Das Problem war, dass die Investitionen der Industrie von 1970-75 um 10% sanken, trotz steigender Konsumrate - edit

Robert, Montag, 04.01.2016, 14:32 (vor 3326 Tagen) @ Beo24117 Views
bearbeitet von unbekannt, Montag, 04.01.2016, 14:49

Ich stimme dir ja zu, dass es in 1948 selbstverständlich eine solche
Lücke beim Staat gab, die mit ca. 13 Milliarden DM per Kredit der Bürger
(bzw. der Bank'dL) geschlossen wurde. Dabei verschuldete sich "der Staat"
dementsprechend, woraus sich ein 5-faches BIP pro Jahr ergab .. bis ca.
1975. Die Staatsverschuldung blieb konstant, relativ zum BIP.
Warum musste diese Lücke, relativ zum BIP, nach 1975 immer größer
werden, wo es doch möglich sein muss, dass die Steuereinnahmen
kostendeckend sind?


Hallo

Auch dazu noch kurz meinen Senf:
Die Lücke musste größer werden, weil sich der Staat von Anfang an den Gesetzen des Marktes unterwerfen
musste. ER war halt nicht souverän, weil die Zentralbank nur ein (vom Finanzministerium) unabhängiges Staatsorgan ist. Die Zentralbank ist nicht die „Bank des Staates" sondern nur eines unter mehreren von einander unabhängigen Staatsorganen, also die Bank der Banken. Und die privaten Banken verkörpern in Summe alle Bürger

Man wollte all zu große politische Einmischung in die Geld-Politik verhindern

Der Staat war insofern nur ein Mitspieler unter vielen, und auch die Zinshöhe richtet sich an der Bonität der Staaten. Je höher die Zweifel der Märkte, desto höher die Zinsen. Man kann die Bonität eines Staates ja kaum durch die eigenen Bürger beurteilen lassen. :-)

Sicherlich ist jede Emission eine Verschuldung, wie Du sagtest, nur dass der Staat sich dann bei direkter Staatsfinanzierung im Namen aller verschuldet und Geld emittiert (vgl. DDR, Kredite an volkseigene Betriebe).

In einer privaten Wirtschaft bzw. Marktwirtschaft hat der Staat keine volkseigenen Betriebe welcher einer staatlichen Plankommission unterstellt sind. Es gibt in diesem Sinne kein kollektives Wirtschaften. Somit kann er generell auch kein Geld emittieren oder im Namen der Allgemeinheit einfach eine Bilanzverlängerung durchführen. Eine dauerhafte Staatsverschuldung war eigentlich auch gar nicht vorgesehen, außer das Startgeld.

Er kann öffentliches Eigentum/Güter herstellen, muss sich dafür aber aus den Leistungsverprechen der Privaten bedienen, sprich die Privaten leisten für die öffentl. Güter mit, bzw. sind schon in den Krediten (privaten Leistungsverprechen) enthalten. Der Staat steuert nur.
Besonders in Zeiten hoher Wachstumsraten/Inflationsraten war das wichtig, weil das Geld sonst zusätzlich inflationiert worden wäre. Die empirische Erfahrung hat uns immer wieder gezeigt, dass staatliches Gelddrucken die Währung in Gefahr brachte. Das wollte man verhindern

Nun sagt es sich leicht, der Staat hätte doch seine Lücken durch Steuern schließen können.
Das Problem ist, dass Steuern fix sind und nicht jedes Jahr verändert werden können.
Auch Unternehmen planen mit zukünftigen Steuerverbindlichkeiten. Es braucht hier ergo eine gewisse Verlässlichkeit.

Er hätte höchsten in Hochphasen selbst Überschüsse (durch Steuermehreinnahmen) in Form von kurzfristigen Wertpapieren ansparen können und diese dann antizyklisch als deficit spending bzw. für gezielte Investitionen einsetzen können. Das wäre noch näher zu analysieren.

Helmut Schmidt warnte allerdings 1977, die VoWi „totzusparen".

Natürlich konnte sich die neoklassische Theorie gegenüber der keynesianischen durchsetzen, vor allem durch den Einfluss der Geldsammelstellen wie Sparkassen, Versicherungen, Bausparkassen, Banken.
Die Neoklassik sah Investitionen (bzw. die Angebotsseite) immer als den wichtigsten Konjunkturmotor. Die mangelnde Nachfrage war immer nur ein Reflex auf zu wenig Investitionstätigkeit. Würde man mehr investieren, wächst die Nachfrage wieder an.

Es wurde damals angezweifelt, dass ein Entsparen in den Konsum zu Vollbeschäftigung und mehr Produktivität bzw. in eine dauerhaften Aufschwung geführt hätte.
Denn ein tragfähiges Fundament konnte angeblich nur eine starke Investitionstätigkeit sein, wozu es aber wiederum Sparer brauchte. Und es ging um eine Stabilisierung der Lohn-/Stückkosten, um Investitionstätigkeit zu beleben.

Das Problem war, dass die Investitionen der verarbeitenden Industrie von 1970-75 um 10% sanken trotz steigender Konsumrate. Sogar im Aufschwungjahr sanken diese. Unternehmer haben stattdessen vermehrt Gewinne ins Privatvermögen übertragen anstatt zu re-investieren (Finanzierungssaldo).
Die Schwäche konnte auch nicht auf den „Ölschock" geschoben werden, weil der Trend des Investitionsrückganges bereits vorher einsetzte.

Das liegt aber auch an einer Überinvestition von Produktionskapazitäten. Es wurde also mehr investiert als Nachfrage da war. Nun kann man natürlich sagen, ihr bösen Sparer, warum kauft ihr nicht alle zwei Küchen und zwei Fernseher etc.
Zudem zeigte sich damals, dass in einer rezessiven Phase die Spareinkommen abschmolzen. Einkommensverluste gingen zur Lasten der Sparquote. Das war noch nicht so wie heute, wo beides gleichzeitig verläuft. Auch in Japan gab es damals ein stetiges Abschmelzen der Sparquote (trotz Staatsverschuldung)

Die Frage ist, ob der Staat nun durch Steuererhöhung die Einkommensverwendung mehr auf Gemeinschaftsaufgaben lenkt bzw. die Sparguthaben hätte regelmäßig kürzen sollen, um antizyklisch zu handeln. Jetzt mal rückblickend betrachtet


Fazit: Eine einfache Extrapolation aus einer Korrelation ist immer mit Vorsicht zu genießen

Denn auch ein erhöhtes Maß an monetärer Sicherheit kann das zukünftige Nachfrageverhalten stets ändern.

Quelle: https://books.google.de/books?id=atCiBgAAQBAJ&pg=PA171&lpg=PA171&dq=Sparquo...

Gruß


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