Bitcoin ist vor allem menschlicher Konsens, nicht die Macht einer Machine

CalBaer, Freitag, 08.01.2016, 21:27 (vor 3317 Tagen) @ BillHicks3686 Views
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 08.01.2016, 21:36

Kreditbeziehungen koennen in der Blockchain genauso eingegangen werden,


Wie denn genau?

Indem auch privatrechtliche (Kauf-)Vertraege in der Blockchain "versiegelt" werden.

Ich spreche davon was passiert, wenn Du als natürliche Person (Träger
von Rechten und Pflichten) einen Kaufvertrag abschließt. Kommt dieser
zustande existiert eine Kreditbeziehung aus dem Kauf (Kaufen, d.h.
bei Dir entsteht eine Ausgabe, beim Verkäufer eine Einnahme).
Diese kann - je nach Vertragsdetails - sofort oder nach einiger Zeit (z.B.
90 Tage) zu tilgen sein (Bezahlen, d.h. bei Dir entsteht eine
Auszahlung, beim Bezahlten eine Einzahlung).

Ja, warum soll das mit Bezahlung in Bitcoins nicht moeglich sein?

Der Konsens der 51%-Mehrheit, die diese Algorithmen ueberwachen,

bestimmt

dann quasi, wer Eigentuemer wird.


Da geht es um Besitz. Wer ist der Besitzer? Der Algo entscheidet. Fertig.

Nochmal, nicht der Algorithmus entscheidet. Es sind die Betreiber, die diesen Algorithmus steuern. Sie koennen ihn jederzeit abschalten oder aendern. Allerdings muss ein 51%er Konsens zu Stande kommen, damit sich die Entscheidung technisch durchsetzt (Erscheinen in der Blockchain = oeffentliches Bestandsbuch).

Die 51%-Mehrheit wird zum Defakto-Staat,
gegen den der klassische Staat nicht viel ausrichten kann. Erst spaeter
wird sich daraus ein formales Staatssystem herausbilden.


Hm... eine interessante Perspektive. "Recht" als ergebnis der "reinen
Logik" (diesmal festgeschrieben in ein Computerprogramm, einen
Algorithmus)...

Eben nicht festgeschrieben in einem Computerprogramm. Die Entwickler schreiben es zwar fest, aber die Miner entscheiden, ob sie es und welche Version sie einsetzen. Die 51%-Mehrheit der Miner wird damit quasi zur einer "Rechts"-Instanz.

Schon der Versuch dürfte ein kolossales Desaster werden. Hier liegt
meiner unmaßgeblichen Ansicht nach eine Verwechslung von Kompliziertheit
und Komplexität vor. Mal wieder.

Welches Desaster? Das Blockchain-System funktioniert seit 7 Jahren stabil, ueber die mittlerweile auch Millionen-Dollar-Transaktionen von Finanzfirmen abgewickelt werden, was schon mal Anwaelte und Notare ueberfluessig macht.

Rechte gegen Dritte durchzusetzen wird immer weniger notwendig werden.


Das verstehe ich nicht.

OK, das ist ein breiteres Thema. Durch den offenen Charakter der Blockchain sind Geschaeftsgebahren einzelner Marktteilnehmer auch objektiv durch Jederman beurteilbar, falls ich mit den Details an die Oeffentlichkeit gehe, was dem Ruf meines Vertragspartners erheblich schaden kann, wodurch er unlauteres Verhalten von vornherein vermeiden wird. Es beugt natuerlich nicht allen Streitfaellen vor, aber vielen. Z.B. kann ein Lieferant nicht mehr behaupten, die Zahlung waere nie eingegangen, denn es ist in der unmanipulierbaren, oeffentlich zugaenglichen Blockchain fuer jeden sofort einsehbar.

Die meisten Staaten auf diesem Planeten haben noch überhaupt keine
ernsthaft funktionierenden Institutionen, die Du hier schon gleich wieder
ausrangieren möchtest.

Umso besser, wo Staatlichkeit nie richtig funktioniert hat, wird endlich ein funktionierendes System aufgesetzt. Wenn Eigentum z.B. durch Willkuer und Korruption gefaehrdet ist, kann ein unmanipulierbares, oeffentliches System Abhilfe schaffen. Z.B. will man die Grundbuecher in Hondouras in die Bitcoin= Blockchain bringen.

