Über Macht und Ohn-Macht 3

Leserzuschrift, Samstag, 17.10.2015, 13:19 (vor 3400 Tagen) @ Ashitaka2855 Views

> Weshalb (ursächlich) verspricht sich die Masse vom Zentralmachtsystem einen Vorteil, ihren Wohlstand?

"Ursächlich", d.h. in weiser Voraussicht, verspricht sich die Masse gar nichts. Die Menschheit ist ja Ewigkeiten ohne "Zentralmacht" ausgekommen.
Aber nachdem sie einmal entstanden war konnte sie im Laufe von Jahrhunderten(!) ihre Überlegenheit über die akephalen Gesellschaften zeigen. Und sei es nur dadurch, dass sie die "primitiven" Völker rücksichtslos unterjochte.


>>> 2. Warum versprachen sich akephale, egalitäre Gesellschaften keinen Vorteil von der Zentralmachtordnung, ja, weshalb dachten sie nicht daran?

Warum ist im Mittelalter keiner auf die Idee gekommen, alle Häuser mit Strom zu versorgen?

> Du beantwortest die Frage nicht.

Doch. Du verstehst bloß möglicherweise die Andeutung nicht.

Die "Zentralmacht" fiel ja nicht vom Himmel. Da gab es keinen "Urknall" oder einen genialen Erfinder.
Damit überhaupt "Zentralmächte" entstehen können, müssen offensichtlich ein paar Bedingungen erfüllt sein - oder wieso gibt es in entlegenen Weltregionen bis heute Gesellschaften, die ohne auskommen?

Und das heißt in der Praxis, dass jedes Machtsystem zusammenfällt, sobald es den Ohn-Mächtigen dadurch schlechter geht als bei reiner Subsistenzwirtschaft.

>>> Der Zusammenfall betrifft die Befähigungsebenen der Zentralmachtordnung.

Was verstehst Du unter "Befähigungsebenen"?

> Rechtsräume. Die örtlich zuständige Finanzverwaltung hat z.B. das Recht von allen im Wohngebiet ansässigen Personen Steuern zu erheben (ist dazu befähigt).

Das Recht überlebt nur, solange es "gepflegt" wird. Bricht das Machtsystem zusammen, lösen sich seine Institutionen in Wohlgefallen auf.


> Wenn nun das Zentralmachtsystem in sich zusammenfällt, dann verschwinden vielleicht solche Befähigungsebenen, was aber nicht verschwindet ist die Zentralmachtordnung als solches (d.h. das zentrische Machtsystem, welches jederzeit neue Ebenen und Inhalte schaffen kann).

In einem gescheiterten Staat gibt es keine Zentralmacht mehr, sonst wäre er ja nicht gescheitert.


> Jeder Ruf nach Veränderung, nach einem Austausch der Regierenden sorgt dafür, dass an der Zentralmachtordnung festgehalten wird.

Ja, falls die "Veränderung" nur in einem "neue Schweine an alte Tröge" besteht.
Aber selbst das setzt voraus, dass sich die Gesellschaft eine Regierung überhaupt leisten kann, also Überschüsse erwirtschaftet.


> Nun ja, es ist so, dass im Fall der Zenrtalmachtsysteme sowohl die "Jäger", als auch die "Gejagten" Hasen sind.

Nein.
Derzeit gelingt es den "Jägern" allerdings relativ erfolgreich, sich als "Hasen" zu verkleiden...

Sobald der Machtapparat mehr Ressourcen verschlingt, als die Ohn-Mächtigen über ihren Selbsterhalt (Subsistenz) hinaus erwirtschaften können, bricht das System zusammen. Sei es infolge einer Revolution, sei es durch Abwandern oder Aussterben der "Arbeitstiere".

> Nein, das Zentralmachtsystem bricht nicht wegen einer Revolution zusammen.

Anfang der 20er Jahre beispielsweise kam es in Patagonien zu einem "anarchistischen" Streik der Landarbeiter. Da war die Zentralmacht monatelang abgesetzt.
Erst der Einsatz der Armee bereitete dem "Spuk" ein ziemlich blutiges Ende.


