Geld macht seinen Besitzer (Gläubiger) frei, indem es den Schuldner unfrei macht
Hi Fabio,
Ich bin mir noch nicht so ganz im klaren, was das Nachdenken über Geld
wirklich bewirkt. Macht es "asozial" oder "rational"? Oder Beides?
Es ging nicht um Nachdenken über Geld, sondern den Kanon der heutigen akademischen VWL (95% Neoklassik + Grenznutzenschule, die auch Basis der Austrians ist).
Bei Kahnemann wird u.a. die Arbeit von dieser Dame zitiert:
The Psychological Consequences of Money
https://www.law.umn.edu/uploads/17/11/1711127bc178d0783226b3f6eb818d7a/Vohs-et-al.-Scie..."Money has been said to change people’s motivation (mainly for the
better) and their behavior toward others (mainly for the worse). The
results of nine experiments suggest that money brings about a
self-sufficient orientation in which people prefer to be free of dependency
and dependents.
Warum macht Geld "frei und unabhängig"? Weil es Macht über andere verleiht. Geld entsteht durch Monetisierung von Forderungen, "repräsentiert" also in diesem Sinn eine Forderung auf eine Leistung. Die Freiheit des Geldhalters (Gläubigers) ist die Unfreiheit (Verpflichtung/Zwang) des Schuldners.
DAS ist m.E. die "Dialektik", auf deren systematischer Ausblendung liberaler Utopismus beruht.
Konkret:
Du nimmst einen Kredit, die Bank bucht aktiv eine Forderung (1000) gegen Dich, fällig in t1. Passiv bucht sie 1000 Verbindlichkeiten (Sichtguthaben auf Deinem Konto, über das Du verfügen kannst).
Nun willst Du Dir den Kredit auszahlen lassen. Die Bank refinanziert sich nun bei der ZB, indem sie dieser die Forderung gegen Dich verkauft und dafür ZB-Geld enthält, das sie an Dich auszahlt. Du bist damit Schuldner der ZB (und gleichzeitig Gläubiger). Jetzt gibtst Du das Geld aus und kaufst Dir etwas dafür. Du mußt es ja aber in t1 zurückzahlen, sonst wird zwangsvollstreckt. Derjenige, der es hat, hat nun Macht über Dich derart, daß er Dir entweder für dieses Geld etwas abkaufen (=fordern) kann; oder er kann sich dafür entscheiden, das Geld zu halten (sparen) - dann kannst Du es nicht zurückzahlen, und es wird zwangsvollstreckt.
Reminders of money, relative to nonmoney reminders, led to reduced
requests for help and reduced helpfulness toward others. Relative to
participants primed with neutral concepts, participants primed with money
preferred to play alone, work alone, and put more physical distance between
themselves and a new acquaintance"
"Physical distance" - ja, weil Geld einen monetisierten rechtlich durchsetzbaren Anspruch repräsentiert (es entsteht größtenteils, indem eine Bank den Schuldtitel eines Privaten ankauft), der zur Machtausübung über den Schuldner dessen physische Präsenz nicht voraussetzt.
Sprich: Geld individualisiert und ist ein unsichbares Machtinstrument.
Aber darum ging es in den Experimenten gar nicht - es ging um die akademischen Wirtschaftstheorien.