Schulden in der Volkswirtschaft

Nico, Samstag, 28.02.2015, 08:09 (vor 3353 Tagen) @ azur3379 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 28.02.2015, 08:20

Hallo Nico,

Hallo azur!

es mag manches an dem sein, was Du sagst, aber das ist leider völlig
unrichtig:


„Geld“ ist eine Forderung und damit die Rückseite einer Schuld.


Das ist sehr falsch.

Wollen wir doch mal schauen …

Richtig ist, dass eine Schuld spiegelbildlich zu einer Forderung besteht.

Aber Geld ist eben keine Forderung, weil es eben nicht, wie eine Forderung
voraussetzt, einen konkreten Gläubiger aka Inhaber der Forderung sowie
eine konkreten Schulder sowie einen konkreten Inhalt der Forderung akia die
geschuldete Leistung.

Dann kannst du nun allgemeingültig erklären, was Geld ist? Das „Lexikon des Unwissens“ listet eben auch das Geld unter all dem auf, worauf es gemäß Untertitel des Buches „bisher keine Antwort gibt“. Sollte sich da also zwischenzeitlich etwas geändert haben, dann nenne bitte die Quellen. Vielleicht kann auch ich schon bald diesen Begriff gemäß der neuen und amtlichen Definition korrekt verwenden, und brauche diesen Begriff dann auch nicht mehr in Anführungszeichen zu setzen, wenn ich es vielleicht dennoch mal als „Rückseite einer Schuld“ bezeichne …

Es [Geld] ist ein Zahlungsmittel.

So weit ich das durchblicke scheitert eben gerade der Versuch, Geld über seine angeblichen Funktionen zu definieren. So bedeuten z.B. Spareinlagen wie das Sparbuch einen Bestandteil der s.g. „Geldmenge“. Diese genießen dabei auch einen recht hohen Rang in der Geld-Hierarchie (M2). „Spareinlagen sind unbefristet angenommene Einlagen, die nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt sind“, heißt es zumindest hier, und entspricht auch ganz meinen Erfahrungen. Wie ist das jetzt also? Ist die s.g. „Geldmenge“ nun die Menge des Geldes, oder was?

Ein Schuldner einer Geldforderng (es gibt jede
Menge andere Schulden, die nicht auf Geld lauten und nicht bezahlbar sind,
denn geschuldet werden können u. a. Sachübereignungen - im wesentlichen
via Kauf, Tausch, Schenkung, also z. B. Waren; Dienste; Nutzungen;
sonstiges Tun oder Unterlassen, wie etwa über Unterlassungserklärungen zu
verlangen) schuldet Geld. Das bezahlt er mit dem Zahlungsmittel.

Ist das Sparbuch also eine Geldforderung? Warum taucht es mit in der Geldmenge auf, und warum steht es in der Hierarchie über anderen Forderungen?

Ist umgekehrt das Giralgeld (M1) keine Geldforderung gegen eine Bank? Bei Wikipedia übrigens schon.

"Buchgeld (auch Giralgeld, Geschäftsbankengeld[1]) ist, als Forderung auf Bargeld"

http://de.wikipedia.org/wiki/Buchgeld

Eine Forderung ist ein Recht etwas zu verlangen. Geld ist kein Recht etwas
aus einer Forderung zu verlangen, weil es keine Forderung darstellen kann
(z. B. Bargeld ist im Eigentum des Eigenbesitzer, der aber damit gegen
niemanden eine Forderung gelten machen kann - sofern keine EM-Bindung). Die
Akzeptanz des Zahlungsmittels regelt § 14 BBankG.

Wieder etwas dazu gelernt …

Schulden entstehen durch Kauf, und das Gekaufte selbst wäre also die
„Grundlage“, auf der Geld (Schulden) ausgegeben werden.


Lass uns sicherheitshalber feststellen, wie das grundsätzlich ist.

Schulden entstehen entweder durch Gesetz (z. B. Steuern, Unterhalt,
Schadensersatz) oder auf Grund Rechtsgeschäft wie Vertrag.

Kauf ist eine Sonderform des Rechtsgeschäftes, geregelt im Besonderen
Teil des Schuldrechts (SchR-BT,
http://de.wikipedia.org/wiki/Schuldrecht_(Deutschland)#Rechtsquelle ; Kauf
§§ 433 ff.). Dafür gilt der Allgemeine Teil des Schuldrechts.

