Zu "Zeitablauf & Vorfinanzierung" ..

Leserzuschrift, Donnerstag, 01.01.2015, 19:03 (vor 3413 Tagen) @ Ashitaka7249 Views

Das Fehlen einer zu finanzierenden Staatsgewalt und der Aufrechterhaltung von Rechts- und Haftungsräumen ist der Simplifizierung deines Modells zu verdanken. Tun wir mal so, als sei das alles für das Dreigespann A,B,C unwichtig.

Das Modell ist in deinem Sinne erweiterbar; da sehe ich kein grundsätzliches Problem. Es macht nur entsprechende Menge an Arbeit, die ich mir vielleicht einmal antun werde. Bis dahin kannst Du dir aber den Teilnehmer A auch als den Staat und den Teilnehmer B als den Privatsektor vorstellen.

>> __ 1) A geht zu B und leiht sich 100 GE (Geldeinheiten) für 10% Zins aus, gegen einen Pfand versteht sich - und schuldet B nun 110. B hat also eigens für A 100 GE kreiert. A kauft anschließend von C eine Leistung für 100 GE - es fehlen ihm nun 110 GE für die Tilgung.
> Die 10 GE fehlen A am Zinstermin.

Nein, das tun sie nicht, wenn C (zeitversetzt) Kredit von mindestens 10 GE aufnimmt und damit eine Leistung von A kauft, bevor A tilgen muss. So geschieht es in der Praxis mit vielen Teilnehmern.

> Wie überbrückt C die Zeitspanne bis zur Fertigstellung seiner Leistung und der Realisation des Geldbetrages; d.h., wie finanziert C sich und seine Leistungserstellung bis zur Fertigstellung und dem Zufluss des Geldbetrages?

Man kann hier annehmen, dass die Leistung von C durch seine Erzeuger vorfinanziert wurde, sprich: von seinen Eltern, Erziehern und Ausbildern sowie vom ganzen Gemeinwesen. C wäre hier z.B. ein Berufsanfänger. Seine Vorfinanzierung leisteten also Andere. Bekanntlich gibt es den ersten Lohn ja nicht gleich am Anfang, sondern erst am Ende des ersten Monats.

>> __ 2) C besitzt nun 100 GE, möchte aber von A eine Leistung für 110 GE haben - geht also zu B und leiht sich 10 GE für 10% Zins dazu. Nun hat er 110 und kauft von A eine Leistung für 110 GE. Er besitzt jetzt kein Geld, schuldet B aber 11 GE.
>Wie überbrückt A nun seine Zeitspanne bis zur Fertigstellung der Leistung für C und einer Realisation des Geldbetrages i.H.v. 110? Auch A muss sich für eine Leistungserstellung (vor)finanzieren.

A hat sich doch unter 1) verschuldet und Leistungen von C gekauft; damit hat er seine eigene Leistung vorfinanziert und bereitgestellt.

> Der Hinweis auf die Schuld von 11 GE ist wichtig. Auch schuldet C nun 11 GE, die aber ebenfalls erst am Zinstermin fällig werden. Zum Termin mehr weiter unten.
Kein grundsätzliches Problem ...

>> __ 3) A bekam also 110 GE, geht damit zu B und tilgt seinen Kredit samt Zins. Nun besitzt A kein Geld mehr. B vernichtet 100 GE, hat aber 10 GE verwertbare Zinseinnahme; er kauft sich damit eine Leistung von C - schließlich muss auch er irgendwas konsumieren. C hat nun 10 GE und es fehlt ihm noch 1 GE für die Tilgung.
> Nachdem A mit den 110 GE seine Schuld bei B getilgt hat, womit tilgt er nun die Schulden der Vorfinanzierung seiner Leistung. Ihn belasten schließlich Kosten für Anlagen, Betriebsmittel, Sonstiges. Wovon konsumiert A während der Fertigstellungszeit seiner Leistung?

A verschuldet sich genau zu diesem Zweck erneut, und zwar sofort nach der Tilgung; das steht unter 4) - gleich anschließend ...

