau`n mer mal was der Mob sich grad so
denkt"-Rechtsphilosophie zu sein.
Meine Position erlaeutere ich weiter unten, dann brauchst Du nicht mehr spekulieren.
Intellektuell bevorzuge ich allerdings die Erkenntnis von Realitaet, und ja, in der Realitaet setzt Macht das Recht. Ob mir das gefaellt oder nicht, da schert sich die Realitaet leider einen Kericht drum.
Gut zu wissen, denk ich mir.
Und wenn dem Mob einfällt, dass der Verkauf an Bill Gates doch blöd war,
dann wird Gewalt eben so definiert, dass seine Enteignung die Abwehr seiner
"systemischen Gewalt" sein wird.
Was hätte Bill denn machen sollen? Präventiv den Verkauf ablehnen?
Siehe zb The pitchforks are coming
Ok. Warum streiten wir dann überhaupt und warum beobachtest Du nicht
einfach, was Eigentumsfundamentalisten wie ich so treiben?
Genau das tue ich. Ich habe noch nie in meinem Leben gewaehlt, an einer Demonstration teilgenommen oder mich sonstwie politisch betaetigt. Ich schaue zu, was Eigentumsfundamentalisten so treiben, ebenso wie das was Kommunisten, Stammesgesellschaftler, religioese Fundamentalisten oder Ultranationalisten so treiben.
Meine Beobachtungen notiere ich teilweise hier im Forum, vielleicht interessieren sie ja noch jemand anders. Ist aber auch irrelevant.
Dann bitte einen Hinweis auf eine Eigentumsordnung, welche nicht
mittels
Anwendung von Gewalt konstituiert wurde oder aufrecht erhalten wird.
ODER aufrecht erhalten ist ein cleverer Schachzug. Wir sind also schon
beim ODER aufrecht erhalten. Da bin ich ja wieder bei Dir. Verteidigung
eben und keine initiierende Gewalt. Q.e.d..
Ich wollte es Dir einfacher machen, mir haette es schon gereicht, wenn du eine Eigentumsordnung nennen koenntest, welche auch nur eine der beiden genannten Bedingungen nicht erfuellt - daher ODER - und nicht kumulativ beide Bedingungen (das ware dann UND).
Gruss,
mp
PS
Andere Zeiten, andere Sitten, andere Kraefteverhaeltnisse, andere
Rechtsordnungen. Morgen kann das alles auch schon wieder ganz anders
sein.
Genau. "Schau`n mer mal was der Mob sich grad so
denkt"-Rechtsphilosophie". Dann lassen wir uns eben überraschen. Meine
eigentumsfundamentalistische Position ist ja glücklicherweise so eine
extreme Minderheitsposition, dass wir noch viele spannende Abenteuer mit
anderen Sichtweisen erleben werden.
Meine Position, welche wie gesagt voellig irrelevant ist, wenn man die Funktion, Entstehung und Auffrechterhaltung von Eigentum besser verstehen moechte, oder sich mit den Auswirkungen beschaeftigen moechte. Meine Position spiegelt nur meine Praeferenz wider, und hat keinerlei normative Kraft, und mangels ausreichender Macht, leider auch nicht Recht.
Also:
Ich - und mit mir 95% der heutigen Zivilisten - sind ohne eine moderne Hochleistungswirtschaft nicht mehr ueberlebensfaehig. Weil ich Selbstmord aus intellektueller Redlichkeit oder moralischer Ueberlegenheit nicht ausueben moechte, lehne ich fuer mich persoenlich den Uebergang in eine Stammesgesellschaft ab, und befuerworte die Aufrechterhaltung einer modernen Industriegesellschaft (bis zu meinem Tode, danach ist es mir egal). Dies halte ich nur durch eine funktionierende kapitalistische, eigentumsorientierte Rechtsordnung fuer machbar. Die damit einhergehende Gewalt nehme ich in Kauf, und versuche nicht, mir selber vorzumachen, da waere gar keine.
Gleichzeitig bin ich also daran interessiert, dass diese kapitalistische Maschine funktioniert und nicht zusammenbricht. Das macht mich automatisch zum Gegner all jener, die meinen, dass ihre Prinzipien (Gott, Natur, Eigentumsschutz, Demokratie, whatever) im Zweifel hoeher anzusiedeln waeren als die Aufrechterhaltung der Funktionsfaehigkeit der kapitalistischen Maschine. Eine Eigentumsverteilung, die berechenbar zu Revolutionen gegen das kapitalistische System als Ganzes fuehren muessen, lehne ich daher zB ab.
Dennoch wuerde ich lebenden Privaten nichts wegnehmen wollen. Nicht einmal Kaiser Bill muesste ich etwas wegnehmen. Denn ich kann die Funktionsfaehigkeit des Kapitalismus ganz ohne Gewalt gegen physische Eigentuemer erreichen, mit Massnahmen wie bspw. (nicht ausfuehrlich):
- Begrenzung des Eigentumsrechts auf Lebzeiten, Abschaffung des Erbrechts
- Quantitative Begrenzung des Rechts auf Erwerb von Eigentum (bspw: nach 1 Milliarde ist Schluss, mehr wird gesellschaftlich-rechtlich nicht geschuetzt)
- Schaffung von Grundeinkommen (bzw Versorgung) ueber das staatliche Geldsystem (=Eigentum des Staates), statt ueber Besteuerung privaten Eigentums
- Direkte Berechnung der Kosten des staatlichen Eigentumsschutzes an die Eigentuemer (also Kosten fuer innere Ordnung und Verteidigung = im Regelfall 30-50% aller Staatshaushalte)
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Everything is ok