Bilder- und Geschichtenwelt
Kommt drauf an. Komplexe Ereignisse sind schwer vorhersehbar, simple
Kausalitäten sind problemlos vorhersehbar. Kausalität ist völlig
unabhängig von der menschlichen Vorhersehbarkeit. Die Kausalität des
Wetters ist auf einen Tag hinaus hundertmal besser berechenbar als auf 10
Tage hinaus. Der Grad an Kausalität und damit an Prädestination bleibt
jedoch absolut gleich, auch auf eine Milliarde Tage hinaus, nämlich exakt
100 Prozent.
Ja, das bestreitet doch keiner, tut der Kausalität jedoch keinen
Abbruch.
Kausalität bedeutet nicht menschliches Vorhersehvermögen. Mir ist ein
Rätsel, warum immer wieder damit argumentiert wird.
Hallo Zarathustra,
Mit allem einverstanden.
Ergänzend sollten wir uns auch noch zusätzlich bewusst sein, dass wir mit der Benutzung des Wortes 'Kausalität' keinerlei Erklärung der Zusammenhänge vornehmen. Genaugenommen sagen wir doch nur, dass da irgendwas zusammenhängt. Ob die Ursache zur Wirkung wird oder die Wirkung vor der Ursache feststeht - das sind alles sehr menschliche Vorstellungen (Bilder) ohne Wissen. Auch unsere Notwendigkeit die Dinge mithilfe unserer Zeitvorstellung zu verstehen oder zu erklären, macht es nicht einfacher oder richtiger.
Ursache, Wirkung, Kausalität sind Begriffe, die nur in einem Begriffssystem - oder besser: in einer Vorstellungswelt -, getragen von unserer Vorstellung der 'Zeit' funktionieren ('Funktion' übrigens ebenfalls). Es ist die von unseren Vorfahren vor 2 Mio Jahren erfundene Bilder- und Geschichtenwelt die wir bis heute noch nicht hinter uns lassen konnten.
Wer weiß ob wir es je können.
Nach wie vor finde ich es nicht besser formuliert als bei Nietzsche (daher im Forum schon 4x von mir zitiert :
Man soll nicht "Ursache" und "Wirkung" fehlerhaft verdinglichen, wie es die Naturforscher tun (und wer gleich ihnen heute im Denken naturalisiert -) gemäß der herrschenden mechanistischen Tölpelei, welche die Ursache drücken und stoßen läßt, bis sie "wirkt"; man soll sich der "Ursache", der "Wirkung" eben nur als reiner Begriffe bedienen, das heißt als konventioneller Fiktionen zum Zweck der Bezeichnung, der Verständigung, nicht der Erklärung. Im "An-sich" gibt es nichts von "Kausal-Verbänden", von "Notwendigkeit", von "psychologischer Unfreiheit", da folgt nicht "die Wirkung auf die Ursache", da regiert kein "Gesetz". Wir sind es, die allein die Ursachen, das Nacheinander, das Für-einander, die Relativität, den Zwang, die Zahl, das Gesetz, die Freiheit, den Grund, den Zweck erdichtet haben; und wenn wir diese Zeichen-Welt als "an sich" in die Dinge hineindichten, hineinmischen, so treiben wir es noch einmal, wie wir es immer getrieben haben, nämlich mythologisch.
Ob es uns möglich ist, es nicht mythologisch zu treiben?
Meine Übung besteht darin, zu versuchen, meine Vorstellungswelt von der Zeitvorstellung zu bereinigen, die Begrifflichkeit neu zu sehen, mich ins von Nietzsche benannte An-Sich hineinzuversetzen.
Gelingt nicht dauerhaft, macht aber Spaß
Danke und Gruß
Hinterbänkler
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...und es gibt überhaupt gute Gründe dafür, zu mutmassen, daß in einigen Stücken die Götter insgesamt bei uns Menschen in die Schule gehen könnten. Wir Menschen sind - menschlicher ...
Friedrich Nietzsche 'Jenseits von Gut und Böse'