Privilegien ohne Abgaben?
Hallo,
Der Unterschied von H/S zu PCM liegt meiner Meinung nach vielmehr in
der
ursprünglichen (mit Gewalt durchgesetzten) Sicherung dieser
Eigentumsgrenzen durch eine ursprünglich "freie" Gemeinschaft
("staats-/herrschaftsfreie Gemeinden, die gemeinschaftliche
Angelegenheiten in Bürgerversammlungen regelten", folgenden Link
lesen)
oder einer Zentralgewalt?
Exakt. Martin wurde glücklicherweise darauf aufmerksam, dass Romulus
nicht nur den Startschuss für Eigentum durch Gewalt gesetzt hatte, sondern
das er das Schwert weiterhin fest in seiner Hand hielt und herrschte.
Warum? Da Eigentum immer nur Sachherrschaft im Rahmen einer Rechtsordnung
ist, musste Romulus eben nicht nur Remus erschlagen, sondern gegen alle
Machtwilligen seine Herrschaft verteidigen, eben dadurch, dass er sich das
Recht weiterhin nahm (Zentralinstanz), indem er sich dazu gegen Extern und
Machtgier anderer berechtigte. Die dadurch geschaffene Zentralmachtordnung
ist die eigentliche Zeit überdauernde Basis des Eigentums, nicht der
Startschuss (Gewalt). Denn, Romulus hätte das Schwert genausogut wegwerfen
können, der Schlag gegen Remus bliebe derselbe, ohne anschließendes
Eigentum.
Es geht Heinsohn bei der roma quadrata nicht um Romulus als Zentralinstanz, sondern als Allegorie um die Gemeinschaft der "freien" Bürger als Ganzes, die kaum zentral begriffen werden kann, weil sie gemeinsam Entscheidungen fällen (Ursprung der Demokratie). Das ist schon ein himmelweiter Unterschied zur gerade beseitigten, willkürlich herrschenden Feudalstruktur. Der (Stadt-)Staat wird hier erstmals als Garant bürgerlicher Rechte gesetzt und damit ein ständiger innerer Wettstreit zwischen Staats- und Privatmacht entfacht, der später in einer Tyrannis mündet (die Zentralmacht ist zurück), die aber auch wieder überwunden wird usw. usf.
Es bringt doch nichts, einfach allgemein eine Zentralgewalt als Ursache wirtschaftlichen Antriebs zu begreifen, ohne das zwischen feudaler Willkürherrschaft und demokratischer Konsensherrschaft völlig unterschiedliche Ergebnis hinsichtlich Wachstum, Innovation und Verteilung zu betrachten.
H/S fragten sich: Was zeichnet eine Eigentumsgesellschaft auf? Was entfaltet wirtschaftliches Potential? Ist es der anweisende König oder sind es nicht vielmehr die "freien" Bürger nach dem Lollardenaufstand, wo plötzlich freie Verträge zwischen vormaligen Vasallen und Herren eingegangen worden sind und das wirtschaftsrechtliche Potentat des Eigentums wieder zutage treten konnte, das vorher Jahrhunderte brach lag?
Die Eigentumsprämie bei H/S ist vollkommen immateriell! Da muss
niemand was bezahlen - erst bei Kompensation dieser immateriellen
Sicherheit (die sich durch potentiellen Verlust der
Kalorienzufuhr,
Sicherung der Unterkunft, etc. materiell manifestiert) durch
risikobehaftetes Belasten/Verleihen/Verpfänden.
Die Eigentumsprämie selbst wirft nichts ab. Egal ob nun die Vorstellung
eines Vorteils, Anteils oder Gewinns, es fehlt die Realisation. H/S
erklären eben nicht, durch welche Einheiten die Bezahlung der Prämie denn
nun basal begründet wird. Nicht bezahlte Prämien ergeben alleinstehend,
ohne Realisation, keinen Sinn.
Die Prämie ist eine Einschätzung des Sicherheitsertrags für den Eigentümer, d.h. die damit verbundenen Eigentumsrechte geltend machen zu können. Es ist erstmal kein Akt, sondern eine reine Vorstellung - und das auf abstrakter rechtlicher Ebene. Mit dem Rechtsakt, also dem Einsatz dieser Rechte, sinkt die Einschätzung des verbleibenden Sicherheitsertrags (das eingesetzte Eigentum ist belastet).
