da muß ich nochmal kurz nachfragen, ob ich Dich richtig verstanden habe

politicaleconomy, Freitag, 06.02.2015, 18:02 (vor 3959 Tagen) @ Zarathustra4870 Views

Hallo,

Hi,


Hallo PE!

Vielen Dank für die schöne Grafik. Eine Bitte: könntest Du jetzt

bitte

auch Grafiken für die Gegenbuchung posten, also für die den

griechischen

schrumpfenden Defiziten gegenüberstehenden schrumpfenden

Überschüsse?


Das ist doch einfach. Dazu musst Du die Grafik nur umdrehen, dann

siehst

Du die Gegenbuchung bei der Restwelt.


Mann, das ist doch klar.

Ich will wissen, WER GENAU die Gegenbuchung übernimmt. Wenn GR seine
Importe senkt, senkt es damit die Exporte anderer Länder. Welcher

Länder?

Und wie werden diese Länder auf den Rückgang ihrer Exporte reagieren?


Warum willst Du das wissen? Da musst Du halt die griechischen
Import-Export-Statistiken konsultieren.

Ich möchte es gern von DIR wissen ... und würde gern Deinen Blick mal auf die Gegenbuchung lenken, erstmal anhand des konkreten Beispiels GR heute. Also ... ich wäre Dir sehr dankbar, wenn Du die entsprechenden Statistiken kurz reinstellen könntest. Danke!

Wenn GR seine Exporte steigert, steigert es damit die Importe anderer
Länder. Welcher Länder?


Spielt das jetzt eine Rolle, wen es gerade trifft und wie stark? Ich weiss
nicht, worauf Du hinaus willst.

Es spielt eine Rolle, daß es auf jeden Fall jemanden trifft - und warum nicht anhand eines konkreten Beispiels mal genauer schauen, was dieses "Treffen" eigentlich bewirkt?

Und wie werden diese Länder reagieren?


Die einen so, die anderen anders. Einige durch Innovation
(marktwirtschaftlich), andere durch Protektion (planwirtschaftlich).

Durch Innovation aber nur, wenn nicht auch der bequemere Weg durch Lohnsenkung offensteht ... wer nochmal hatte diesen Weg so weit geöffnet, wie er jetzt offensteht?

Bitte schau doch mal konkret, wie es in der aktuellen Situation läuft, s.o.

Dann wäre noch schön, wenn Du vergleichen würdest, mit

welchen

Mitteln [/i]GR seine Leistungsbilanz verbessert hat, und mit

welchen

Mitteln die Überschussländer (speziell D) ihre.


Das Mittel war Importsenkung und Exportsteigerung.


Mann, das ist doch klar. Mit welchen Mitteln haben die Griechen ihre
Exporte gesteigert?


Mittels vom Markt oder von der Troika erzwungener Reformen, die ja gemäss
Varoufakis sowies hätten in Angriff genommen werden müssen.

Zu 60-70%. Die restlichen 30-40%: Lohnsenkungen, Entlassungen, Sozial- und Gesundheitsabbau mit dem Ergebnis u.a. exorbitant gestiegener Selbstmordraten.

Und ihre Importe gesenkt?


Durch weniger Kreditaufnahme (-Möglichkeiten). Ohne Moos nix los.

Vielleicht auch dadurch, daß man seine Bevölkerung ausgehungert hat wie 1919ff. die deutsche Regierung das tun mußte, um die Reparationen zurückzuzahlen? Was nicht konsumiert werden kann, braucht nicht importiert zu werden ... müßte GR für den Aufbau einer wettbewerbsfähigen Industrie nicht vielmehr Investitionsgüterimporte steigern?

Mit welchen Mitteln haben die
Deutschen zuvor dasselbe gemacht?


Hm, die steigen eigentlich stetig, aber nicht so schnell wie die Exporte.

Die Differenz zwischen Exporten und Importen sind ja das ausschlaggebende.

[image]

Nach GR konnte man zuviel exportieren, weil die Griechen zuviel Kredite
aufgenommen haben; was gleichzeitig bedeutet, dass ihnen zuviel Kredit
eingeräumt wurde.

