Positivismusstreit etc (mT)

melethron, phase space, Donnerstag, 05.03.2015, 14:50 (vor 3952 Tagen) @ CrisisMaven20770 Views

Hey CM,


Aber was mich stutzig macht:

Vollendete Poppersche Arroganz: Zu meinen man können über was reden,

von dem man mit der empirischen Faktenlage nicht mal im Ansatz vertraut
ist.

Ich nehme an, dass Du hier ein Analogon aufstellst dergestalt, dass auch
Popper "irgendwo" mit "irgendeiner" Faktenlage nicht vertraut gewesen sei,
aber dennoch "so dahergeredet" hat.

Das koennte ja sein, aber das koennte man doch ... belegen?

Mich taete das interessieren.


Das bezog sich auf Poppers Verhalten im Tübinger Positivismusstreit, den er ausgelöst, aber sich dann nicht beteiligt hatte. Hier der Beleg in dem er selbst "Entschuldigung" warum er nicht mit denen Reden muss: ZEIT Artikel

Daraus:

"Wie Sie ja wissen, bin ich ein Gegner von Marx; aber unter seinen vielen Bemerkungen, die ich bewundere, ist die folgende: „In ihrer mystifizierten Form ward die Dialektik deutsche Mode.“ Sie ist’s noch immer.

Das ist meine Entschuldigung dafür, daß ich mich auf diese Diskussion nicht einlasse, sondern lieber daran arbeite, meine Ideen möglichst einfach zu formulieren."

Seine gesamte Argumentation - wie er es tut - in einfache Worte übersetzt: "Etwas muss einfach zu sagen sein oder es ist irrelevant".

Wendet man dieses Argument auf die Physik an, dann verstoßen alle Physiker gegen Poppers Prinzipien, weil sie komplizierte mathematische Terminologie statt einfache Alltagssprache verwenden.

Warum ist das denn keine Sünde gegen den heiligen Geist? Und warum ist es "kritisch rational" wenn man wie ein Priester von der Sünde der falschen Propheten spricht. Gibt es eigentlich eine Möglichkeit NOCH ideologischer als so zu argumentieren?!


Übrigens ist auch der Tautologievorwurf naiv: Mathematik sind auch nur Tautologien. Tautologien zu ihren Axiomen.

Du hast hier
kraeftig ausgekeilt
:

"Ich bin jetzt Anfang 30 und halte Karl Popper für einen der größten
Scharlatane in der Philosophie. Ihn als inkompetent zu bezeichnen würde
das Wort inkompetent beleidigen."

Immerhin hast
Du 2009 ihm noch zugute gehalten
:

"Wissenschaftstheoretisch taugt er was ..."

sagst dann aber:

"... zumindest, das was ich aus Sekundärliteratur und in einem Seminar
zur Wissenschaftstheorie erfahren habe ..."

was mir in etwa so erscheinen will
"hab's zwar
nicht gelesen, find's aber gut
".


Seitdem hab ich aber an Primärtexten wie "Logik der Forschung" gearbeitet. Weiterhin gab es bei mir eine Auseinandersetzung mit der Selbstkritik in der analytischen Philosophie. Seit 2009 hab ich einiges dazugelernt. Das Wissenschaftstheoretische Seminar war im 1. Semester Philosophie. Meine ersten Zweifel an Popper kamen mir bei einer Auseinandersetzung mit Platons Politeia. Danach dann mit Marx. Hegel selbst und analytische Philosophie waren 2009 noch nicht Thema.

Mittlerweile bin ich der Meinung, dass Popper allenfalls noch als "notwendiges Übel" aus philosophiegeschichtlicher Sicht was taugt, da er Kuhn und Feyerabend beeinflusst hat.

Der
Schuerhaken-Attake
von Wittgenstein auf Popper
dagegen habe ich nicht beigewohnt ...
[[zwinker]] ...

Schönes Wortspiel dazu:

[image]


Was ich damit sagen will: aus einem moralisch zweifelhaften Verhalten
wuerde ich nicht konstruieren, dass die Wissenschaftstheorie nicht stimmen
koenne.

Doch eben ja. Es geht hier ja nicht um eine von der Sache unabhänigen Moralische Handlung, sonder um sein wissenschaftliches Verhalten in der Wissenschaft. JEDE Theorie hat sich an der Praxis zu messen. Seine Ignoranz gegenüber dem philosophischen Diskurs ist exemplarisch für wissenschaftliches Fehlverhalten und mangelnde Integrität.

Mit Hegel muss man sich dann noch lange nicht anlegen. Aber Hegel wiederum
hat vieles, was man heute von ihm liest, nicht selbst geschrieben, sondern
viele entscheidende Schriften sind
Vorlesungsmitschriften
seiner spaeteren "Hegelianer". Erinnert mich etwas an den schreibfaulen
Sokrates, dem Platon aushelfen musste ...

Was redest du?! Seine entscheidende Schriften hat er alle selber verfasst. Du redest von den "Vorlesungen". Diese sind aber nur ein Ergänzung zu seinem Werk. Allenfalls in der Enzyklopädie gibt es Zusätze aus Vorlesungsmitschriften die gesondert gekennzeichnet sind. Das ist aber nichts weiter als eine Art kommentierte Ausgabe.

Grüße
melethron

--
„It’s the Second Law of Thermodynamics: Sooner or later everything turns to shit.“ - Woody Allen


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung

Wandere aus, solange es noch geht.