Staat, Kapitalismus; Renditeerwartungen; Planloswirtschaft; Wirtschaftswachstum

BillHicks ⌂, Wien, Donnerstag, 25.08.2016, 20:18 (vor 3088 Tagen) @ Zarathustra1753 Views

Hallo BillHicks,

Grüezi Zara,

Alles ökonomische ist gleichzeitig auch politisch. "Der Kapitalismus ist
ein Staatsbastard"

ja, schon. Nur ist dieses "Bastard"-Bild so erklärungsschwach, dass wenig reflektierte Debitismus-Anhänger gerade deshalb nicht sauber zwischen Staat - den es auch völlig ohne "Kapitalismus" geben kann - und der europäisch-westlichen Zivilisation, die ein Hybrid aus öffentlichem Recht (Staat, Herrschaft, Zwang, Über-/Unterordnung, ...) und Privatrecht (Privatautonomie, Freiheit, Gleichheit, Eigentum, Vertrag, ...) ist, unterscheiden können.

Unter Deflationserwartungen würde ich als "vernünftige"
Rechtsperson jedenfalls versuchen Nettogeldvermögen aufzubauen, d.h.
versuchen Käufe hinaus zu zögern und andere zu Käufen bei mir zu
bewegen.


Moneymind hat dieses Argument auch immer wieder vorgetragen. Du vergisst
die Zinsen. In inflationärem wirtschaftlichem Umfeld waren die Zinsen real
höher! Es lohnt sich also gerade auch in Zeiten der Inflation,
Nettogeldvermögen aufzubauen.

Der Punkt ist doch nicht ob tatsächliche, reale Renditen auf Geldvermögen größer oder kleiner sind, sondern ob ich
- Eigentumsrechte
oder
- Forderungen
als Vermögen halten möchte. Wenn Eigentumsrechte erwartbar höher rentieren als Forderungen, dann investieren der Vermögensvernunft unterworfene Rechtspersonen (= Vermögensmassen) in Eigentumsrechte (z.B. an Maschinen etc. aber natürlich auch an Häusern usw.).

In einem deflationären Umfeld halten Rechtspersonen lieber Forderungen als Eigentumsrechte. Denn zwar können Forderungen im - bei Verkauf heute - erzielbaren Preis schwanken, aber sie sind immer noch das Gegenstück zu einer nominell fixierten Verbindlichkeit, die mir zu erfüllen ist und die gesamte Staatsgewalt (bzw. deren juristische und fiskalische Infrastruktur) steht dahinter.
Eigentumsrechte können auf Null fallen und tun das im deflationären Umfeld auch. Da ist erst unten Schluss, wenn die a priori fixierten Kreditbeziehungen sich selbst überlassen werden.

Du willst den Schwarm manipulieren. Okay, ich auch, aber nicht in Richtung
Planwirtschaft, sondern in Richtung Anarchat, und bestenfalls noch in
Richtung Direkte Demokratie als kleineres gesellschaftliches Uebel.

Planwirtschaft?
Im Augenblick geht's mir darum das "Ist" der europäisch-westlichen Zivilisation besser zu verstehen um möglicherweise antizipieren zu können, was nach Jahrzehnten der Planloswirtschaft wohl kommen könnte.
Wenn man es sich historisch anschaut, dann folgte auf Planloswirtschaft (z.B. bis Anfang 1930er im Westen) gerne mal Totalitarismus (Deutschland, ab 1933) oder Planwirtschaft (Sowjetunion). Beides gefällt mir überhaupt nicht.
Der US-Weg (sog. "New Deal") war ganz sicher nicht optimal und nicht zuletzt aufgrund der völlig heterogenen Beratergruppen Roosevelts in sich gänzlich widersprüchlich, aber immerhin hat man Schwierigkeiten die Politik Roosevelts als Totalitarismus oder Planwirtschaft zu bezeichnen (auch wenn die FED bis in die 1950er Marketmaker (inside spread!) für die US Staatsanleihen blieb).

Haben sich in der Vergangenheit schon einmal allgemeine
Deflationserwartungen in Inflationserwartungen verwandelt? Wie ging das

in

der Vergangenheit?


Ja, im 19. Jahrhundert wechselten Inflations- und Deflationserwartungen
wohl ständig, da Inflation tatsächlich ständig auf Deflation folgte und
umgekehrt.

Handelt es sich für Dich da um Naturkräfte?

Was deutsche, italienische, französische und japanische Wirtschaft mit
Neoliberalismus zu tun haben, ist mir schleierhaft. Diese Wirtschaften sind
ein Mix dessen, was die Lobbies der Arbeitgeber und Arbeitnehmer halt so
aushandeln.

Das ist richtig. Auch diese (korporatistischen) Ökonomien stehen aber unter dem Druck des internationalen Asozialismus. Keine Frage.
Auch wenn sie freilich versuchen sich in diesem internationalen Asozialismus so gut sie können zu positionieren um den totalen Asozialismus nicht auch noch im Innen haben zu müssen.
Deutschland etwa per beggar-thy-neighbour auch auf Kosten der anderen €uroländer.

Kollektivismus (Wirtschaftswaxtum) als unlösbar zu postulieren, ist nicht
fatalistisch.

Was stellst Du Dir unter Wirtschaftswaxtum vor?

Was genau wächst denn da bei Wirtschaftswachstum?

Wer wider besseres Wissen das Gegenteil behauptet, ist es. Er
postuliert den homo oeconomicus als alternativlos.

Verstehe den Zusammenhang nicht. Vielleicht wird es klarer, wenn Du beschreibst was Du mit Wirtschaftswachstum meinst?
Nochmal: was genau wächst da?

Grüsse, Zara

Schöne Grüße

--
BillHicks

..realized that all matter is merely energy condensed to a slow vibration – that we are all one consciousness experiencing itself subjectively. There's no such thing as death, life is only a dream, and we're the imagination of ourselves.


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