Säulen der Kreditwürdigkeit des Staates ..

Beo2, NRW Witten, Mittwoch, 04.02.2015, 12:13 (vor 3581 Tagen) @ CrisisMaven8370 Views

Nach einem relativ muehsamen, geradezu schleppenden, Erkenntnis-Prozess konnten wir herausarbeiten, dass Staatsanleihen im Speziellen und Staatsschulden im Allgemeinen nicht durch Sicherheiten unterlegt sind. Sicherheiten im Sinne des kreditwirtschaftlichen Sprachgebrauches fehlen bei Staatsschulden vielmehr vollstaendig.

.. das ist, so platt behauptet, nicht richtig: "Sicherheiten" zur Schuldendeckung sind beim Staat faktisch! noch und nöcher vorhanden, für jeden Bürger gut sichtbar, er kann jedoch nicht locker flockig hinein pfänden. Die faktisch vorhandenen, jedoch nicht pfändbaren Sicherheiten sind monetärer wie realwirtschaftlicher Natur:

__ 1) es sind das sichere Einkommen des Staates (Steuereinnahmen), über dessen Höhe er selbst in Grenzen bestimmen kann;
__ 2) es ist das nicht zu knappe Staatsvermögen;
__ 3) es ist die Fähigkeit des Staates, als Eigentümer der Zentralbank das gZM in beliebiger Menge zu drucken und damit zu bezahlen; und
__ 4) es ist die empirische Erfahrung, dass das Kreditausfall'risiko bei Staatsanleihen hierzulande nahezu 0% beträgt. Staatsanleihen sind somit die sicherste Geldanlage, die ein Bürger überhaupt haben kann. Und das weiss er.

Diese Fakten vermitteln den Gläubigern des Staates die subjektive Sicherheit, dass sie ihr Geld pünktlich zurückerhalten werden. An diese "Sicherheit" langt kein privater Schuldtitel, egal wie und womit es "besichert" ist, auch nur im entferntesten.

Insbesondere sind laufende oder gar kuenftige Steuereinnahmen dem Zugriff der Staatsglaeubiger entzogen.

Das macht nichts. Wichtig ist nur, dass sie sichtbar vorhanden sind. Das macht den Staat solvent und kreditwürdig. Würden sie weitgehend ausfallen, so wäre es mit der Kreditwürdigkeit des Staates sofort vorbei sein, egal wieviel Geld der Staat ersatzweise zu drucken und auszugeben vermag.

Sie dienen also mit Sicherheit (!) nicht der Besicherung der von Staaten begebenen Staatsanleihen. Jedenfalls konnte kein Mit-Diskutant ein Beispiel benennen, in dem bei heute real existierenden Staatsanleihen (Rentenpapiere) oder gar bei sonstigen Staatsschulden kongruente Sicherheiten unterlegt waeren. Ein Literaturstudium foerdert ebensowenig zutage ...
Staatsanleihen sind also i.d.R. unbesicherte Papiere.Weshalb auch bei Zahlungsaufaellen die Staatsglaeubiger in Ermangelung von solchen Sicherheiten erst (Voraus-) Klage erheben muessten, um ihre Ansprueche (nachtraeglich) vollstreckbar zu dokumentieren und, so Gott will, gar durchzusetzen. Siehe Argentinien-Anleihen.

Es kommt darauf an, aus welcher Perspektive es mensch betrachtet: formal juristisch (nach dem Privatrecht) oder aus der Sicht zum Risiko bereiter Geldanleger. Die Gläubiger jedenfalls haben damit kein Problem, da private Schuldtitel erfahrungsgemäß mit noch höherem Risiko behaftet sind. Kreditvergabe generell ist nunmal eine Risikoanlage, wie alle Geldanlagen (auch Sparverträge) .. es winkt ein möglicher Gewinn (Rendite) oder partieller bis totaler Verlust. Das weiss doch Jeder und ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Dieses unwiderlegliche Forschungsergebnis wirft sofort im Anschluss die Frage auf, weshalb denn dann Staatsanleihen ueberhaupt gegenueber besser, ja ueberhaupt besicherten, Rentenpapieren nachgefragt werden.