-EINSCHUB-
An dieser Stelle kam nun zurecht der Hinweis, dass der Gläubiger ja vom Schuldner einen ebenfalls potentiell belastbaren Eigentumstitel erhält, womit seine Einschätzung ja wieder steigt. Darauf habe ich allerdings erwidert, dass die Einschätzung des Sicherheitsertrags dieses Schuldnertitels ja geringer sein muss, als der des gerade dafür eingesetzten Gläubigereigentums. Anderenfalls bräuchte der Schuldner nicht zum Gläubiger gehen.
-EINSCHUB ENDE-
Für die Kompensation der Eigentumsprämie selbst braucht es anfänglich auch noch keine abstrakten Einheiten, da das ursprünglich eingesetzte Eigentum ja auf den Boden rekurrierte und man sich des tatsächlich zu erwartenden Bodenertrags gewahr war (samt dem mit der Schweinezyklus-Story verbundenen hohen Zinsertrag), der erst mit Einsatz von Eigentumsrechten Realität wurde.
Wie aber kommt es zu abstrakten Einheiten? Da gibt es zwischen H/S und PCM auch eine Diskrepanz: PCM sieht sie in der willkürlichen Münzfußsetzung der jeweiligen Herrscher (so und soviel Schekel sind so und so viel Getreide / enthält so und so viel Silber / usw.), H/S in der dem Kreditvertrag gegenüberliegenden zinslosen Forderung (anfänglich auch nicht abstrakt, sondern bspw. Felle), die sich unter den jeweils freien Eigentümern unterscheidet, womit man im Laufe der Zeit durch sehr vermögende Eigentümer bei einem allgemein üblichen Standard landet - deren ausgereichte Forderungen als vergleichbaren Standard akzeptiert und sich mithin die Schuldner an eben jene vermögenden Eigentümer wenden, die deren Schuldnertitel dann auch für alle vergleichbar machen, indem sie anhand ihrer Bonitätsprüfung nur so und so viele eigene Forderungen herausreichen.
Wie es nun immer so ist in der Welt, gibt es kein schwarz/weiß und es wird sich wohl auch hier um eine parallele Entwicklung gehandelt haben, bei der nunmehr die heutzutage von der ZB (teils willkürliche Emission: Geld II, nicht-genuines "Geld", quantitative Easing) festgesetzte abstrakte Einheit (zur Abgabenfestlegung) mit der durch mit steuerlichen Zugriff auf private Verträge eingegangenen abstrakten Einheit verflochten hat. Es könnte heutzutage kaum gewahrer sein. Auch du sprichst ja immer wieder davon, dass "Geld" ohne das ständige Eingehen vertraglicher Verpflichtung auf den unteren Ebenen nicht denkbar ist.
Weshalb Privateigentum belastet wird und sich der Gläubiger eine
Blockierung entschädigen lassen muss (Prämie/Zins verlangt), über
die
Antriebskraft, darüber ist in H/S's Theorie nichts zu finden.
H/S nicht verstanden. Bitte lies
Patriarchat, Geldwirtschaft. Eine sozialtheoretische Rekonstruktion zur
Antike[/link] und
Zins und Geld: Ungelöste Rätsel der Wirtschaftswissenschaft[/link].
Über die Antriebskraft "Abgabenforderung durch Zentralmacht" wird nach
mehrmaligem lesen nichts klares geschrieben. Kannst du mir da genauere
Fundstellen zeigen? Wo erklären H/S etwas über die Basis der Entstehung
der für die Bezahlung notwendigen standartisierten Einheiten?
Du fragtest nach der Antriebskraft bei H/S (Vermeiden des Verlusts von Eigentumsprämie = Erhalt von verfügbaren Eigentumsrechten) und suchst nun nach der, die du vorgibst zu finden?! Hä!?
Es wird uns
stattdessen eine bereits irgendwie vorhandene nebulöse Notlage des
Privateigentümers untergeschoben, die ihn halt einfach (grandiose
Simplifikation) zur Belastung zwingt.
Es ist wahrscheinlich besser anhand des Lollardenaufstands und dessen
Nachwirkungen nachzuvollziehen (= neuzeitliche Eigentumssetzung).
Was nachzuvollziehen tar? Das sind doch Zersetzungen des Eigentums (Von
wenigen Eigentümern zu vielen) und ist nicht mit der Setzung des
Eigentums im institutionellen Sinne zu vergleichen. Teilen und neu
vermessen geschieht noch heute im Sinne der Zentralmacht (Bewahrung des
Zins-Monopols). Da bin ich ganz bei Dottore:Dottore: "Auch dieses ist Standard der Geschichte: Der Autokrat
wird immer von einer Oligarchie abgelöst bzw. das Patriziat (Macht auf
kleine Gruppen verteilt) von Plebejern, Grundherren von Leibeigenen
(Lollarden, usw.), Ausbeuter von Ausgebeuteten, usw., usw. in vielfachen
Varianten."