Aha, und warum?

Man kann ja bekanntlich
die relative Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen über

Innovationen

oder über Lohnsenkungen verbessern


Das ist richtig. Entweder oder. Oder auch beides gleichermassen.


Natürlich auch in Kombination. Nun fragt sich, wer ist wofür

zuständig?

Ein einzelnes Unternehmen hat beide Optionen. Lohnsenkungen sind

natürlich

bequemer, sie reduzieren den Druck, innovativ sein zu müssen. Läßt

man

also zu, daß Unternehmen um niedrige Löhne konkurrieren können, zum
Beispiel durch die Aufhebung von Flächentarifverträgen, nimmt man
Innovationsdruck weg. Gegenüber den Ländern, die den Innovationsdruck
aufrechterhalten, können so langfristig große Wettbewerbsnachteile
entstehen ...


Wie gesagt, in der Schweiz hat man viel weniger derartige Regulierungen
'pro Arbeitnehmer', und gerade deswegen kein Lohndumping. (siehe Antwort an
DT)

Welcher Anteil des Sozialprodukts in der Schweiz wird denn durch Banken "erwirtschaftet"?

Korruptions- und Bürokratieabbau wäre wohl viel entscheidender als
Lohnsenkung, aber offensichtlich auch wesentlich schwieriger.
Das ist auch das Dilemma in Russland und in der Ukraine. Wie

beseitigt

man

eine alteingesessene Komplizenschaft der Oligarchie mit der Regierung?


Das ist richtig. Es ist aber auch das Problem im Westen. Varoufakis hat
dazu in seiner Pressekonferenz (sinngemäß) gesagt:

Die von der Troika geforderten Reformen sind richtig, zu 60 bis 70%
bestehen sie aus Dingen, die wir sowieso machen wollen sollten.


Sieh' an, sieh' an. Blasphemie!!

Nun, zu den falschen 30-40% (bottom of the list) schweigt er auch nicht, während Du diese samt der Folgen höherer Selbstmordraten für "Bereinigung" hältst.

Aber die

geforderten Reformen sind nicht umfassend genug, weil sie die "most

extreme

cases of rent-seeking" unberührt lassen. [/b] Würde man eine Liste

der

"attacked points" nach ihrer Bedeutsamkeit erstellen, dann würde

bisher

nur der "bottom part" in Angriff genommen - der Top Part nicht.


Ja, leider. Man kann ihm nur die Daumen drücken, dass es ihm gelingen
möge, die Seilschaften der erwähnten Komplizenschaft zu zerschlagen. Bin
hier ganz Deiner (und seiner) Meinung.

Spezifiziert hat er das nicht. Was er damit meinen könnte, ergibt sich
aber aus dem Kontext seiner sonstigen Äußerungen:

die

Griechen hätten nicht zuwenig, sondern ZUVIEL Kredit bekommen und

hätten

diesen nie annehmen dürfen[/link].


So ist es.

Ein Hinweis auf massive Korruption nicht in GR, sondern bei den
kreditgebenden (griechischen und internationalen) BANKEN: deren
Geschäftsmodell beruht nämlich mittlerweile darauf, bankrotte
Kreditnehmer weiterhin zu finanzieren, solange sich nur Staaten dafür
bereiterklären, dafür zu haften. Auf diese Weise machen die Banken

fette

Gewinne, die Staatshaushalte explodieren, und nach der herrschenden
Ideologie sollen sie dann wieder abgebaut werden, indem man den unteren

90%

alles nimmt: Sozial- und Gesundheitssystem, Renten, Löhne - you name

it.


Ja, das sehe ich genauso. 'Schuldig' sind beide Seiten, wie ich schon
sagte; sowohl derjenige, der zuviel Kredit nimmt, genauso wie diejenigen,
die zuviel Kredit einräumten.

Nun, der, der den Kredit einräumt und dann die Forderungen hält, ist ja letztlich - wenn auch vermittelt übers Bankensystem - immer das Überschußland, das die Gegenbuchung zu den Defiziten des Defizitlands hat.

