Gunnar Heinsohn am 07.08.2015: "Nicht überzeugen mich übermächtige Feudalherren als Schöpfer von Eigentum."
Hallo Zusammen,
ich störe ja nur ungern die derzeitigen Asylantenthreads. Aber da scheint sich ein Debitist in das Blog von Prof. Dr. oec. habil. Fredmund Malik verirrt zu haben. Dort wurde ein Artikel von Gunnar Heinsohn verlinkt, der einmal mehr einen Bogen um die Notwendigkeit von Machtstrukturen für die Entstehung des Eigentums macht (Machttheorie von Paul C. Martin) und die Tatsache verdrängt, dass eben nicht ein bereits irgendwie vorhandenes Eigentum die Grundlage für das Wirtschaften bildet, sondern es immer und ausschließlich die Abgabenschuld gegenüber einer Zentralmacht ist, durch die erst alle Abgabepflichtigen zur Überschussproduktion gezwungen werden. Gunnar Heinsohn erklärt einmal mehr seine Privatgeldtheorie, ohne die tieferen Fundamente zu erklären, die seine Eigentumsökonomik auf lila Wolken tragen.
Hier geht es lang.
Der Kommentar von Andreas Vondran ist aber das für Debitisten eigentlich spannende. Der Artikel von Heinsohn schwebt Meilen weit über einer ernsthaften Eingehung auf debitistische Ursachenforschung. Es ist bezeichnend, dass Heinsohn die Zerschlagung des Feudalismus als ein Argument gegen die Voraussetzung und Notwendigkeit von Machtstrukturen für die Entstehung und Wahrung des Instituts Eigentum nutzt. Hoffen wir, dass Herr Vondran Lust hat, die dortige Diskussion mit Heinsohn weiter fortzusetzen .
Zur Wiederholung, weil die Aufarbeitungen dieses Forums immer wieder in Vergessenheit geraten:
Wie wir alle hier im Detail anhand der Aufarbeitungen lernen durften, beruhen H/S's Theorien lediglich auf einer "schon irgendwie möglichen" Pfändbarkeit und erklären diese zur Eigenschaft des Eigentums. Martin hingegen bezeichnet H/S's Theorien als "Schalmeien-Theorie" und sein Blick geht unaufhaltsam weiter, indem er durch seine Machttheorie (Macht, der Staat und die Institution des Eigentums, 2003) unterstreicht, dass die Institutsgarantie des Privateigentums lediglich unter einer Zwingherrschaft möglich ist, die immer und ausschließlich auf gewaltsamen Unterdrückungen aufbaut (Origin of war). Heinsohn blendet dies durchgehend aus, da er für seine Eigentumsökonomik keine weiteren Voraussetzungen (Zentralmacht, Unterwerfung, Abgabenschuld und daraus erwachsener Zwang zur Überschussproduktion) braucht. Im Gegenteil, sie würden das Eigentum als Ursächlichkeit des Geldsystems (nicht als eine Notwendigkeit für das Kreditwesen), als Fundament der Wirtschaftsräume, ad absurdum führen.
Martin dazu im alten EWF:
"Er (der Kapiatlismus, A.) ist die Konsequenz eines per Waffengewalt etablierten Abgabensystems mit nachfolgenden Machterhaltungs-Zessionen (sog."Privilegien" oder"Freiheiten") und ist ohne Waffengewalt (= Besicherung des"Kapitals" sowie der Erfüllung von"Kontrakten", letztere im Sinne des bekannten"Kettenbriefs") nicht definierbar."
Was Dottore mit seinem Macht-Paper messerscharf erklärt, sind die Geburtsstunden derjenigen Adern des Debitismus, aus denen Abgaben- und spätere Kontraktschulden erst entstehen können. Wir erkennen dank der zahlreichen Aufarbeitungen in diesem Forum, dass zwischen Heinsohn/Steigers "Eigentumsökonomik" und dem Debitismus nach Paul C. Martin ein himmelweiter Unterschied besteht und man diese beiden Theorien deshalb nicht miteinander gleichsetzen können wird. Die Voraussetzungen für Eigentum und Kapitalismus bilden eben keine privaten Freien, wie sie bei H/S "mal eben so da" rumturnen, sondern immer und ausschließlich auf Zentralmachten/Zwingherren und deren Gewaltanwendungen und -androhungen.
Dottore ging die Sache von Grund auf an. So sieht er auch den Ursprung des Zinsen ganz klar nicht in dem Verlust einer Eigentumsprämie des Gläubigers, sondern erklärte fein säuberlich, dass das Eigentum selbst überhaupt keine Prämie (Zins) bietet, dass es aber sehr wohl die Prämie erzwingen kann (siehe Mietzins). Um dies zu verdeutlichen musste Dottore nur eine Frage in den Raum stellen, damit der Zirkelschluss in dem Theoriengebäude H/S's bewusst wurde:
"Wer sollte sie (die Prämie) bezahlen?"
Weshalb Privateigentum belastet wird und sich der Gläubiger eine Blockierung entschädigen lassen muss (Prämie/Zins verlangt), über die Antriebskraft, darüber ist in H/S's Theorie nichts zu finden. Es wird uns stattdessen eine bereits irgendwie vorhandene nebulöse Notlage des Privateigentümers untergeschoben, die ihn halt einfach (grandiose Simplifikation) zur Belastung zwingt.
Dass aber jemand, der in Not geraten ist zu 99% keines Kredites (Vertrauen) würdig ist, solche Ausflüge in die Realität wollten H/S ebensowenig zur Kenntnis nehmen, wie sie erklären konnten, weshalb auch die Personen, die nicht in Notlagen geraten, tagtäglich ihr Eigentum belasten. Uns Debitisten geht es im Gegensatz zum Eigentumsökonomiker um die Systemfrage: Was zwingt die Menschen ursächlich und systematisch (d.h. von Anfang an und zeitlich regelmäßig wiederkehrend) dazu?
Die Antwort: Formlose Macht und formelle Herrschaft, in der erst die Machtzession an die Untertanen den Glauben in die Legitimität des Machthalters erweckte.
Martin bietet mit seiner Machttheorie (als Voraussetzung für die wichtigste Ader des Debitismus (Abgaben-/Kontraktschuld) einen donnernden Ansatz, der den Klassikern und Eigentumstheoretikern aus einem bestimmten Grund nicht schmecken kann: Es ist die Bewusstwerdung, dass wir vergewaltigt wurden, vergewaltig werden und das ganze System schließlich nach einem Wartemodus wieder in Gewalt enden wird! Die Antriebskraft aller Kontraktschulden ist nach Martin die Abgabe (Zinnß) an die Zwingherrschaft, eine nichtkontrakliche Schuld (ex nihilo!). Der Zinnß-Treiber ist in erster und letzter Konsequenz der zunächst angedrohte und im Falle der Sanktion ausgeführte Waffeneinsatz.
Herzlichst,
Ashitaka
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