Auch die Vorgeschichte ist interessant (und eine zum Währungsverfall in 88) - @dottore (Privatnotenbanken und Bitcoin)

azur, Sonntag, 06.03.2016, 17:28 (vor 3264 Tagen) @ Martino6357 Views

Hallo Martino,

interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Vorgeschichte: https://de.wikipedia.org/wiki/The_Great_Game

"Als The Great Game oder Das Große Spiel[1] wird der historische Konflikt zwischen Großbritannien und Russland um die Vorherrschaft in Zentralasien bezeichnet. Er dauerte von 1813 (nach dem Rückzug von Napoleons Grande Armée aus Russland) mindestens bis zur Oktoberrevolution von 1917, de facto aber bis 1947 (dem Jahr des britischen Rückzugs aus Indien)."

Und auch das umreißt die Vorgeschichte um Russland, Osmanen, Persien (sieh die Geschichte die dortige Notenbank: https://de.wikipedia.org/wiki/Iranische_Zentralbank#Gr.C3.BCndungsgeschichte - die eingebundenen Personen spielten auch im "Great Game" und der britischen Kolonial- und Außenpolitik eine entscheidende Rolle*) und Kolonialmacht GB nur etwas.

*) Siehe dazu auch:

https://de.wikipedia.org/wiki/Morgan_Shuster

https://de.wikipedia.org/wiki/Bank_Melli_Iran

https://de.wikipedia.org/wiki/Anglo-iranischer_Vertrag_%281919%29

https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Sankt_Petersburg_%281907%29


Apropos Notenbank: https://de.wikipedia.org/wiki/8888_Uprising

"Seit 1962 wurde Birma vom Regime des Generals Ne Win autokratisch geführt. Im November 1987 boykottierten Studenten eine Entscheidung der Regierung, die Inlandswährung Birmas zurückzuziehen. Auslöser für die Unruhen war, dass Ne Win am 5. September 1987 neue Banknoten zu 45 und 90 Kyat ausgeben und die gängigen Werte zu 25, 35 und 75 Kyat kompensationslos entwerten ließ, wodurch ein Großteil des Vermögens der Bevölkerung schlagartig wertlos wurde."

Und wer hier bei Geld immer von beurkundeten Währungseinheiten redet (mal abgesehen davon, dass es ja auch Buchwährungen gab, wo es reine Forderungen auf Werteinheiten waren, die nicht in einem dafür vorgesehenen Verfahren ausgegeben wurden), der sollte sich verklaren, dass Beurkundung ein spezieller Begriff ist.

Es ist klar, dass eine Banknote oder eine Münze eine Urkunde ist, wenn sie die Voraussetzungen einer Urkunde erfüllen:

"Eine Urkunde ist jede verkörperte menschliche Gedankenerklärung mit Beweisbestimmung und Beweiseignung sowie Ausstellererkennbarkeit."
http://www.rechtswoerterbuch.de/recht/u/urkunde/

- menschliche Gedankenerklärung,
- verkörpert (also Sachqualität nach BGB, wie ein Geldschein oder Münze, bzw. jedes Bargeld, das immer Geld ist),
- muss Aussteller erkennen lassen.

Achtung: Die Google-Definiton ist falsch, weil viel, viel zu verkürzend:
"ein offizielles Dokument, mit dem etwas bescheinigt wird.
"eine Urkunde, die eine Ehe/eine Geburt/eine bestandene Prüfung bescheinigt"

Das stimmt so bestenfalls zum Teil! Weil, siehe die rechtliche Definition, auf die es hier ankommt (wie auf die der Schuld im Sinne einer Forderung im Debitismus - es gibt ja im Privatrecht, wie neulich auch Uwe erkannte, noch einen anderen Schuldbegriff, der dem im Strafrecht: Der "Vorwerfbarkeit" angelehnt ist - im Deliktsrecht, wie auch t. w. im Schuldrecht, wo das Verschulden auch definiert ist, wegen eines Vertreten müssens, im Sinne "eines Haften für" oder "Einstehen müssen für")

Damit ist meist auch jeder Brief, oder auch jeder Bierfilz, auf dem der Kellner Striche macht, eine Urkunde. Keinesfalls nur "offizielle Dokumente"!!!

