Alles klar, (Tausch)handel einfach herbeidefiniert

Orlando ⌂, Freitag, 09.09.2016, 11:31 (vor 3073 Tagen) @ Beo23389 Views

Handelsbeziehungen aus der Zeit lange vor 650 v.Chr. betrachte ich als
wissenschaftlich, durch archäologische Funde und Schriften
ausreichend belegt - siehe auch hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Handel#Vorgeschichte

Vorgeschichte ist definiert als Zeitraum ohne schriftliche Zeugnisse. Ich rede hier von der vorstaatlichen Zeit vor Ackerbau und Viezucht.

Über Wiki kann man zwar Verweise auf echte Forschungsergebnisse finden, Wiki selbst gilt allerdings (noch?) nicht als solches. Ich zitiere mal aus Deinem Link:

Die Verbreitung von Produkten sagt nichts über die Art und Weise ihres Transports aus. In der Betrachtung der Ur- und Frühgeschichte wird Handel daher mangels ausreichender Befundlage gleichgesetzt mit dem Ferntransport von Gütern, meist Rohstoffen, welche am Fundort natürlicherweise nicht vorkommen und (nach langer Zeit) durch Archäologen noch identifizierbar sind, wie Feuerstein oder Muschelschalen und Schneckenhäuser (siehe auch Kaurigeld). Dieser Definition entsprechend betrieb der Homo sapiens Handel schon sehr lange.

Übersetzt heisst das, archäologisch lässt sich feststellen, dass langlebige Materialien fernab ihres Ursprungsortes unter Überresten menschlichen Lebens gefunden wurden. Da ist Transport zu vermuten. Der Einfachheit halber wird Ferntransport ist gleich Handel definiert.

Du machst daraus flugs "Tauschhandel" (Äquivalenttausch insinuierend) und siehst das als Beleg, dass weil sich irgendwo Obsidian fernab geologischer Vorkommen gefunden hat, die vorgeschichtlichen Menschen in ihrem Alltag munter Fische und Wurzeln gegen Katzenfelle getauscht hätten. Diese Schlussfolgerung halte ich für unzulässig.

Hier mal zwei kurze Erörterungen von @dottore zu genau diesem Thema, nämlich von der Schwierigkeit, aus den archäologischen Befunden Handel abzuleiten:

http://www.dasgelbeforum.net/sammlung/htm/331184.htm

http://www.dasgelbeforum.net/sammlung/htm/330711.htm

Aber eigentlich,
schon der gesunde Menschenverstand legt es sehr nahe. Meine Beschreibung
der historischen Geldentstehung als eine sehr praktische oder
revolutionäre Neuformatierung des damals regional oder sehr weitläufig
akzeptierten Warengeldes (aus Gold und Silber) erscheint mir im damaligen
sozioökonomischen Umfeld als sehr naheliegend.

Gold/Silber/Warengeld bei den Wildbeutern? Sicher nicht.

Der gesunde Menschenverstand legt eigentlich genau das Gegenteil nahe, nämlich: Wieso soll ein glücklicher Stammesangehöriger in vorgeschichtlicher Zeit seinen Stamm mit ein paar Feuersteinen im Beutel verlassen, um diese dann viele hundert Kilometer weit mit anderen Stämmen, die er erst mal finden und kennenlernen müsste, gegen was nochmal einzutauschen?

Der gesunde Menschenverstand würde ihm eher nahelegen, bei seinem Stamm und seiner Mutti zu bleiben, die Füße in den Fluß zu hängen und Handel Handel sein zu lassen. Wahrscheinlicher, dass er einen guten Deal macht wäre nämlich, dass ihn ein Säbelzahntiger unterwegs anfällt oder die geschätzen "Geschäftspartner" ihm die Steine einfach abnehmen und ihn von der nächsten Klippe stürzen.

So einfach ist es mit den Belegen für vorgeschichtlichen Tauschhandel nicht, bzw. darf man es sich nicht machen.


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