> ist der Untergang Hitlers mit dem Verschwinden einer Zentralmachtordnung gleichzusetzen?

Nein. Die Lücke wurde von den Alliierten gefüllt.
Ob es nach dem nächsten Weltkrieg allerdings noch Alliierte gäbe, darauf würde ich lieber nicht wetten...

Der Machtapparat entsteht historisch (erst), nachdem ein bestimmtes Produktivitätsniveau erreicht ist, welches die Versorgung nicht-arbeitender Bevölkerungsschichten erlaubt.
Und er verschwindet wieder, sobald das Produktivitätsniveau so hoch geworden ist, dass die herumfliegenden "gebratenen Tauben" für alle reichen.

> Da hast du etwas falsch verstanden.

Glaub' ich nicht.

> Produktivität setzt Zentralmacht voraus, nicht umgekehrt.

Falsch. Auch die stärkste Zentralmacht kann einem nackten Mann nicht in die Taschen greifen.
Zentralmächte entstehen historisch durch die Bank weg erst nachdem und auch nur dort, wo die Menschen in der Lage waren, (Nahrungs-)Überschüsse zu erwirtschaften und zu lagern.


> So wie Produktivität wiederrum einen Abgabenzwang voraussetzt, der die Steigerung der Ausbringung (Produktivität) erzwingt.

Falsch. Produktivität setzt Technologie voraus.
Erst wenn du mit 10 Arbeitskräften 11 ernähren kannst, kannst du Einen zum Peitsche-Schwingen abstellen.
Dass dieser Zwang dann den menschlichen Erfindergeist belebt und zu stetiger technologischer Weiterentwicklung und damit einhergehender Produktivitätssteigerung führt, steht auf einem anderen Blatt.
Aber falls die Produktivität endlich ein Niveau erreicht, an dem du mit 0 (Null!) Arbeitskräften 11 ernähren kannst, brauchst Du keinen Peitschen-Schwinger mehr.

Nach einem Dritten Weltkrieg hätten die Überlebenden garantiert andere Sorgen, als einen neuen Machtapparat mit durchzufüttern.

> Sobald die Menschen merken, dass sie ohne zentrische Ordnung (Organisation) keine Überlebenschance haben, wird die Unterwerfung von neuem beginnen.

Inwiefern könnte ihnen eine "zentrische Ordnung" beim nackten Überleben helfen?

> Aus ersten Instanzen (Zielsetzung: Überleben) entstehen unausweichlich Zentralinstanzen (Zielsetzung: Überleben der Ordnung).

Wieso sollte das "unausweichlich" sein?

Die Tendenz der letzten Jahrzehnte geht doch eher in Richtung De-Zentralisierung: die Kolonialreiche - zerfallen, die Sowjetunion - aufgelöst, das Vereinigte Königreich - bald kleiner, Spanien - da war doch gerade etwas?


>>> Präzisiere das mal. Was passiert mit einer Masse, wenn sie sich nicht mehr ins Bockshorn jagen lässt.

Sie arbeitet zum Beispiel "schwarz" - oder sie wechselt die Seite und lässt sich von der "Zentralmacht" aushalten. Beides schwächt die "Zentralmacht".

> Schwarzarbeit aller als Lösung?

Käme auf einen Versuch an. <img src=" />

> Finanzamt hat nichts mehr zu tun und die Zentralmacht trocknet aus?

Stell' Dir vor, es ist Staat und keiner geht hin...


> Wie werden dann die öffentlichen Schulden besichert? Flötepiepen?

Die lösen sich zusammen mit dem Schuldner auf.
Das kommt früher oder später sowieso.

Nur unfähige Subjekte benötigen eine "Befähigung". Die anderen kümmern sich selbst.

> Sag ich ja. Und da wir alle unfähig sind, lassen wir uns auch gerne weiterhin befähigen.