Das habe ich oben beantwortet .. auch bezugnehmend auf deine Erkenntnisse (siehe unten).

Nachdem man herausgearbeitet hat, dass Staatsanleihen unbesicherte Papiere sind, folgt daraus, dass der Grund fuer die hohe "Akzeptanz" von solchen unbesicherten Staatsschulden im Kreditwesen und unter privaten und institutionellen Anlegern dort zu suchen ist, wo man in der Regel nicht zu suchen beginnt, solange man faelschlich dem Mythos aufsitzt, die Sicherheiten ("Steuern") seien vorhanden.

Das ist richtig. "Steuereinnahmen allein" würden nicht ausreichen, um den Staat solvent und kreditwürdig zu halten. Das macht sie aber in diesem Zusammenhang nicht unwichtig: Sie machen einen Teil! seiner Kreditwürdigkeit aus.

Du verfällst offensichtlich dem monokausalen Entweder-Oder-Denken. Wirtschaftliche Phänomene können aber niemals monokausal erklärt werden.

Da nun die Sicherheiten nicht vorhanden sind, muss es einen anderen, mindestens ebenso schwerwiegenden, Grund dafuer geben, dass intelligente Menschen in Banken und anderen Institutionen Staatsanleihen -gar in Auktionen!- erwerben und halten.

Ich habe oben 4 Gründe genannt, welche die Kreditwürdigkeit des Staates ausmachen, zusammengenommen. Jeder davon für sich allein wäre nicht ausreichend.

Der einzige nennenswerte Unterschied ist: Staatspapiere des (eigenen) Staates sind stets bei der (eigenen) Zentralbank zentralbankfaehig, d.h. sie koennen dort beliehen werden ... Zentralbanken sind nicht als "lender of the last resort" fuer die privaten Banken und zur Stabilisierung des Finanzsystems geschaffen worden (eine Aufgabe, die sie ja nachweislich nicht erfuellen), sondern einzig und alleine zur Staatsfinanzierung.

Ganz meine Rede .. allerdings mit der Einschränkung, dass die anderen Aspekte nicht unwichtig sind. "einzig und allein" ist meistens falsch.

Der Umweg ueber die Ausgabe und "Auktion" der Staatspapiere dient lediglich der Verschleierung der letztlich direkten Staatsfinanzierung durch die eigene Zentralbank.

Wozu denn diese "Verschleierung"? Das ergibt doch keinen logischen Sinn, denn die Staatsfinanzierung könnte offen gelegt und ins Gesetz gegossen werden!? Nein nein, dieses "Hütchenspiel mit den Staatsanleihen" wurde erfunden, um den Banken leistungslose Zinseinnahmen aus dem Staatshaushalt zukommen zu lassen (.. seit 60 Jahren bis zu 2 Billionen DM bzw. Euro).

Dieser "Umweg" war für die Banken bisher ein sehr rentables, müheloses und völlig risikoloses Geschäft. Wer würde sich so ein Geschäft entgehen lassen wollen!? Da wurde eben fleißig an einem gesetzlichen "Umweg" gebastelt und mitgeschrieben, mit einer fadenscheinigen Begründung und äußerst ausgebufft mit einem undurchsichtigen juristischen Fachchinesisch verschleiert. Da haben wir also auch die "Verschleierung".

Da ein Erwerber von Staatspapieren diese jederzeit an die Zentralbank abgeben kann, indem er sie dort hinterlegt und beleiht (bzw. sie einer Geschaeftsbank andienen kann, die dies darf), kann ihm jederzeit egal sein, ob diese Papiere besichert sind oder nicht. Denn die Zentralbank steht ihm ja dafuer gerade, dass er den Gegenwert des Papiers jederzeit erhalten kann, wenn ihm danach ist.

