Wenn man "nicht eingreift" gibt es schon gleich gar keinen Markt.

BillHicks ⌂, Wien, Donnerstag, 26.02.2015, 12:51 (vor 3632 Tagen) @ CrisisMaven11315 Views

Hi CrisisMaven!

Was nutzt es mir "liberal" oder "sozialistisch" zu sein,
wenn ich meine "liberale" Weltsicht auf einer Theorie aufbauen muss, die
u.a. keine Erklärung für Geld und keine für Märkte hat?


Einerseits richtig. Andererseits muss ich dennoch,
wie manche
hier
, nicht die Frage
verneinen, ob
steigende Nacfrage -ceteris paribus- zu steigenden Preisen fuehrt
.

Wenn sich ein "Markt" etabliert hat und es steigt ceteris paribus die Nachfrage, dann erfolgt die nächste Transaktion dann zu einem höheren Preis, wenn der Marketmaker (so es einen gibt) die Nachfrage zu diesem Preis nicht mehr befriedigen kann/will oder allgemein die Verkaufsorder mit niedrigstem Limit nicht groß genug ist um die "gestiegene Nachfrage" aufzunehmen.
Die gestiegene Nachfrage kann zwar den nächsten erzielten Preis erhöhen und tut das tendenziell auch, aber es ist nicht zwangsläufig.

Dazu braucht man übrigens gar kein Börsenwissen, sondern es reicht einmal Samstag Mittag und einmal Donnerstag Vormittag in einen Supermarkt zu gehen. Die Nachfrage ist gänzlich unterschiedlich, die Preise hält der Marketmaker dennoch konstant (aus vermutlich sehr guten Gründen, wäre zu erörtern).

NACH ceteris paribus und der Erkenntnis, die Preise sind aber
unerwartet gesunken, habe ich nur nach Kenntnis des
zugrundeliegenden
Naturgesetzes
ueberhaupt Chancen, die
"Moderatorvariable"
zu finden, die da lauten koennte: Deflation oder sinkende Herstellkosten
etc. etc.

Ich würde nicht von "Naturgesetzen" sprechen, aber ich vermute ich weiß wie Du das meinst.

[Nun genaugenommen gibt es schon eine Theorie für Märkte, aber die

definiert alles Wesentliche eines in der Wirklichkeit beobachtbaren Marktes
gerade weg,

Das sehe ich nicht so. Es ist beobachtbar, was Euklid bewiesen hat:
(ebene) Dreiecke haben 180 Grad (Winkelsumme). Misst man nach, wird
man immer auf geringfuegige Abweichungen kommen, die Messungenauigkeiten
ebenso zuzurechnen sind wie dem Verstoss gegen die Forderung "eben" bzw.
wegen Verstosses gegen das "Geradheitsprinzip" der Kanten zustandekommen.
Aber nie nicht sind alle beobachtbaren (ebenen!!!) Dreiecke IMMER > 180
Grad.

Sehr schönes Bild.

Genauso findet man keinen Beleg dafuer, dass ein Markt nicht dazu fuehrt
(wenn man in ihn nicht eingreift!!),

Ich vermute, dass wir genau hier am eigentlichen Knackpunkt angelangt sind:
Hier geht es um die Definition von "Eingriff". Für Dich scheint ein "Eingriff" zu sein, wenn ein nicht-privater Marktakteur sich als Käufer oder Verkäufer betätigt oder sonst einwirkt und damit den Preis, den Private untereinander erzielen würden, beeinflusst.

Mein Begriff des "Eingriff" ist weiter gefasst. Für mich ist jedweder öffentlicher Einfluss auf das was "Markt" genannt wird ein Eingriff.

Legt man diesen "Eingriffs"-Begriff zu grunde, dann gibt es keine Märkte, in die nicht eingegriffen wird.
Ein Eigentumsrecht und dessen mögliche Durchsetzung, eine Gerichtsbarkeit, etc. das sind alles Einwirkungen der Öffentlichkeit und damit Eingriffe.
Einen Markt ohne Eingriff gibt es nicht.
Wenn kein Eingriff statt gefunden hat und nicht weiter laufend statt findet gibt es keinen Markt.