> Wie tätigt die Bank B ihre Ausgaben während ihres Dienstleistungszeitraumes? Die Bank wird nicht erst im Zeitpunkt des Zuflusses der 10 GE Zinsen "irgendetwas" konsumieren, sondern muss sofort Ausgaben leisten bzw. konsumieren. Von Happa Happa bis Schicki Micki.

Das ist richtig. Die Bank zehrt nach der Gründung erst einmal vom Startkapital der Gesellschafter; damit finanziert sie die erste Runde ihrer Dienstleistungen vor. Danach kommen laufend Zinserträge herein, die zu ihrer Refinanzierung dienen. Sonst wäre sie bald Pleite.

> C hat nun zwar 10 GE, aber was ist mit seinen Schulden aus der Finanzierung seiner Leistung für A?

Die Vorfinanzierung der Leistung von C ist im Punkt 2) beschrieben.

>> __ 4) A möchte weiterhin, wie gewohnt, seinen Warenbedarf befriedigen - also geht er zu B und leiht sich wieder 100 GE für 10% Zins aus. Er schuldet B jetzt wieder 110, wie gehabt. Damit kauft er sich wieder eine Leistung von C. A besitzt kein Geld mehr.
> Du vergisst, dass A, B und C immer noch verschuldet sind. Alle drei mussten ihre Zeit bis zum Zufluss des Geldbetrages finanzieren. In deinem Modell fehlt die Berücksichtigung des Zeitablaufes (Zeitspanne vom Beginn über die Fertigstellung der Leistung bis hin zur Realisation des Geldbetrages).

Nein, der Zeitablauf ist berücksichtigt und optimiert. Die beiden Kreditnehmer verschulden sich nicht völlig gleichzeitig oder zeitlich entzerrt, sondern etwas zeitversetzt; der nächste nimmt Kredit auf und kauft ein, bevor sein Vorgänger tilgen muss. Das reicht, auch und gerade für den Zins. Danach steht der Vorgänger als Nachschuldner wieder bereit.

A und C finanzieren sich aus ihren Kreditaufnahmen vor. B (Bank) verschuldet sich bei seiner Geldemission durch sein Leistungsversprechen real, zumindest durch die (vorübergehende) Entgegennahme des Kreditpfands, nicht aber monetär. Er refinanziert sich aus seinen Zinserträgen.

> Weder A, B oder C können mit dem Finger schnippen, um ihre Leistungen aus dem Hut zu zaubern. Alle drei müssen sich, und das ist ein Wesenskern des Debitismus, vorfinanzieren. Schulden entstehen in deinem Modell nicht erst mit dem Gang zur Bank oder dem Kauf einer Leistung, sondern mit dem ersten Gedanken an ein Leistungsangebot bis zum Zufluss des Geldbetrages für die Leistungen.

Das ist richtig. Dem wurde in meinem Modell Rechnung getragen. Die Schwierigkeit der Vorfinanzierung stellt sich nur ganz am Anfang der ganzen Kette bzw. der Wirtschaft. Diese Frage habe ich aber oben beantwortet. <br> Desweiteren müssten wir noch die Funktion der Währungsreform von 1948 diskutieren sowie den damit einhergehenden Anfang der Staatsverschuldung etc.. Das Thema ist komplex und kann nur in Ausschnitten beschrieben werden, schön nacheinander; das geht nicht in 1-2 Postings.

> Ich schlage vor, dass du dein Modell dahingehend erweiterst.

In meinem Kopf ist dies bereits geschehen ...

>> Dieses Spiel kann endlos fortgesetzt werden. Alle 3 Akteure haben regelmäßiges Einkommen und verkonsumieren es.
> Das Spiel zu dritt kann nicht fortgesetzt werden. Denn alle 3 Akteure haben weiterhin Schulden aus ihren (Vor)Finanzierungen. Leistungen entstehen in unserer Welt nicht ohne einen Zeiteinsatz. Es bedarf genauster Finanzplanungen, um den Zeiteinsatz eines jeden Vorhabens (und sei es das Schnitzen von Hozfiguren) bis zum Zufluss des Geldbetrages aus einer vollbrachten Leistung zu finanzieren.

Diesen Einwand habe ich vorläufig beantwortet. Das Spiel kann endlos vorgesetzt werden, nachdem es einmal erfolgreich gestartet werden konnte. Es ist nichts unmögliches.

