Nochmal nachgefragt
Hi,
Vielen Dank für die schöne Grafik. Eine Bitte: könntest Du jetzt
bitte
auch Grafiken für die Gegenbuchung posten, also für die den
griechischen
schrumpfenden Defiziten gegenüberstehenden schrumpfenden Überschüsse?
Das ist doch einfach. Dazu musst Du die Grafik nur umdrehen, dann siehst
Du die Gegenbuchung bei der Restwelt.
Mann, das ist doch klar.
Ich will wissen, WER GENAU die Gegenbuchung übernimmt. Wenn GR seine Importe senkt, senkt es damit die Exporte anderer Länder. Welcher Länder? Und wie werden diese Länder auf den Rückgang ihrer Exporte reagieren?
Wenn GR seine Exporte steigert, steigert es damit die Importe anderer Länder. Welcher Länder? Und wie werden diese Länder reagieren?
Dann wäre noch schön, wenn Du vergleichen würdest, mit welchen
Mitteln GR seine Leistungsbilanz verbessert hat, und mit welchen
Mitteln die Überschussländer (speziell D) ihre.
Das Mittel war Importsenkung und Exportsteigerung.
Mann, das ist doch klar. Mit welchen Mitteln haben die Griechen ihre Exporte gesteigert? Und ihre Importe gesenkt? Mit welchen Mitteln haben die Deutschen zuvor dasselbe gemacht?
Man kann ja bekanntlich
die relative Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen über
Innovationen
oder über Lohnsenkungen verbessern
Das ist richtig. Entweder oder. Oder auch beides gleichermassen.
Natürlich auch in Kombination. Nun fragt sich, wer ist wofür zuständig? Ein einzelnes Unternehmen hat beide Optionen. Lohnsenkungen sind natürlich bequemer, sie reduzieren den Druck, innovativ sein zu müssen. Läßt man also zu, daß Unternehmen um niedrige Löhne konkurrieren können, zum Beispiel durch die Aufhebung von Flächentarifverträgen, nimmt man Innovationsdruck weg. Gegenüber den Ländern, die den Innovationsdruck aufrechterhalten, können so langfristig große Wettbewerbsnachteile entstehen ...
Korruptions- und Bürokratieabbau wäre wohl viel entscheidender als
Lohnsenkung, aber offensichtlich auch wesentlich schwieriger.
Das ist auch das Dilemma in Russland und in der Ukraine. Wie beseitigt man
eine alteingesessene Komplizenschaft der Oligarchie mit der Regierung?
Das ist richtig. Es ist aber auch das Problem im Westen. Varoufakis hat dazu in seiner Pressekonferenz (sinngemäß) gesagt:
Die von der Troika geforderten Reformen sind richtig, zu 60 bis 70% bestehen sie aus Dingen, die wir sowieso machen wollen sollten. Aber die geforderten Reformen sind nicht umfassend genug, weil sie die "most extreme cases of rent-seeking" unberührt lassen. Würde man eine Liste der "attacked points" nach ihrer Bedeutsamkeit erstellen, dann würde bisher nur der "bottom part" in Angriff genommen - der Top Part nicht.
Spezifiziert hat er das nicht. Was er damit meinen könnte, ergibt sich aber aus dem Kontext seiner sonstigen Äußerungen: die Griechen hätten nicht zuwenig, sondern ZUVIEL Kredit bekommen und hätten diesen nie annehmen dürfen.
Ein Hinweis auf massive Korruption nicht in GR, sondern bei den kreditgebenden (griechischen und internationalen) BANKEN: deren Geschäftsmodell beruht nämlich mittlerweile darauf, bankrotte Kreditnehmer weiterhin zu finanzieren, solange sich nur Staaten dafür bereiterklären, dafür zu haften. Auf diese Weise machen die Banken fette Gewinne, die Staatshaushalte explodieren, und nach der herrschenden Ideologie sollen sie dann wieder abgebaut werden, indem man den unteren 90% alles nimmt: Sozial- und Gesundheitssystem, Renten, Löhne - you name it.
Dafür brauchen sie den Konsens mit den herrschenden Politikern, denen sie dieses Regime der Umverteilung von unten nach oben als "alternativlos" (TINA) präsentieren.
Er nennt dieses Regime treffend die BANKRUPTOCRACY (ich ergänze: des "Washington Consensus" zwischen Wall Street, den dort ansässigen internationalen Organisationen IMF und Weltbank, und der US-Regierung). Und seine Herrschaft begann schon viel früher, wie Varoufakis in seinem Buch "The Global Minotaur" zeigt - eine erste Manifestation war die Schuldenkrise der Entwicklungsländer. "Princes of the Yen" (zu finden per forensuche) liefert weitere Bausteine zu einem schlüssigen Gesamtbild.
Zum "Charme des untersicherten Kredits", dem Mittel der Bankruptocracy, hatte ich früher schon mal etwas geschrieben.
DAS ist die massive Korruption, die wir bekämpfen müssen - und ihr Zentrum sitzt an der Wall Street, im Finanzzentrum des globalen Kapitalismus.
Vielleicht durch einen Aufstand (Maidan), wenn man Glück hat.
Den bräuchten wir auch in New York und Washington.
Es könnte
aber auch mehrere benötigen, weil Fettaugen bekanntlich die Tendenz haben,
stets obenauf zu schwimmen. Diese hyperflexiblen Wendehälse drehen ihren
Hals problemlos um 180 Grad oder noch weiter. Aus atheistischen Leninisten
werden – schwupps - orthodoxe Christenpartriarchen. Einmal ein Dreckskerl
– immer ein Dreckskerl. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Mh, schön gesagt. Nur: die wichtigsten Fettaugen hast du vergessen (s.o.).
Und zu welchen Folgen das sowohl in Überschuß- als auch in
Defizitländern geführt hat.(Es ist eigentlich ja bekannt, wer in der Eurozone mit der
deflationären
Lohnsenkungsspirale im Namen der "New Labour" begonnen hat - das
eigentlich "warum" dagegen scheint eher im Dunkeln zu liegen, hier
bietet
Varoufakis interessante neue Perspektiven).
Und wenn Du uns dann noch erklärst, wie man es hinbekommt, den
Wettbewerb
so zu organisieren, daß um bessere Innovationen konkurriert wird,
anstatt
nur um die niedrigsten Löhne, wäre das prima.
Siehe hierzu auch meine Antwort an @DT.
Das würde ich gern hier nochmal en detail erläutert hören, wenn möglich. Danke.
Ich kann Dir allerdings sagen, was ich dazu denke:
1) Den Unternehmen muß die Möglichkeit genommen werden, um niedrige
Löhne zu konkurrieren (durch Flächentarifverträge), um den
Innovationsdruck aufrechtzuerhalten (der sonst wegfällt).
Das sehe ich nicht so. Diese Möglichkeit entfällt in der Schweiz gerade
deshalb, weil es weniger Regulierungen 'zugunsten' der Lohnarbeiter gibt.
2) Jedes Land muß sich seinen konkreten Verhältnissen anpassen - d.h.
es
darf weder ÜBER noch UNTER seinen Verhältnissen leben.
Ja, aber was soll das heissen, es 'muss'?
Es soll heißen, daß Leistungsbilanzungleichgewichte normal und unvermeidlich sind, aber nicht dauerhaft werden dürfen. Deshalb muß es internationale Institutionen geben, die im Auftrag aller auf einen Ausgleich hinwirken, d.h. Defizitsünder UND Überschuß-Sünder zum Abbau der Ungleichgewichte anhalten.
Gruß
PE