Das ist freilich anders, wenn man sich Märkte als Tauschmärkte vorstellt, die per se immer da sind und immer als Tauschakteur betreten werden können. Das ist und bleibt aber eine Vorstellung, die mit der Wirtschaftswirklichkeit rein gar nichts zu tun hat.

dass bei freier Preisbildung und
ausreichender Nachfrage sich ein
"clearing
price
" bildet, der den Markt "leerraeumt". Aber: der schlaue
Haendler wird sofort nachbestellen, und daher kann man das vollstaendige
Clearing in einem gut gefuehrten Geschaeft nie beobachten. Aber GERADE WEIL
der Geschaeftsinhaber um den Zusammenhang weiss! Wie um die 180 Grad
Winkelsumme!

Das mit der Winkelsumme ist wirklich eine schöne Metapher.

z.B. Marktliquidität, innere und äußere Spreads usw.


Ja, s.o. Aber die entstehen, weil einer das Dreieck verbiegt/staucht etc.

Mein Punkt ist: es gibt schon mal gleich gar kein Dreieck, wenn es nicht schon a priori einen Eingriff gibt.

Und im Prinzip gibt es auch eine "Theorie" für Geld, nämlich dass Geld

ein Gut sei - und das ist und bleibt halt eine Schrott-Theorie, hilft ja
nix]

Ja, aber auch die hat Erkenntnisgewinn gebracht. Das
Greshamsche
Gesetz
ist halt, Debitismus hin oder her, ein Naturgesetz, bzw. eine
Sonderform des
Angebots/Nachfrage-Gesetzes.

Muss ohne eine Geldtheorie, die den Namen verdient, allerdings völlig unverstanden bleiben.
Das "Gresham'sche Gesetz" ist Ergebnis von Arbitrage-Überlegungen, die nur mit einer in der Wirklichkeit verorteten Geldtheorie in ihrer Einfachheit wahrgenommen werden können.
Warum sollte ausgerechnet dasjenige Eigentumsrecht, das durch die Öffentlichkeit zwangsunterbepreist wird und das noch dazu als Besitz in Form z.B. einer Münze laufend die Hände wechselt dauerhaft in Umlauf bleiben, wenn (anderes) Eigentum auch mit dem zwangsbepreisten "Geld" bezahlt werden kann? Das hat aber Auswirkungen auf die Entscheidungen der Eigentum anbietenden Privaten (Verkäufer) usw. wäre ebenfalls zu erörtern.

Ich versuch mich mal: "Liberal" sind all jene, die glauben, dass es
Privatheit ohne Öffentlichkeit geben kann, die konsequent
einzelwirtschaftlich denken und dabei überzeugt sind, dass konsequent
einzelwirtschaftlich motiviertes Handeln durch etwas, das unreflektiert
"Markt" genannt wird, automatisch zu einem "Wohlfahrtsgewinn" führe.


Davon gibt es sicher viele. Und genau dem duerfte Hayeks Diktatoren-Fimmel
geschuldet sein.

Ansonsten geht man naemlich als freiheitlich gesinnter Mensch
seiner Wege und laesst Gesellschaft Gesellschaft sein
. Weil man durch
geringfuegiges Nachdenken begreift: JEDES "gesellschaftliche"
Engagement traegt einen Keim des Zwanges in sich
!

Der "Keim des Zwanges" ist das Eigentumsrecht. Es ist das Recht andere (gewaltsam, gleichwohl "rechtmäßig") auszuschließen. Eigentum ist per se rechtmäßige Gewaltanwendung, wenngleich die Gewaltanwendung gerade dann so gut wie nie offen erfolgt, wenn die für das Eigentum notwendigen fiskalischen und zivilrechtlichen Infrastrukturvoraussetzungen voll ausgebildet und etabliert sind.

