Debitismus-Punch

Ashitaka, Montag, 09.02.2015, 22:36 (vor 3335 Tagen) @ politicaleconomy7821 Views

Hiho,

Nun, man finanziert den Staat und schreibt ihm gleichzeitig ideologisch
Austerität vor. Natürlich weiß man, daß dies genau zum Gegenteil
führt, nämlich permanent steigenden Staatsschulden.

Nur als kleine Anmerkung: Es darf nicht der falsche Eindruck enstehen, dass die Zentralbank den Staat finanzieren kann. Das kann sie nicht. Sie refinanziert die Schuldtitel des Staates. Sie kauft also immer nur bereits vorhandene Schuldtitel der öffentlichen Stellen an, schafft diese aber nicht. Sie hat nichts anzubieten, was der Staat anschließend schulden könnte. Das haben immer nur die Nicht-Banken, die da besicherten Kredit an der Basis nachfragen und um Forderungen an den Staat der Vorsorge wegen jaulen.

Doch wer profitiert
davon? Natürlich die privaten Banken, denn mit jeder Staatsobli auf deren
Aktivseite verbessert sich ihre Liquiditätssituation, da die ZB diese
Oblis ja ohne Einschränkungen refinanziert.

Wenn die Geschäftsbanken davon profitieren, dann lass uns doch mal nach den Profiten suchen, den die Refinanzierung von Staatstiteln bringen. Wie würdest du den Gewinn der Geschäftsbanken konkretisieren? Für mich ist das ein Gag, der früher oder später zündet.

Dazu kommt aber noch mindestens ein zusätzlicher Effekt: die fiskalische
Austerität zwingt die ZBen zu einer extremen Niedrigzinspolitik, um ihr
Inflationsziel zu erreichen. Man kann nun im Rahmen dieser Ideologie die ZB
als den "großen Retter" hinstellen, der die angeblich unter "den zu hohen
Staatsschulden leidende und schwächelnde" Realwirtschaft vor dem Abgleiten
in die Deflation bewahrt.

Ja, man stellt die Zentralbank nur so hin. In Wahrheit hat sie kein Instrument gegen die Deflation. Indem sie immer weitere Schuldtitel ankauft, schafft sie über die Laufzeit dieser Titel zwar zusätzliche Geldsummen, diese können aber nicht an die Verschuldungswilligen Nicht-Banken gelangen (ihnen auch nicht geschenkt werden). Genau an dieser Schnittstelle schlägt der Debitismus gnadenlos zu! Die so geschaffenen Geldsummen könnten nur an diejenigen Nicht-Banken gelangen, die da noch fähig sind, sich zu verschulden (Kredit zu beantragen). Und das werden aufgrund der wachsenden systemischen Ungleichgewichte immer weniger.

Doch zu glauben, eine solche Strategie sorge dafür, dass die Ebene mit ausreichender Liquidität (Finanzinstitute, Finanz- / Spekulationsmärkte) auf ewig über einer geknechteten und ausgetrockneten Realwirtschaft schwebt, ist ein gewaltiger Irrtum.

Ich habe schon mehrmals auf Dottores Laufzeit-Gedanken verwiesen, der da messerscharf erklärte, weshalb die Liquiditätsbasis der "schwebenden Spekulaten" zunehmend zerstört wird. Ihnen ist systembedingt die Schlinge um den Hals gelegt. Wer den Debtismus verstanden hat, der denkt Geldsummen (Liquidität) ausschließlich in Laufzeiten (ZEIT).

Wer noch Probleme damit hat, der kann eventuell damit anfangen sich vorzustellen, dass sich ein Geldtaler von jetzt auf gleich in der Hand zu einem nutzlosen Schokoladentaler verwandelt. Wer das mit den Banknoten verstanden hat, der kann sich hingegen schon vorstellen, wie nicht die Noten verschwinden, sondern die Geldsummen (EZB Passiva) dadurch verschwindet, dass die Grundgeschäfte (angekauften Schuldtitel) fällig werden (spätestens 1 Tag vor Ablauf des Grundgeschäfts).

Wer nun jeden Schuldtitel mit einer Laufzeit denkt, wer erkennt, dass auch jedes Refinanzierunggeschäft ausschließlich während einer Laufzeit bzw. vor dem Ende dieser Laufzeit beendet werden muss, dem dämmert es vielleicht, wie die Schlinge um den Hals die Haut blutig schrabbt.

Herzlichst,

Ashitaka

--
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