Freiheit, aber wovon?
Ob es besonders sinnvoll ist, sich über Definitionen zu streiten, weiß
ich nicht?
Es ging ja mit "Pseudolibertär" los. Also muss Zara ja eine Vorstellung von Aletheio- oder Ortholibertarismus haben.
Viel wichtiger scheint mir, zu erkennen, daß Libertarianismus,
Libertarismus, Liberalismus oder Neoliberalismus in schönen Worten ein
eiskaltes Programm zur Entrechtung und Verelendung der breiten Massen
propagieren, bei dem am Ende nur einer zahlenmäßig extrem schmalen
Schicht von Reichen und Starken die Vorteile dieser Art von *Freiheit*
zugutekommen.Man kann das geradezu lehrbuchhaft anhand der liberalkapitalistischen und
von der City of London finanzierten französischen Revolution beobachten.
Freiheit im libertären Sinn heisst Abwesenheit von Zwang. Also "negative Freiheit". Was Du meinst, ist Freiheit zu XYZ (Arbeit, Brot, etc), deren Verwirklichung aber wiederum den Eingriff in anderer Menschen Freiheitsrechte erfordert. Leider hat diese "Freiheit" auch noch den nett klingenden Zusatz "positive Freiheit".
Hayek dazu:
"Für die großen Apostel der politischen Freiheit hatte dieses Wort Befreiung von Despotie bedeutet, Befreiung von der Willkür anderer, Befreiung von dem Gehorsam gegenüber den Befehlen eines Vorgesetzten, von dem es abhängig war. Die neue Freiheit dagegen, die in Aussicht gestellt wurde, sollte eine Freiheit von Not sein, eine Befreiung aus dem Zwang der Umstände, die uns alle nur eine begrenzte Wahl der Lebensgüter lassen, wenn auch für den einen sehr viel mehr als für den anderen ... Freiheit in diesem Sinn ist natürlich nur ein anderer Ausdruck für Macht oder Reichtum ... Worauf das Versprechen in Wahrheit hinauslief, war die Zusicherung, daß die bestehenden großen Unterschiede in den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Individuen beseitigt werden sollten. Wenn man also die neue Freiheit forderte, so meinte man damit nichts anderes als den alten Anspruch auf gleichmäßige Besitzverteilung."
(Der Weg zur Knechtschaft, 2. Aufl., München 1971, S. 46/47)
Da "Freiheit = Abwesenheit von Zwang" ein Zirkelschluss ist, hat es mal der deutsche Libertäre Hardy Bouillon so präzisiert:
"Ein Mensch ist frei, solange er ein Angebot kostenlos ablehnen kann.“
http://www.gkpn.de/bouillon1.pdf
Bzgl. der Verelendung breiter Massen durch ein mehr an Freiheit, so gibt es zuallermindest unterschiedliche Lesarten.
Da Du die Getreidepolitik der Franzosen ansprichst, hier ein Gegenbeispiel aus England, die "Manchesterkapitalisten", denen dank Bismarck bis heute der Ruf vorauseilt, ihnen ginge es darum Kinder in Bergwerke zu schicken, die aber damals als "champions of the poor" galten und die gegen die Corn Laws (Getreideimportzölle) zu Felde gezogen sind:
"Cobden sorgte mit Reden in ganz England dafür, dass die Idee des Freihandels populär wurde; seine Anti-Corn Law League unterstützte ihn mit über neun Millionen Broschüren. Daraufhin gingen über 2000 Petitionen mit über 1,5 Millionen Unterschriften im Unterhaus ein. Die konservative Regierung (Tories) um Premierminister Robert Peel kam nicht darum herum, die Corn Laws abzuschaffen. 1846 fielen die Corn Laws; nach 1847 musste kein Brite mehr in Friedenszeiten hungern.
Die positiven Auswirkungen des Falls der Corn Laws hatten Vorbildcharakter. Nach und nach fiel eine Handelbeschränkung nach der anderen, und stets profitiert die britische Wirtschaft und vor allem die großen Arbeitermassen. Für Cobdens Verdienste haben ihm britische Arbeiter Denkmäler aufgestellt. Richard Cobden galt als „Champion of the Poor“.
Der Cobden-Vertrag ist ein bilaterales Abkommen zwischen Großbritannien und Frankreich aus dem Jahr 1860. Der Cobden-Vertrag sorgte dafür, dass allein auf britischer Seite 371 Zölle fielen, er hatte in ganz Europa Vorbildcharakter.
Richard Cobdens Arbeit zielte ausschließlich auf die Verbesserung der Situation der Armen hin. Mit der Abschaffung der Corn Laws und zahlreicher Handelsbeschränkungen hat er auch deren Situation verbessert. Für dieses politische Ziel verschuldete er sich so, dass politische Freunde für ihn um Spenden warben.
Nichts demonstriert Cobdens uneigennützigen Idealismus so sehr, wie seine Haltung zum Sezessionskrieg in den Vereinigten Staaten. Er hat die Befreiung der Sklaven begrüßt, ohne Rücksicht darauf, dass die Südstaaten freihändlerisch waren und die Nordstaaten protektionistisch - und dass er selbst wirtschaftlich darunter litt, da nun die Baumwollimporte aus den Südstaaten geringer wurden. Richard Cobden und andere Manchesterliberale sorgten dafür, dass sich Großbritannien aus dem Krieg heraushielt. Für die Arbeiter, deren Existenz von der amerikanischen Baumwolle abhing, sammelte Cobden Spenden."
http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Cobden
Siehe auch:
Mythos Manchestertum
http://www.d-perspektive.de/zeitreport-online/kultur-und-geschichte/detailansicht/artic...
Der liberale Freiheitsheld Turgot wollte das gegen den Hunger revoltierende >Volk auf der Stelle erschießen lassen und ihm verbieten, ohne spezielle >Erlaubnis das eigene Dorf zu verlassen.
Ich habe mich noch nicht mit Turgot beschäftigt, aber wenn das stimmt, was Du schreibst, dann ist Turgot so sehr ein "Liberaler Freiheitsheld" wie Kim-Ill-Sung ein Volksdemokrat ist.
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“We are on strike against the dogma that the pursuit of one’s happiness is evil. We are on strike against the doctrine that life is guilt." John Galt
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