Beispielsweise werden Legislative
weitestgehend verschwinden (Exekutive sowieso)


Wenn dann alles (!) zu "smart-property" im Bitcoin Sinne geworden ist?
Selbst wenn das möglich wäre - wie sieht es mit einer popeligen Insolvenz
aus?

Ich habe nicht behauptet, dass alles Staatswesen verschwinden wird. Polizei und Gerichte wird man auf jeden Fall noch weiter brauchen.

Das halte ich - mit Verlaub - für eine unfassbare Wissensanmaßung. Eine
Verwechslung von Kompliziertheit und Komplexität habe ich es oben
genannt.

und damit auch die Schwach-
und Fehlstellen des demokratischen Rechtsstaates.


Aber welche Schwach- und Fehlstellen werden dann in ein solches "rein
logisches" a priori erstelltes Maschinensystem eingebaut? Mir schwant da
ganz Übles...

Nochmal, es ist kein automatisches Maschinensystem, das uns regieren wird, es wird immer bei einem menschlichen Konsens bleiben, dessen Erarbeitung ueber Maschinen lediglich rationalisiert wird, waehrend diese Maschinen auch staendig verbessert werden.

Vielleicht ist das fuer Jemanden, der tief in der Analyse des klassischen Staatssystems drinsteckt, schwer vorstellbar. Aber wenn man die entsprechende Technologie zur direkten, effizienten Kommunikation und Abstimmung zwischen allen Individuen direkt hat, warum muss man dann noch Personen auf viele Jahre oder gar Lebenszeit (z.B. Abgeordnete) in eine reine Kommunikatorenrolle setzen? Das sind die heute Schwachstellen der Demokratie, die schon allein durch technologische Entwicklung irgendwann wie ein unnoetiger Auswuchs abgeschnitten werden koennen oder zumindest zum bedeutungslosen Relikt verkommen werden. Schon heute waere technisch die Gesetzeserstellung und -Abstimmung ohne Abgeordnete moeglich, es braucht nur den politischen Willen, das mal umzusetzen: http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=323132

Es wird eben alles viel
gerechter zugehen im Sinne von Eigentumsrechten.


Ah...
Jetzt kommen wir zum Punkt.

Bessere soziale
Gerechtigkeit wird sich daraus sekundaer ergeben.


Wie sieht es aus mit Nicht-Ergodizität? Matthäus-Effekt?

Mit den Begriffen kenne ich mich nicht aus, da muss ich mich erst einlesen.

Frage: wie würden sich die Bitcoins auf alle Bitcoin-Halter der Welt
verteilen, wenn der gesamte Welthandel innerhalb und zwischen den
bisherigen Jurisdiktionen in Bitcoin abgewickelt würde?
[Wer es gelesen hat, das wäre Stützels Szenario der "Goldwährung" als
einziges (!) Zahlungsmittel. Ein Szenario bei welchem Kaufen und Bezahlen,
bzw. Einnahme und Einzahlung immer (!) zusammenfallen.
Stützel dazu in der "Volkswirtschaftlichen Saldenmechanik", S. 64: "Vor
dem Hintergrund dieses gekünstelten Modells heben sich die
tatsächlichen Verhältnisse besonders deutlich ab: Es
herrschen Kreditbeziehungen
. Als Zahlungsmittel werden
hauptsächlich monetarisierte Forderungen verwendet. Die Veränderung der
Zahlungsmittelbestände hängt von ganz anderen Beziehungen ab als die
Veränderung der Geldvemögensbestände.", Hervorheb. d. Verf.]

Bitcoin ist nicht das alleinige Zahlungsmittel und Kreditbeziehungen werden damit nicht abgeschafft.

--
Ein ueberragender Teil der Oekonomen, Politiker, Banker, Analysten und Journalisten ist einfach unfaehig, Bitcoin richtig zu verstehen, weil es so revolutionaer ist.
Info:
www.tinyurl.com/y97d87xk
www.tinyurl.com/yykr2zv2


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