Das ist nur teilweise richtig .. als Erklärung der Kreditwürdigkeit des Staates zwar notwendig, aber nicht hinreichend. Die BuBa ist nämlich auch nicht verpflichtet, einem beliebigen Überbringer einer Staatsanleihe diese abzukaufen oder auch nur, ihm dafür Kredit zu geben.

Hinzu kommt, dass der Staat dann qua Gesetz meist noch bestimmten Institutionen Auflagen macht, nur oder zu grossen Teilen ihre Ueberschuesse in unbesicherten Staatspapieren anzulegen. Dies gilt z.B. fuer Pensionsfonds oder Lebens- und Rentenversicherungen.

Okay, das mag ebenfalls "helfen".

Da wir nicht davon ausgehen duerfen, dass Fondsmanager, Banker und wohlhabende Privatanleger allesamt geistig umnachtet sind, koennen wir nur zum Schlusse kommen, dass fuer alle Kreditinstitute und sonstigen vergleichbaren institutionellen Anleger das entscheidende Kriterium die jederzeitige und zweifelsfreie "Zentralbankfaehigkeit" der Staatspapiere ist. Auch, wenn es dafuer keinen im Charakter des Anleihepapiers liegenden Grund gibt!

Das reicht als Erklärung nicht aus. Ein Staat, der z.B. plötzlich via seine ZB nur noch eigene Anleihen aufkauft und auf Steuereinnahmen verzichtet, würde augenblicklich seine Kreditwürdigkeit verlieren und innerhalb von 12 Monaten sein Währungssystem zerstören. Monokausale Erklärungen helfen hier nicht weiter .. genauso, wie ein Stuhl mit nur einem intakten Bein nicht stehen kann.

Somit halten wir als Forschungsergebnis fest:
CrisisMavenscher Merksatz 001: Die Hauptfunktion von Zentralbanken ist die Staatsfinanzierung.

Bin einverstanden, allerdings nur mit dem Zusatz: ".. und zugleich die Deckelung der Staatsverschuldung." Siehe auch mein Posting:
http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=339909&page=1&category=0&or...

Der Umweg ueber die privaten "Banken" wird gewaehlt, um die Tatsache zu verschleiern, dass Staatspapiere intrinsisch wertlos sind und dass der Staat keine Sicherheiten zu bieten hat (bzw. er nicht willens ist, Sicherheiten zu gewaehren - sonst muesste man Argentinien nicht erst verklagen, sondern haette "Argentinien-Sicherheiten" verwertet).

Nein, hier liegt definitiv ein gigantischer, ausgebufft verschleierter Betrug und Verfassungsbruch gegenüber den Bürgern und Steuerzahlern vor - siehe mein Beitrag dazu:
http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=340481

Im Gegenteil: wenn die Sicherheiten je aufzubieten waeren (Pfaendung von Steuern), ebendieser Staat ja sofort zusammenbraeche, da seine Angestellten, Soldaten, Richter und Beamten sofort den Dienst einstellen wuerden

.. das ist völlig unlogisch: Eine Pfändung von Steuern könnte (rein theoretisch) erst dann in Betracht gezogen werden, wenn der Staat aus anderen Gründen bereits pleite bzw. nicht zahlungsfähig ist. Andernfalls gäbe es ja zu einer Pfändung gar keinen Grund.

CrisisMavenscher Merksatz 002: Wenn die Steuern zur Besicherung der Staatsschulden je ausreichen wuerden, braeuchte eben dieser Staat jene Schulden ja gar nicht aufnehmen!

Richtig. "Steuereinnahmen für sich allein" reichen für die Funktionsfähigkeit und Kreditwürdigkeit des Staates bzw. seiner Anleihen bei weitem nicht aus. Das ist aber doch trivial.

Mit Gruß, Beo2


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