Ich spucke hier mal rein

pigbonds, Sonntag, 20.12.2015, 13:02 (vor 3336 Tagen) @ Zarathustra4971 Views

Ja, darauf kommt es an. Es kommen aber zyklisch wiederkehrend Zeiten, in
welchen zuwenige freiwillige und unfreiwillige Nachschuldner verfügbar
sind. Meines Erachtens immer dann, wenn die Relation Schulden / BIP ein
gewisses Mass erreicht. Die Empirie zeigt doch, dass jeder zusätzliche
Dollar an Schulden im gesamten System den Return darauf immer weiter
schwinden lässt. Der altbekannte Chart hierzu:

[image]

Was für ein einzelnes Unternehmen gilt, gilt meiner Meinung nach auch
für die Gesamtwirtschaft.
Die Bilanzsumme hat einen Einfluss auf die Produktivität. Eine
Firma/Volkswirtschaft mit einer Relation Produktion/Bilanzsumme von 1:1
wächst schneller als solche mit einer Relation von 1:10.
Letztere gehen im Schnitt auch früher über den Jordan als erstere.

Diesen Schluss stelle ich in Frage.

Was ich für "Sparen" halte, ist das Bilden von Kapital, das dadurch entsteht, dass
sich Private(?) verschulden. Das Sparen/die Kapitalbildung ist die Verhinderung des
Rückflusses der Guthaben an jene, die ihre Vorfinanzierung zu tilgen haben.
Für das Aggregat "Ersparnisse" ist es egal, ob das Guthaben ausgegeben wird oder nicht,
denn gibt jemand Guthaben aus und das Guthaben bleibt als Guthaben bei einer anderen Person
bestehen, dann bleibt auch das Aggregat "Ersparnisse" dasselbe, obwohl sich die Transaktion
aufs BIP auswirkt.

Je mehr also "gespart" wird, desto stärker werden jene Privaten, die eine Vorfinanzierung zu
tilgen/bedienen haben, gefordert, durch den Verkauf von Produkten/Dienstleistungen über den
Marktmechanismus an Guthaben zu kommen.

Soweit zum Allgemeinen. Zum Konkreten:

Die gesamten "Ersparnisse", deren Entstehung ich oben kurz erläutert habe, sind über mehrere,
ja möglicherweise sehr viele Jahre gewachsen. Diese Ersparnisse können sich nur dadurch verändern,
dass neuverschuldet wird oder dass getilgt wird.
Die neuen Schulden die in der 100sten Periode des Systems gebildet werden, haben deshalb zwingend
einen viel marginaleren Effekt auf das BIP als jene der 5ten Periode, weil im ersten Fall zusätzlich
noch die ungetilgten Schulden(=Guthaben) der vorhergehenden 99 Perioden für das BIP sorgen.

Als Beispiel: Wenn eine Coiffeuse eine Putzfrau mit Guthaben, das vor 3 Jahren in einem 10jährigen Hypothek-Geschäft
entstand, bezahlt, dann entsteht hier BIP mit alten Schulden/Guthaben.

Daher muss das in der Grafik dargestellte Phänomen auftauchen! Die Interessante Frage ist nun,
wieweit der Null-Punkt durchbrochen wird und ob die Rate dann um den Null-Punkt herum oszilliert.

In der Vergangenheit wurde der Null-Punkt stets als "natürliche" Untergrenze angesehen, deren Verteidigung
riesige Krisen und Kriege verursacht haben könnte.

Deshalb ist die jetzige Zeit so interessant, wir haben nun tatsächlich gemerkt, dass es negative
Zinsen geben kann.
Weil Debitisten wissen, dass Zinsen, wenn man ihnen auf den Grund geht, "Abgaben" sind, dann muss man
sich fragen, ob nicht tatsächlich auch negative Abgaben möglich wären, d.h. eine negative Steuer (die wir
eigentlich bereits in Form von Subventionen kennen) und deshalb ist die Diskussion ums bedingungslose
Grundeinkommen so interessant, welches überhaupt keinen Systemwechsel darstellen würde, sondern lediglich
die Untergrenze der Kopfsteuer nach unten verschieben würde - also eine negative Kopfsteuer darstellen
würde.

Negativzins oder Grundeinkommen sind deshalb nicht Phänomene von Sozialismus/Kommunismus sondern im Gegenteil,
Instrumente des Kapitalimus, die erst in hochentwickelten kapitalistischen Systemen mit genügend Kapitalbildung zum
Einsatz kommen können.
Sie sind auch nicht Symptome des Übergangs vom Kapitalismus in den Sozialismus, weil Marx ein ganz anderes System
beschrieben hat, ein System, das jenem des Adam Smith viel ähnlich ist, als jenes, das @dottore beschrieben hat,
weshalb @dottore den Kapitalimus, so wie er ihn "richtig" versteht, der Verwechslungsgefahr mit Adams'/Walras'/etc.
Kapitalismus halber, einfach "Debitismus" nennt.


Die Grafik oben wäre demnach eine der wichtigsten Grafiken für den Kapitalimus schlechthin, aber kein Grund
für Besorgnis.


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