Also entstehen Schulden nicht nur auf Grund Kauf. Dass auf dem Grund des
Rechtsgeschäftes, also der Verpflichtungen daraus, hingewiesen wird, ist
nur gut. Das ist die Verpflichtungsebene.

Rechtsgrundloses wird kondiziert (z. B. Leistungskondiktion usw.).

Rechtsgrund: http://de.wikipedia.org/wiki/Causa_(Rechtsgrund)

Ja, ich beschreibe hier auch das zugrunde liegende Prinzip und nicht die Rechtsauslegungen. Von Relevanz ist dabei nicht die Herkunft der Schulden, sondern die Weise, wie die buchhalterische Gegenposition abgeschrieben wird. Geringwertiges etwa wird ebenfalls sofort abgeschrieben, womit es sich dann buchhalterisch auch im Prinzip so verhält, wie z.B. ein Ticket für falsch-parken. Auch das zum falsch-parken benötigte Auto wird abgeschrieben, es dauert nur halt etwas länger.

Sollte sich
dieses Gekaufte nun verflüchtigen (Wertberichtigung), dann führt

dieses

u.U. zum Konkurs. Das Mittels Kauf emittierte „Geld“ verschwindet

nun

mit dem Schuldner zusammen, d.h. es wird wegen Uneinbringlichkeit
ausgebucht.

Geld kauft nicht, Geld bezahlt,


Mit Geld wird gekauft. Mit Geld wird bezahlt.

Fürwahr ist dieses die mainstream-Auffassung, bei der zwischen Kaufen und Bezahlen versäumt wird zu unterscheiden. Zum Glück gibt es zwischenzeitlich den Debitismus. Hier wird nun endlich unterschieden, und wir definieren wie folgt:

Kaufen = sich verschulden

Bezahlen = Stellen eines Nachschuldners

Dies ist dann auch genau der Punkt, bei dem du, azur, stets auf zwei Hochzeiten zugleich tanzen willst. Oder willst du nun doch allgemein dazu anraten, das Konzept des Debitismus lieber zu verwerfen? Oder ist nur meine Auslegung falsch?

d.h. die Schuld erlischt, wenn der
Schuldschein zum Emittenten zurück gelangt.


Geld ist doch aber kein Schuldschein! Es ist niemals eine Forderung, weil
des dessen Voraussetzungen nicht erfüllt.

Schau azur, wir sprechen hier über Makro-Ökonomie und nicht über Betriebswirtschaft. In der Betriebswirtschaft werden Schulden bezahlt, in der Volkswirtschaft aber nicht. Diese läuft auf einen „Ewigkredit“ hinaus. So unterscheide ich entsprechend zwischen „Staatsgeld“ und „Kreditgeld“. Emittiert wird beides (für gewöhnlich) über die Entgegennahme einer Leistung (Leistung=alles was in Rechnung gestellt wird). Dieses nun haben beide Formen des Geldes gemeinsam, und macht sie so auch kompatibel. Was diese Formen des Geldes unterscheidet ist, dass Staatsgeld zinsfrei emittiert wird, während dem Kreditgeld der Zins anhaftet. Das, was in der Betriebswirtschaft das Wesen der Schuld ist, ist in der Volkswirtschaft aber das Wesen des Zinses., denn insgesamt betrachtet leisten wir nur den Zins, während wir die Schulden nie bezahlen. Wenn wir „Schuld“ als die Gegenseite einer Leistung (gem. o.g. Definition) definieren, dann ist Staatsgeld eine Schuld. Diese Schuld hat aber nicht den Charakter von Schulden, wie wir sie aus der Betriebswirtschaft kennen, in der Schulden nämlich wieder etwas sind, was zum Verschwinden gebracht werden muss. So bedeuten Banknoten (in Abgrenzung zu "Geld" bewusst gewählter Begriff) aus volkswirtschaftlicher Sicht Schulden und aus betriebswirtschaftlicher Sicht eben nicht - womit ich dir also auch in diesen Rahmen Recht gebe.

Schöne Grüße

--
... in Wirklichkeit ist ... immer alles ganz anders, als es ... in Wirklichkeit ist ...


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