Vielleicht solltest Du weniger von Dir auf andere schließen. :-)


> Jeder, der z.B. Geld nutzen will, um damit Käufe zu bezahlen, vertraut zweifach in die Zentralmachtordnung:
> 1. In die Eigenschaft Geld.
> 2. In das Rechts- und Haftungssystem (Kaufvertrag und "3,2,1, meins!")

Hmm; die Wenigsten werden beim Anblick eines Geldscheines solche theoretischen Überlegungen anstellen. Die vertrauen schlicht darauf, dass irgendwer ihnen diesen Zettel wieder abnimmt. Das kann natürlich in einer Ent-Täuschung enden.


> Steh morgen früh auf und sei du selbst, prüfe, ob du fähig bist dich aus deiner Ohnmacht zu befreien indem du nicht von zentralmachtbasierten Systemen/Regeln und Sicherheiten (Funktion des Geldes = ewige Option) abhängig bist.

Man kann die Abhängigkeit zumindest minimieren: "Jeder Mensch, der noch richtig tickt, bevorzugt Barter und Subsistenz".


>>> Ganz unabhängig von den derzeitigen Geschehnissen: Stell dir vor, es ist soweit und das Eigentum ist nicht mehr garantierbar.

Dann hätten wir Verhältnisse wie seinerzeit im "wilden" Westen. Die Besitzer organisierten sich selbst, um ihr Land zu verteidigen.

> Richtig, sie organisieren sich, um ihr Land vor äußeren Machteinflüssen zu verteidigen.

Naja. Ob marodierende Banden wirklich solche "Machteinflüsse" darstellen, würde ich bezweifeln.


> Keine Selbstorganisation (aus sich selbst heraus begründet), sondern durch äußere Mächte erzwungene Zentralisierung, die Schaffung einer Instanz (abgeschlossenen Einheit, VERTEIDIGUNG!).

Wieso "Zentralisierung"? Was ist an einer Bürgerwehr "zentral"?


>>> In diesem kranken Chaosglauben werden die Menschen das Töten lieben lernen ...

Glaub' ich nicht.

> Nicht? Du schreibst doch selbst: "Dann hätten wir Verhältnisse wie seinerzeit im "wilden" Westen. Die Besitzer organisierten sich selbst, um ihr Land zu verteidigen." Sicher nicht mit Maoams in der Tasche.

Zwischen Notwehr und "das Töten lieben" besteht doch wohl ein Unterschied.
Abgesehen davon würde ich aus ganz praktischer Erfahrung vermuten, dass die Notwehr nicht stattfindet. Aus falsch verstandener Bergpredigt heraus dürften die meisten Deutschen wohl eher ihr letztes Hemd hergeben...


>>> ... und des tötens wegen nach einer starken Hand (Führung) rufen.

Das ist eben das "Problem": die breite Masse will sich ja gar nicht selbst die Finger schmutzig machen. Deswegen hat sie ja ihr Gewaltpotential an "Institutionen" delegiert (Polizei, Streitkräfte).

> "Wofür" schmutzig machen? Erkläre doch einmal genau "wofür"!

Versteh' die Frage nicht.

> Sie kann sich die Finger nicht selbst schmutzig machen. Das ist doch gerade der Witz.

Natürlich könnte sie.
Als Rekruten im Krieg in die Pflicht genommen geht's doch auch halbwegs.


> Um sich gegen die äußeren Machteinflüsse (ur: Naturgewalten) zu stellen, bedarf es einer Instanz

Wieso?
Wenn es regnet bettelst Du doch auch nicht den Staat an, sondern spannst einen Regenschirm auf.


> Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass er {Zara} die Ursache der Jagd als "aus sich selbst heraus" entstanden sieht, statt sie konsequent auf die vorhandenen äußeren Machteinflüsse zurückzuführen.

Da das Deine These ist, bist Du in der Bringschuld.
Wo nimmst Du den ersten "vorhandenen äußeren Machteinfluss" her, der dann - auf welchem Wege? - für die Entstehung der ersten Zentralmacht sorgt?


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