Weder zuviel noch zuwenig Kredit wäre dann eben eine ausgeglichene Leistungsbilanz ...

Das sollten Schäuble und Varoufakis
gemeinsam genau so kommunizieren.

Dafür brauchen sie den Konsens mit den herrschenden Politikern, denen

sie

dieses Regime der Umverteilung von unten nach oben als "alternativlos"
(TINA) präsentieren.

Er nennt dieses Regime treffend die BANKRUPTOCRACY (ich

ergänze:

des "Washington Consensus" zwischen Wall Street, den dort ansässigen
internationalen Organisationen IMF und Weltbank, und der US-Regierung).

Und

seine Herrschaft begann schon viel früher, wie Varoufakis in seinem

Buch

"The Global Minotaur" zeigt - eine erste Manifestation war die
Schuldenkrise der Entwicklungsländer. "Princes of the Yen" (zu finden

per

forensuche) liefert weitere Bausteine zu einem schlüssigen Gesamtbild.


Zum

"Charme

des untersicherten Kredits[/link]", dem Mittel der Bankruptocracy,

hatte

ich früher schon mal etwas geschrieben.


Das ist auch meine Position. Ein Grosskonzerne rettender Staat ist das
Uebel. Das ist das Gegenteil von Liberalismus.

Nur, warum rettet der Staat denn die Finanz- und Großkonzerne, die Du aus der Schußlinie nimmst? Weil sie den Staat über Lobbyismus und ideologische Propaganda gekapert und für sich funktionalisiert haben.

Darüber schweigst Du, weil Dein Buhmann nur der Staat allein ist. Und im selben Atemzug unterstützt Du, wie diese Konzerne - die Bankruptocracy - die Have-Nots systematisch ausbeuten, indem sie diese für ihre toxischen assets haften lassen (bailouts).

Da muß man schon Roß und Reiter richtig benennen - und Du vertauschst beide systematisch. Damit stützt Du die Bankruptocracy.

DAS ist die massive Korruption, die wir bekämpfen müssen - und ihr
Zentrum sitzt an der Wall Street, im Finanzzentrum des globalen
Kapitalismus.


Kein Widerspruch.

Habe ich aber von Dir noch nie so gehört - stattdessen plädierst Du, wie ich Dich verstehe, in deren Interesse für die Umbuchung ihrer Verluste in die Konten der bottom 90%.


Ja, aber was soll das heissen, es 'muss'?


Es soll heißen, daß Leistungsbilanzungleichgewichte normal und
unvermeidlich sind, aber nicht dauerhaft werden dürfen.


Dauerhaft geht so etwas nur, wenn korrupterweise politisch protegierte
Kredite eingeräumt werden, wo eine private, nicht protegierte Bank niemals
mehr einen solchen einräumen würde.

Nein, es geht nur, wenn es politisch nicht unterbunden wird.

Deshalb muß es
internationale Institutionen geben, die im Auftrag aller auf einen
Ausgleich hinwirken, d.h. Defizitsünder UND Überschuß-Sünder zum

Abbau

der Ungleichgewichte anhalten.


Es müsste Institutionen geben, die dafür sorgen, dass es nicht zu dem
oben erwähnten Kreditfluss durch Banken kommen kann, die unter politischem
Protektorat stehen.

Aha ... und wie genau stellst Du Dir das vor. Danke.

Oder allgemeiner: es darf in einem echten liberalen
Umfeld überhaupt keine Firmen geben, die unter dem Protektorat der Politik
stehen.

Aha.

Aber das ist halt Utopie.

Nun sagst Du: eigentlich sollten ja die Großbanken nicht den Staat funktionalisieren können, um ihre Verluste auf die bottom 90% abwälzen zu können. Aber gut, das das ist halt Utopie ... ist halt so. Lassen wir sie halt, da kann man eh nix machen.

Bei den Gewerkschaften dagegen, die natürlich den Staat ebenfalls in ihrem Interesse funktionalisieren wollen, sehen Deine Aussagen ganz anders aus - die willst Du bekämpfen.

Richtig?


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung

Wandere aus, solange es noch geht.