Damit muss man sich abfinden. Insbesondere dann, wenn man - wie ich derzeit - die Sicht hat, dass die Komplexitätsreduktion, die das Eigentumsrecht (als Vater des Geldes) für dezentrale (vertragliche) Kommunikation mitbringt, für ein produktives Zusammenleben von 7 Mrd. Menschen unerlässlich ist.

Wer weiß was sich sonst noch so an Kommunikationsmöglichkeiten entwickeln werden, aber Stand heute ziehe ich jedenfalls die dezentrale, vertragliche Kommunikation, die das Eigentum ermöglicht jedweder zentralen Planung und Ähnlichem nicht nur vor, sondern werde genau deshalb nicht müde auf die Wirkungen und Auswirkungen des Eigentums auf die Gesellschaft hinzuweisen, weil ich diese eben als Gesellschaft nicht schon aus bloßer Dummheit verlieren möchte.

Unreflektierter "Liberalismus" führt ganz automatisch in die Oligarchie. Beim Liberalismus (z.B. Nachtwächterstaat) ist es eine mathematische Zwangsläufigkeit, dass sich das Eigentum in wenigen Händen konzentriert. Übrigens braucht es für diese Konzentration lediglich Zeit und das Eigentum selbst, keines seiner Kinder (Geld, Zins) sind dazu nötig.

Eine jede Einwirkung der Öffentlichkeit auf diesen Automatismus muss

diesen Wohlfahrtsgewinn immer schmälern, deshalb ist jede Einwirkung
abzulehnen. Je mehr Ablehnung, desto liberaler.

Schon ablehnen ist -wenn es gegen Widerstaende gelingen soll-
Kampf. Wer das Schwert erhebt ... Aber ich stimme zu, die meisten
Liberalen sind bereit, "im Extremfall" auch mal einen Sozialisten zu
"killen". Oder eben nach dem Diktator zu rufen.

Selbstverständlich.
Gleichzeitig sind die "Liberalen" völlig blind für die automatische, ständig laufende, idealerweise möglichst stille Gewalttätigkeit des Eigentums.

Und sich dann wundern, wenn andere ihnen das dann jahrzehntelang vorwerfen
und ... der Liberalismus so diskreditiert wird.

Ja.

UND
B) WER ist (beispielhafte Aufzaehlung; kurze Begruendung

fuer jeden genannten waere aber schoen!) dann Liberaler?

Es gibt eine ganze Reihe Leute, die unter das Label "Liberal" fallen,

wenn man diesem Label unterstellt in etwa dem zu entsprechen was ich gerade
es Liberal bezweichnet habe. Dann übrigens fällt LvM sehr wohl darunter.

Ja. Er hat auch
mit
den Monarchen geliebaeugelt
. Ich eher nicht ...

Wundert mich nicht.

Allerdings ist dort nichts zu gewinnen. Weder als "Sozialist" noch als

"Liberaler" ist mit Schrott-Wirtschaftswissenschaft (Geld ein Gut; Märkte
= immer vorhandene Tauschorte) etwas zu gewinnen. Deshalb sind diese Labels
sinnlos. Das war mein Punkt, den ich versucht hatte zu machen mit "auch LvM
ist kein Liberaler". Ist mir misslungen. Macht nichts.

Doch, es ging mir nur drum, keine Zwischenschritte auszulassen.
Bloss wer andere Sozialisten nennt, muss selbst noch nicht -bis in die
letzte Konsequenz- liberal sein.

Was wäre denn "bis in die letzte Konsequenz" liberal?

Kein Eingriff mehr in "Märkte"?
D.h. kein Eigentum mehr?

Wer fuer die Freiheit zu kaempfen bereit ist, wird,
rein aus
kybernetischen Ueberlegungen
, und nur mal so voruebergehend ... und
ueberhaupt ... Konzentrationslager einrichten. Dann geht's bekanntlich
schneller.

"Gut gemeint" ist eben nicht "gut gemacht".

Beste Grüße

--
BillHicks

..realized that all matter is merely energy condensed to a slow vibration – that we are all one consciousness experiencing itself subjectively. There's no such thing as death, life is only a dream, and we're the imagination of ourselves.


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