Tricks in der Geldwirtschaft sind eine Sache, aber auf die Realwirtschaft kommt es letztlich an

Morpheus ⌂, Samstag, 05.03.2016, 11:01 (vor 2995 Tagen) @ Phoenix56819 Views

Hallo Phoenix,

muss zum Einstieg mal sagen, dass ich deine Beiträge sehr schätze.

alles, was du hier schreibst, ist für sich gesehen völlig richtig und

theoretisch möglich.

Ich sage nicht, dass das eine bewusste Entscheidung der Politik war, d.h.
dass die Politik hier gewollt eine verschleierte Währungsreform
durchführt. Ich sage nur, dass der Markt sich immer durchsetzt und
Negativzinsen das nächste Kapitel in der never-ending-Story sind, wenn
alle anderen Mittel zu Verhinderung jeglicher Marktbereinigung (die mit
dieser Fallhöhe ohnehin nur mehr katastrophal ausfallen kann) ausgereizt
sind. Im Endeffekt erzwingt der Markt hier eine deflationäre Bereinigung
auf anderem Wege, indem sich Staat und Banken durch eine negative
Verzinsung teilsanieren können bzw.

Wie meinst du das mit teilsanieren? Ist mir völlig unverständlich, wie das gehen soll.

auch gesamtwirtschaftlich eine
Entsparung eintritt, die den Schuldendruck aus dem System nimmt (Geld, das
bestimmt auch zur Kredittilgung verwendet wird).

Aber das wirkt doch deflationär und soll (wie du selber unten schreibst) doch um jeden Preis verhindert werden?!

Nur musst du mir bitte erklären, wie parallel dazu das Niveau des Konsums
von Waren und Dienstleistungen auch nur annähernd auf dem heutigen Niveau
bleiben kann. Denn dieses Niveau brauchen wir mindestens, damit die
Wirtschaft am Laufen bleibt. Eigentlich brauchen wir sogar ständig mehr
Konsum. Der Konsum könnte zwar nominal mit der Währungsreform fallen,
aber quantitativ darf er das nicht. Sonst entsteht eine Abwärtsspirale
durch Arbeitslosigkeit.

Und genau diese Abwärtsspirale wird meiner Meinung nach kommen, nach dem
Crack-Up-Boom (deiner Sachwert-Hausse). Das lässt sich nicht verhindern.
Die Arbeitslosigkeit nimmt dramatisch zu, die Schuldner fallen massenhaft
um und die Finanzierbarkeit der Städte kollabiert und damit die gesamte
Gesellschaft, wie im Link meiner Signatur dargestellt.


Stimme absolut zu und deshalb wird der Staat dann meines Erachtens das
finale Kapitel schreiben (wieder nicht geplant, sondern als Reaktion): Die
Geld-Flutung durch Netto-Geld, um die Preise von Waren und Dienstleistungen
oben halten zu können und so eine Deflationsspirale zu verhindern. Diese
Gratwanderung zwischen den deflationären Kräften der Wirtschaft
einerseits und den staatlichen inflationären Kräften ist es, die man sehr
lange spielen kann und die zur Verelendung und Verarmung der Massen führt.

Naja, das mit der Netto-Geld-Flutung ist nicht so einfach. Allerdings vermute ich schon lange, dass die Merkel die Flüchtlinge nur deshalb rein gelassen hat, um genau so eine Geldflutung in der kommenden, nächsten Krisenrunde durchführen zu können.

Für den Staat ist es sehr schwierig eine wirksame Flutung mit Geld durchzuführen, die größere Ausmaße hat. Denn nur, wenn der Geldeinsatz in der Realwirtschaft nachhaltig ankommt, dann bringen die ganzen Tricks in der Geldwirtschaft etwas. Ich hatte dazu bereits vor länger Zeit mal einen (nicht ganz passenden) Beitrag geschrieben, der dieses Problem zwischen Geld-Flutung und Realwirtschaft etwas beleuchtet.

Wenn du mir erklärst, wie die staatlich Netto-Geld-Flutung positive Auswirkungen auf die Realwirtschaft entfalten kann, dann nur heraus damit. Aber bitte konkreter werden. Die Flüchtlinge sind zugegebener Maßen eine Möglichkeit. Sie schaffen wirklich neue Nachfrage.

Edit: Erst zu diesem Zeitpunkt sollten die Zinsen wieder nachhaltig
steigen, um zumindest die staatliche Inflationierung (teil)auszugleichen.
Da der Staat zu diesem Zeitpunkt quasi pleite ist (und u.a. die steigenden
Zinsen auf seine Anleihen nicht mehr bezahlen kann), kann er auch nie
wieder von der Druckerpresse abrücken.

Für einen Beweis, dass es wirklich so funktionieren soll, also in der
Praxis - nicht in der von den Staatsbürokraten gewünschten Theorie,
erkläre mir bitte wie das mit dem Konsum unter diesen Bedingungen

gehen

soll. Danke.


Richtig, der Konsum wird sukzessive zurückgehen und der Staat wird aber
schauen, dass sich diese Deflation nicht in der Geldsphäre, d.h. den
Preisen widerspiegelt, um eine harte Landung zu vermeiden. Die Menschen
werden immer weniger Geld haben (Exorbitante Steuern, sinkende Löhne,
Arbeitslosigkeit) und sich immer weniger leisten können (Deflation),
während die Preise stabil bleiben oder sogar steigen (Inflation).

Genauso hat das Rom gemacht:

[image]

Das Beispiel von Rom finde ich prinzipiell sehr gut.

Zwischen Rom und dem heutigen Kapitalismus gibt es aber einen gewaltigen Unterschied, was die "Größe und die Geschwindigkeit der Gesamtveranstaltung" betrifft. Der Konsum und der "Sozialstaat" (Brot und Spiele) war auf einen sehr kleinen Teil (Rom) beschränkt und die Netto-Abgaben (Tribute) zahlenden Bereiche wurden anfangs ausgeweitet und waren lange Zeit sehr groß. Natürlich funktioniert solch eine Besatzung nicht dauerhaft. Am Ende übersteigen die Kosten für die Unterdrückung der Kolonien immer die Erträge, was wir heute nach dem Abenteuer "Kolonien" natürlich alles wissen. Das kleine konsumierende Rom "stand auf sehr breiten Füßen". Die Dauer der Besatzung im Verhältnis zu den europäischen Kolonien macht die unterschiedliche Geschwindigkeit klar.

Unser heutige konsumierende Kapitalismus läuft viel schneller und effizienter ab und hat genau deshalb keine Reserven mehr, die er hier und da noch heben kann, wie die Römer es lange Zeit konnten. Deshalb wird der finale Kollaps Roms, wo die Einwohnerzahl innerhalb weniger Jahre von über einer Million auf unter zwölftausend fiel, bei uns auch viel schneller kommen.

Alle Geldwirtschaftlichen Tricks muss man stets in Bezug auf die Realwirtschaft prüfen. Eine isolierte Betrachtung funktioniert nicht, obwohl es sich die gesamten Staatsbürokraten und ihre Berater natürlich so wünschen.

Grüße
Morpheus

--
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