Habe auch oft erklären müssen, dass es ein leider weit verbreiterter häufiger Fehler ist, anzunehmen eine Urkunde entstünde nur durch eine "Beurkundung". Der gesetzlich vorgesehene Zwang zur Beurkundung ist die Ausnahme zur Regel.

https://de.wikipedia.org/wiki/Beurkundung

Es ist von daher eigentlich nicht korrekt und mindestens irreführend, bei Banknoten von beurkundeten Geldeinheiten zu sprechen. Klar sind es Urkunden. Aber es kommt vielmehr darauf an, dass die Zahlungsmittel auf dem gesetzlich bestimmten Wege erzeugt wurden: Beschaffenheit wie gesetzlich vorgesehen, Ausgabe nur von dazu legitimierten.

@dottore, Du hast sicher noch gelesen, dass ich nicht Geld mit Geld erklären wollte, wenn ich sage: Schuldverhältnis ist Schuldverhältnis, Schuldtitel ist Schuldtitel und Geld ist Geld (Du hattest ja unlängst auf Hopi geantwortet, der da etwas missverstanden hatte). Das heißt nur, das eine ist vom jeweils anderen strikt zu trennen. http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=397230
"Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps - Nicht alles, was den Wortstamm "Schuld" verwendet, passtt!"

Die Definition, dass Geld Schuldtilgungsmittel und gesetzliches Zahlungsmittel ist (zumindest in moderneren Zeiten), ist schon nicht ganz verkehrt.

Die z. B. zu bedienende Forderung lautet auf eine bestimmte Menge einer Währung (zzgl. Zinsen usw.). Also kann man nur mit dieser bedienen bzw. rechtlich korrekt: erfüllen (tilgen).

Wenn eine Währung zwischenzeitlich nur als Buchwährung vorliegt, dann sind das nur Forderungen die auf diese Währung lauten. Wie beim Bitcoin muss man sich im Falle einer gewünschten Barauszahlung bei einer Buchwährung die Summe konvertieren und in einer vorhandenen (Bar-) Währung auszahlen lassen.

Der Rubel war z. B. zwischenzeitlich eine reine https://de.wikipedia.org/wiki/Rechnungsw%C3%A4hrung

https://de.wikipedia.org/wiki/Rubel#16._Jahrhundert

"Rechnungswährung

Rechnungsmünzen waren Rechengrößen einer Währung oder einer Rechnungswährung im Rechnungswesen, die nicht als Münzen existierten.[1]

Rechnungsmünzen existierten als theoretisches Zählmaß bzw. Zählmünze für Münzen und wurden bedingt durch Münzverschlechterung später oft selbst zu Münznominalen. Umgekehrt wurden früher einmal als Nominale einer Währung geprägte Münzen später Rechnungsmünzen.

Frühe Rechnungswährungen in „Buchgeldform auf Konten“ entstanden aus dem Bemühen der Kaufleute heraus, sich unabhängig zu machen von:

staatlichen Münzverschlechterungen
der natürlichen Geldabnutzung im Umlauf
dem „Kippen und Wippen“ der Münzen durch Geldwechsler und Spekulanten
der großen Vielzahl verschiedener länderspezifischer Währungssysteme .

Ein gutes Beispiel war die Genuesische Lira di Banco, deren verrechnungsmäßiger, theoretischer Goldgehalt mit umgerechnet 0,328 g Gold von 1675 bis 1793 konstant war..."

Wer eine Auszahlung wollte, musste sich diese Währung in einer anderen Währung auszahlen lassen, die in Bar vorlag (wie ja die Mehrzahl).

Also bitte Vorsicht mit "Beurkundung". Das ist kein direktes Kriterium, weil kaum besonderes, für Geld.

Merke Bitte: Urkunden entstehen immer auch ohne Beurkundungen.

Natürlich sind Bargelder Urkunden. Aber das ist auch jede TÜV-Plakette oder jedes Nummernschild, die auch Sacheigenschaft haben.

Das besondere beim Geld ist, wer diese Sache erzeugen und ausgeben darf. Und, wie die Sacheigenschaften gesetzlich definiert sind.