Der Löwe frisst das Zebra. End of Story?! Es ist ein ständiger Machtkampf (Lebenskampf, Kampf um Kalorien) und das hat doch auch Heinsohn deutlich in seiner Antwort erkannt. Was aber ist da nun die Erkenntnis hinsichtlich der Eigentumssetzung? Wo ist das Eigentumspotentat in der mykenischen Palastwirtschaft!? Wo bei den Lollarden vor deren Aufstand? Was geschieht mit der Wirtschaft, den Erträgen, der Innovation, der allgemeinen Entwicklung?
Dass aber jemand, der in Not geraten ist zu 99% keines Kredites
(Vertrauen) würdig ist, solche Ausflüge in die Realität wollten
H/S
ebensowenig zur Kenntnis nehmen, wie sie erklären konnten, weshalb
auch
die Personen, die nicht in Notlagen geraten, tagtäglich ihr Eigentum
belasten.
Wirtschaftsantrieb #1: Schutz vor Eigentumsverlust = Erhalt der
immateriellen Eigentumsprämie.
Und ein weiter Bogen um die zur Basis der Wirtschaft und des Eigentums,
des ganzen Rumgezuckes führenden Frage: Wer bezahlt diese Prämie
überhaupt und wie kommen wir an diese für die Zählung notwendigen
Einheiten? Was ist die Antriebskraft für die Entstehung dieser Einheiten,
die wir auch als Geldeinheiten bezeichnen. H/S bieten Prämien an, ohne die
Voraussetzungen für die Bezahlung der Prämie zu erklären. Wen
interessieren Prämien, wenn der Vorteil, Anteil oder Gewinn, sowie auch
der Verlust der Prämie nicht bezahlt werden kann. Niemanden.
Ich verstehe diese Frage nicht. Es ist keinerlei Prämie zu zahlen, da sie zunächst immateriell ist. Rechtlich wirksam wird sie erst mit Vertragsschluss und da wird (später bleibt) sie abstrakt (worin soll bezahlt werden? in ausstehenden Forderungen!). Anfänglich war es ganz konkret, worin bezahlt wurde: bspw. mit Fellen (Depositbanken).
Uns Debitisten geht es im Gegensatz zum Eigentumsökonomiker um
die Systemfrage: Was zwingt die Menschen ursächlich und systematisch
(d.h.
von Anfang an und zeitlich regelmäßig wiederkehrend) dazu?
Das ist bei H/S und PCM identisch: die Kalorienzufuhr.
Nein, das ist, wie Dottore selbst erklärt hat, nicht identisch.Dottore: "Es bleibt aber eine Schalmeientheorie (Friede, Freude,
Eierkuchen, Freie, Freiwilligkeit, usw.), die den Schuldendruck zwar
hereinbittet (aber, bittschön, nur den justiziablen privaten) und völlig
klar durchexerzeiert, aber eben den Schuldendruck ex nihilo (coercive
power; dabei Obereigentum der HERRschaft als coercive asset) nicht
behandelt, sondern nur die Ergebnisse der obrigkeitlichen Besicherungs- und
Erzwingungsmöglichkeiten, von denen der Privatektor bei dessen
staatsinduziertem Wirtschaften "profitiert"."
Nun wurde 800 v. Chr. in Griechenland die coercive power überwunden und du hast plötzlich 1000 "freie" Bürger, wo keine Zentralinstanz existiert, die Steuern erhebt. Was nun?!
Die Antwort: Formlose Macht und formelle Herrschaft, in der erst die
Machtzession an die Untertanen den Glauben in die Legitimität des
Machthalters erweckte.
Bei H/S: die Machtzession an und innerhalb der "freien" Bürger
(privilegierte Eigentümer), allerdings keine Zentralgewalt.
Privilegiert wodurch?Dottore: "Machterhalt! Der Vorgang ist unter dem Stichwort Privileg
bekannt. Dabei wird Einzelnen oder einer Gruppe eine Ausnahme vom geltenden
Zustand zugeschanzt. Der Privilegierte (privus = einzeln, lex = Recht) hat
hinfort einen Vorteil (herausgehobene Stellung, usw.) gegenüber dem Rest.
Diesen Vorteil erkauft er sich entweder direkt oder per Zusicherung
späterer Leistungen zugunsten dessen, der ihn privilegiert hat."
Wer ist das 800 v. Chr.? Privilegierten sich diese Bürger nicht selbst?
Gruß!â„¢
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Gruß!™
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