Breite und Tiefe. "Neue Metaphysik" gesucht.
Hallo BillHicks,
Hallo KK,
empfinde Deine Beiträge im Gelben immer als sehr lesenswert!
Danke für die Rückmeldung.
Dennoch fehlt mir an Deinen Gedanken die Breite und teilweise auch die
Tiefe.
Ok. Jetzt bin ich gespannt, das klingt vielversprechend!
Das sich beschäftigen mit Gesellschaftstheorien ist sicherlich in unserer
heutigen Zeit unumgänglich, aber sie werden mMn alle scheitern, wenn es
uns nicht gelingt, den Menschen als bestimmendes Subjekt zu verstehen (der
leider immer stärker sich zum fremdbestimmten Objekt degradiert hat).
Und dazu reicht es nicht, bestehende Systematiken zu erkennen, sondern es
braucht die Einsicht, daß der Mensch sich ändern muß, zwingend und
schneller, als es ihm möglich ist, seinen Lebensraum und damit sich selbst
zu vernichten.
Du machst hier eine metaphysische Annahme, nämlich, dass die Welt sich aus dem Subjekt und Objekten zusammensetzen müsse.
Es ist ja mittlerweile deutlich zu erkennen, daß die falschen Menschen
und die falschen Dinge unser Leben beherrschen.
Auch dieser Aussage liegt mEn eine metaphysische Annahme zu Grunde:
Die Objekte seien der letzte Grund der Wirklichkeit ("beherrschen").
Es ist die materialistische Annahme, dass das Objekt, der letzte Grund der Wirklichkeit sei.
Die Annahme des (deutschen) Idealismus hingegen ist, dass das Subjekt der letzte Grund der Wirklichkeit sei.
Einig sind die beiden sich scheinbar gänzlich widersprechenden Positionen darin, dass entweder das Subjekt oder aber das Objekt der letzte Grund der Wirklichkeit sein müsse.
Diese strukturelle Zweiwertigkeit spiegelt sich auch im Politischen wieder:
Einerseits gibt es engagierte, aber sich selbst aus strukturellen Gründen machtlos empfindende, (mehrheitlich unbewusste) philosophische Materialisten, die krampfhaft versuchen "das Außen", das Objekt, dessen sie sich völlig ausgeliefert und als dessen Opfer sie sich fühlen, zu verändern. Das sind dann vielleicht Alt-Kommunisten (die das physische Eingreifen in das "Objekt" durch das Scheitern des Realsozialismus als gescheitert sehen), unreflektierte Marxisten (die Dialektik als Prinzip ohnehin nie strukturell verstehen wollten), Politreformaktivisten unterschiedlichster Couleur (Grundeinkommen, Geldsystem, ...), Hassposter (JETZT haben wir es: DIE HIER sind Schuld!!!), etc. pp.
Andererseits gibt es politisch völlig unsichtbare, gleichwohl gleichsam unbewusste philosophische Idealisten, die glauben das Subjekt sei der letzte Grund der Wirklichkeit. Das ist die Position des metaphysischen Solipsismus ("es existiere nur Ich alles andere ist Illusion, meine Schöpfung"). Diese fühlen sich dann den Materialisten freilich haushoch in ihrer Bauchnabelschau überlegen und haben gerne ein verträumtes Grinsen im Gesicht. Immerhin.
Bis halt dann Riedls Nashorn kommt (sinngemäß: "Ich wette ich könnte einen ganzen Solipsistenkongress mit einem einzigen entflohenen Nashorn auseinander treiben").
Was ist nun mit der Spaltung in Subjekt (mit Bewusstsein, res cogitans) und Objekt (Materie, res extensa)? Hat für mich mit der (dialektischen) Wirklichkeit nichts zu tun, sondern ist eine kulturelle Konstruktion (man befrage Kulturen, die dieses "griechische Denken" nicht haben - sie vermissen es nicht!). Freilich hat diese kulturelle Konstruktion (der Spaltung in Subjekt und Objekte) uns durchaus gute Dienste erwiesen: besonders für den Bau und die Wartung komplizierter Maschinen, die aus Objekten zusammengesetzt sind ist das eine grandioses Hilfsmittel. Der lebendigen Wirklichkeit (Komplexität) ist diese Spaltung aber wurscht. Die Wirklichkeit ist weiter dialektisch und komplex (und eben nicht bloß kompliziert) und verlangt im Prinzip nach einer völlig "neuen" Metaphysik, weil wir heute längst an die strukturell vorgezeichnete Grenze dieser alten Metaphysik gestoßen sind:
Politiker: "Ja wo sind sie denn, die kleinsten Teilchen?"
Wissenschaftler: "Wir bräuchten nur noch ein paar hundert Milliarden für diesen neuen Teilchenbeschleuniger, dann werden wir bestimmt fündig und können dann von dort aus mit dem 'Gottesteilchen' und reiner Deduktion ganz wissenschaftlich die ganze Welt erklären..."
Politiker: "Toll! Endlich! Wohin darf ich überweisen?"
Erforderliche Änderungen können aber nicht aus dem System entstehen
(dies wird IMMER sich selbst erhalten wollen und können); es braucht eine
Rückbesinnung des Menschen auf „alte Werte“, es braucht ein neues
Ziel.
Und je mehr Menschen sich „transformieren“, desto größer wird die
Chance des Überlebens werden.
Dazu braucht es intellektuelle Redlichkeit (sich nicht selbst belügen)
und neben aller Naturwissenschaft die Einbindung einer säkularisierten
Spiritualität (wissen und verstehen wollen).
Das ist was ich mit "neuer Metaphysik" meine. Das Fragen danach freilich ist in einer Wissenschaft, die auf dem Betriebssystem "cartesische Trennung" (der Welt in res cogitans und res extensa) läuft freilich dezidiert "unwissenschaftlich".
Muss es sein.
Ein Indiz für die noch nicht ausreichende Zuwendung zu diesen „alten
Werten“ ist das Verstummen der Philosophen, zumindest das sich
Zurückziehen in ihren Elfenbeinturm.
Die sind vermutlich deshalb im Elfenbeinturm verschwunden gerade weil es eigentlich "ihre" Aufgabe wäre zu versuchen diese neue Metaphysik zu erforschen, sie sich damit aber der Lächerlichkeit Preis geben gegenüber all' jenen, die kognitiv und emotional nicht in der Lage sind, das Betriebsystem "cartesische Trennung" mit einem Update zu versehen. Ja wo sind sie denn, die mutigen Philosphen?
Einer meiner „Lieblingsphilosoph“ seit Jahren Thomas Metzinger hat ein
bemerkenswertes und damit vielleicht auch ein für Dich lesenswertes Buch
geschrieben: Der EGO-Tunnel.
Danke für den Hinweis!
Sorry, daß ich nicht direkt auf Deinen Text eingegangen bin.
Vielleicht verstehst Du aber mit meinem kurzen Geplauder, daß die vielen
–ismen letztlich nur dogmatische Konstrukte sind, denen die
intellektuelle Redlichkeit fehlt (die Offenheit zum ganzheitlichen
Denken).
Ich bin ganz bei Dir.
Freue mich, vielleicht etwas von Dir zu meinem Gedankengang zu hören.
Freundliche Grüße
KK
Schöne Grüße
--
BillHicks
..realized that all matter is merely energy condensed to a slow vibration – that we are all one consciousness experiencing itself subjectively. There's no such thing as death, life is only a dream, and we're the imagination of ourselves.