>> Wo oder Wem fehlt nun der ZINS?
> Das wichtigste W, um dem Zinsproblem auf die Schliche zu kommen, fehlt: Wann fehlt der Zins?

Der ZINS fehlt selbstverständlich, wenn der Schuldner nicht rechtzeitig zum Tilgungstermin die benötigten Einnahmen hat. Dies kann verschiedene Ursachen haben, welche nichts mit dem ZINS an sich oder mit dessen Fälligkeitstermin zu tun haben und welche ich am Ende meines Posting angedeutet habe. Dies wären Schnittstellen für weiterführende Diskussionen.

> Zinsschulden sind nicht das Problem, sondern der Zinstermin an dem der Geldbetrag fällig ist.

Auch der Zinstermin ist grundsätzlich kein Problem, rechtzeitige Einnahmen des Kreditnehmers vorausgesetzt. Für die benötigte Zinssumme sorgt der nächste Nachschuldner. Gerade tilgende Kreditnehmer stehen wieder als Nachschuldner zur Verfügung.
Die Wahrscheinlichkeit der benötigten Einnahmen kann durch Optimierung bzw. Regulation der Geldströme in der VoWi (= Allokation der umlaufenden Geldmittel) grundsätzlich erhöht werden. Hier ist die Wirtschafts- und Sozialpolitik gefragt; es gäbe da Lösungen.

> Wenn du dein obiges Modell bitte erweiterst, dann dürfte bewusst werden, dass A, B und C neben eines für private Zwecke notwendigen kalkulatorischen Unternehmerlohns, auch noch Materialeinzel-, Fertigungseinzelkosten, sowie Gemeinkosten zu decken haben. Für all diese Kosten müssen sich A, B und C schon vor dem Vollbringen ihrer Leistungen verschulden (deshalb "vor"finanzieren).

Das ist richtig .. und wurde von mir berücksichtigt. Ich könnte mein Posting entsprechend ausformulieren, wodurch es etwa auf die doppelte Länge käme. Allerdings, ich kann das Modell nicht so weit erweitern, dass es die ganze Welt erklärt .. mein Posting hätte dann kein Ende. Ich muss ja irgendwo einen Anfang und ein Ende machen.

> Ein Nachschuldner fehlt in deinem Modell grundsätzlich nicht, da du den Zeit- bzw. Termindruck aus den notwendigen Vorfinanzierungen, sowie die zwingende Realisation eines Gewinns in Geld, nicht berücksichtigst.
>> FAZIT: Weder der ZINS noch Nachschuldner fehlen grundsätzlich;
> Der Zins fehlt nicht grundsätzlich, sondern zum Termin.

Dann würde er ja doch grundsätzlich fehlen. Dies ist nicht der Fall.

> Die Geldsumme ist zwar im System, kann den Zinsverpflichteten aber aufgrund des von der Steuerung der Geldzuflüsse unabhängig stehenden Zinstermins, an diesem Termin nicht reibungslos (ohne weitere Schulden) zur Verfügung stehen.

Okay, wir wiederholen uns.

>> der Zins muss vom Zinsnehmer nur zügig ausgegeben werden.
> Das Geld muss nicht nur zügig ausgegeben werden, es muss dem Zinspflichtigen auch zum Zinstermin zur Verfügung stehen.

Da haben wir es ja. Es ist sicher nicht unmöglich, dass benötigte Einnahmen rechtzeitig da sind. Es klappt umso besser, je mehr Teilnehmer es gibt .. unter bestimmten weiteren makroökonomischen Voraussetzungen allerdings. Das konnte ich nur andeuten. In der Wirtschaft ist ja nichts monokausal.

>> Der verlangte Zins könnte u.E. beliebig hoch sein.
> Nein, der Zins hat Grenzen, da er einen existenziell gefährdenden Zeitdruck für den Schuldner schafft. Dafür muss die Zeit aber erst einmal berücksichtigt werden.

Selbst ein Zins von z.B. 50%/Jahr wäre in meinem Modell kein Problem. Sicher, er darf nicht "unendlich hoch" sein.

Mit Gruß, Beo2


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