Ja, der ZINS fehlt nicht, aber der ZinsesZins ..

Beo2, NRW Witten, Sonntag, 11.01.2015, 16:01 (vor 3403 Tagen) @ Timo6224 Views
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 11.01.2015, 16:05

Fazit: Der Debitismus als Wirtschaftstheorie hat einen Denkfehler, weil Zinsen über den Konsum der Gläubiger sehr wohl in Umlauf kommen können.

>> Können sie nur theoretisch. Praktisch nicht, denn derart absurd kann eine Marktwirtschaft in der Realität niemals sein, ...

und so weiter, und so fort .. nichts außer Polemik und Nullaussagen in der Sache.

Wieso sollte in der Praxis nicht möglich sein, was theoretisch offensichtlich funktioniert? Welche Bedingungen werden demnach benötigt, um das Publikum zum zügigen Ausgeben ihrer Zinseinnahmen bzw. ihrer Rendite zu motivieren .. bzw. ihre Sparquote auf ein verträgliches Maß zu senken? Es reicht u.E., zunächst Geldvermögen in ausreichender Höhe zu besteuern. Steuern sind schließlich (auch) zum Steuern da. Dann käme noch die extrem schiefe Einkommensverteilung an die Reihe ... usw..

Für die Sparquote muss gelten: Sparquote < BIP-Wachstumsrate. Mit dieser Rate muss schließlich notwendigerweise auch die Geldmenge und damit die Systemverschuldung wachsen. Wachstum muss nämlich durch zusätzliche Kreditaufnahme vorfinanziert werden. Soviel Sparen ist volkswirtschaftlich tragbar. Sie liegt seit über 45 Jahren bei über 10 %; lag sogar lange Zeit bei fast 20 %. Kein Wunder, dass das System seit 45 Jahren tendenziell chronisch deflationär ist .. vgl. die stetig und unaufhaltsam sinkende Infla.rate.

Im Übrigen, es gibt eine positive Korrelation zwischen der Höhe der Einkommen und der persönlichen Sparquote. Bei unteren Einkommensbeziehern ist sie sogar negativ; hier findet im Durchschnitt ein Entsparen statt (Rückgriff auf Rücklagen; ca. -2,5 % Sparquote). Bei Spitzenlöhnen und -einkommen liegt sie bei bis zu 25 % des Einkommens (und mehr). Bei normaler Einkommensverteilung (vgl. die Gauß'sche Normalverteilung) und bei dauerhafter Vollbeschäftigung würde die Sparquote sicher stark sinken, denn Sparen kommt hauptsächlich von der Zukunftsangst sowie vom Einkommen über dem eigenen Bedarf.

> > ... dass die Verbraucher erstens nicht nur dahingehend gezwungen (gesteuert) werden könnten, die Zinseinnahmen nicht nur vollständig zu verbrauchen, sondern darüber hinaus auch noh dort, wo einem Schuldner grad noch Einnahmen fehlen.

Hierfür kann mit ausreichender Wahrscheinlichkeit gesorgt werden, ganz praktisch, ohne jemandem irgendetwas vorzuschreiben. Wer in Geld spart, der sollte dafür bitte schön "Parkgebühren" zahlen .. da er sich volkswirtschaftlich gefährdend verhält. Das Sparen sollte aber weiterhin in seiner Entscheidung bleiben. Die Steuerabgaben dafür landen via die Staatsausgaben unverzüglich in der Realwirtschaft.

> Die Verteilungsfrage ist ein von dem Zins verschiedener Punkt, den wir aber auch gerne vertiefen können. Wenn ich die Argumentation richtig verstehe sind wir uns also einig, dass die Zinsen in Summe schon im System vorhanden sind (danke Beo2) und dass das Problem der Praxis nur in der Verteilung der Geldmittel liegt.

Korrekt .. die Verteilung und die Sicherheit der Einkommen ist ein weiterer wichtiger Punkt. Es spielt eine wichtige Rolle sowohl bei der Kreditwürdigkeit als auch bei der Sparquote des Einzelnen sowie insgesamt. Durch den zunehmenden Verlust ausreichender und/oder sicherer Einkommen fallen immer mehr potentielle Kreditnehmer und Konsumenten weg.

> Weil wir ja von einer Marktwirtschaft sprechen, gibt es natürlich keinen Zwang zu Konsum und damit keine Garantie, dass derjenige, der Schulden hat, die dafür nötigen Zinsen und Tilgungsraten aus seiner Wirtschaftsleistung erwirtschaften kann. Ist dann aber nicht die Wirtschaft insgesamt ein Nullsummenspiel?

Richtig, sie ist ein Nullsummenspiel: Die Einnahmen, die Gewinne und die Guthaben des Einen sind Ausgaben, Verluste und Schulden eines Anderen.

> Es gibt kein generelles Zinsloch, dass durch immer neue Schulden gefüllt werden muss, sondern nur eine ungleiche Verteilung
==> Manche werden reicher andere ärmer, was zu immer höheren Schulden der weniger glücklichen führt. Ein Effekt, der sich durch Zins und Zinseszins auch noch selbst verstärkt, denn auch die Zinseszinsen fließen ja von Schuldiger an Gläubiger, bleiben also dem System erhalten.
==> Die zusätzlichen (Staats-)Schulden stammen also gar nicht aus aufgezinsten Vorfinanzierungen, sondern aus der Zirkulation vorenthaltenen Geldmitteln (sprich Ersparnissen)? Keynes, ich hör dich trapsen.

Aber Ja, so ist es. Für jeden gesparten Groschen muss sich Jemand in gleicher Höhe zusätzlich verschulden, um es zu ersetzen oder zurück in Umlauf zu bringen, sonst kackt das System sehr schnell ab. Netto-Sparen können in der Hauptsache nur die oberen Einkommensbezieher. Die unteren können sich nicht zusätzlich verschulden, da ihnen Kreditsicherheiten fehlen. Also muss es der Staat tun.

Würde jeder Groschen zügig ausgegeben werden, so entfiele die Notwendigkeit für diesen Schuldenwachstum des Systems bzw. des Staates. Dies zeigt auch meine Simulation. Gespart werden kann doch auch in Sachwerten. Dies erklärt aber auch noch lange nicht alles, was in der VoWi schief läuft.

Danke Dir, Timo, für dein Mitdenken und sachliche Argumentation.

Mit Gruß, Beo2


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