Nur bei Geld ist vorgesehen, dass das ausschließlich mit staatlicher Lizenz und nach staatlichen Vorgaben (auch bei der EZB) erzeugt werden kann. Eben "ausgegeben", wie der Fachbegriff dafür lautet. Und zwar nicht nur im Recht.

Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Privatnotenbank

"Überblick

Bei einer Privatnotenbank handelt es sich um eine Zettel-, Wechsel- oder Notenbank in privatem Besitz. Der Umsatz dieses Kreditinstituts erfolgte durch Ein- und Ausgabe von Währungen. Historisch wurden Münzen, Bancozettel, Kassenanweisungen oder Banknoten herausgegeben.

Die privaten Rechte, eine Währung auszugeben, wurden erst durch entsprechende Gesetze wie das Geldregal oder das Währungsmonopol eingeschränkt. Oft war die privilegierte Herausgabe an Notenbanken zugeteilt worden, die privat organisiert waren.

Von den 1844 noch 300 bestehenden Notenbanken existierten 1901 noch 60 in England. 1921 beendete die letzte Privatnotenbank dort die Herausgabe von Banknoten. Nun bestanden im Vereinigten Königreich noch 9 schottische und 5 irische Privatnotenbanken.[11]

Mit dem Ende des Kaiserreiches 1918 bestanden nur noch vier Privatnotenbanken in Deutschland: die Bayerische Notenbank in München, Badische Bank in Mannheim, die Sächsische Notenbank in Dresden und die Württembergische Notenbank in Stuttgart. Zur Regelung der Rechtsstellung dieser Banken wurde das Privatnotenbankgesatz vom 30. August 1924 erlassen.[12]

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde das Notenprivileg dieser Banken aufgehoben. Formal wurde dabei ein Kündigungsrecht nach Ablauf von 10 Jahren aus dem Gesetz von 1924 genutzt, so dass die Banken zum 31. Dezember 1934 ihre Notengeschäfte einstellen mussten. Die Banknoten wurden bis Ende 1936 eingezogen und durch Reichsbanknoten ersetzt. Damit endete in Deutschland die Geschichte der Privatnotenbanken.

Das Währungsmonopol wurde weltweit fast ausnahmslos nur noch Notenbanken in nicht-privater Trägerschaft zugeteilt. Eine dieser Ausnahmen ist das Vereinigte Königreich, wo bis heute drei schottische Banken und vier nordirische Banken noch das Recht haben, eigene Banknoten herauszugeben.
Heutige Situation

Auch heute noch sind eine Reihe von Zentralbanken ganz oder teilweise im Besitz von Privaten. Dies ist jedoch Scheineigentum, da die Eigentümer im Bezug auf die hoheitlichen Aufgaben und die Fragen der Geldschöpfung ihre Eigentümerrechte nicht wahrnehmen können.

Die Banca d’Italia gehört 60 Aktionären (Banken und Versicherungen). Größte Aktionäre sind Intesa Sanpaolo (30,34 %) und Unicredit (22,11 %).
Die Schweizerische Nationalbank ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Mehr als die Hälfte der Namensaktien gehören jedoch Kantonen und Kantonalbanken.
Die US-amerikanische Fed hat private Anteilseigner: Die zwölf regionalen Reserve Banks sind teilweise im Besitz ihrer Mitglieder, der amerikanischen Geschäftsbanken.[13]

Wissenschaftliche Diskussion

Einige Wissenschaftler argumentieren für die Realisierung eines Free Banking. Sie fordern einen Verzicht auf staatliche Bankenregulierung und die Regulierung der Geschäfts- und Notenbanken durch marktwirtschaftlichen Wettbewerb und unabhängige private Institutionen (z. B. Verbraucherschutzorganisationen). In der Konsequenz würde dies die unbeschränkte Zulassung von Privatnotenbanken ermöglichen. Diese Position ist in der Wirtschaftswissenschaft eine klare Minderheitenposition.[14]..."

Ausgabe ist hier eher im Sinne einer staatlich lizensierten Herausgabe. Herausgabe hier nicht wie im sachenrechtlichen Sinne(!!), sondern wie z. B. im Verlagswesen.

Viele freundliche Grüße

azur

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