Eins, zwei, Schwarm ...
Titel und Kernaussage der von mir verlinkten Studie von gescheiten Leuten
aus einem Max-Planck-Institut und einem Leibniz-Instituts lauten:
"Methoden der Kollektiven Intelligenz helfen bei medizinischen
Entscheidungen"
Wissenschaftler unterliegen auch Vermarktungszwängen. Mit dem schönen Wort "Schwarm" kann man ein recht simples Experiment aufpeppen. Die Erkenntnis ist völlig neu: "Vier Augen sehen mehr als zwei."
Die Anwendung des Begriffs "Kollektive Intelligenz" könnte man auch kritisch sehen. Da du den Text im Zusammenhang mit Schwarm verlinkt hast, schreibe ich hier über "Schwarm".
Deine Kritik - sofern ich sie denn richtig verstanden habe - äußert sich
zusammenfassend im Satz: "Wenn die Autoren von Schwarm reden, dann reden
sie Unsinn".
Du hast meine Erläuterung - einmal mehr - nicht verstanden.
Ich gehe davon aus, dass Dir der Schwarm von 162 Peers zu klein für die
Schwarmdefinition ist. Ansonsten fällt mir nichts ein, was Du damit
gemeint haben könntest.
Du kannst raten und dir vorstellen, was du willst. Was ich meine, habe ich geschrieben: Unabhängige Einschätzungen führen NICHT zu einem Schwarm, denn ein Schwarm (als System) wird durch die Interaktion zwischen den Teilentitäten voraus. (Falls dich das wundert: Systemdefinitionen gibt es einige). Wenn diese Wechselwirkung/Interaktion stattfindet, reichen in der Tat drei Leute. Wenn sie nicht stattfinden, reichen 7 Milliarden nicht.
Ich könnte hier jetzt ausführen, warum von einem Schwarm schon bei viel
weniger Peers gesprochen werden kann.
Auch könnte ich auf weitere Papers renommierter Institute verweisen...
Aber ich gehe lieber wiefolgt vor: Jeder, den das Thema
"Schwarmintelligenz interessiert" kann per Suchmaschine nach einschlägiger
Forschung selbst suchen und sich ein Urteil bilden.
Sascha Lobo: "Denn Schwarmintelligenz ist keine Intelligenz im gewöhnlichen Sinn, sondern beschreibt das ergebnisorientierte Zusammenspiel einer Gruppe. Das kann neue und ungesehene Qualitäten entwickeln."" Sehr zutrefend auch: "In den meisten Fällen ist der Verweis auf den Schwarm ohne weitere Erklärung bloß ein Zeichen intellektueller Sparsamkeit, ein Begründungsimitat wie Bauschaum, mit dem man rappzapp die Hohlräume im eigenen, schlecht konstruierten Gedankengebäude auffüllen kann."
Oder ist dir wissenschaftlich lieber? Dann die uni-protokolle: "Es gibt keine zentralisierte Form der Oberaufsicht"
Was Dich, CM et al. angeht, die ihr an der Existenz von Schwarmintelligenz
grundsätzlich zweifelt, gestehe ich Euch gerne diese Auffassung zu. Ich
denke, dass das sogar ein Stück weit Definitionssache ist.Eine kleine Kritik sei erlaubt: Die Tiervergleiche wirken ungewollt
komisch. Der Schwarm, um den es hier geht, besteht nicht aus Schwalben oder
Fischen und es geht nicht um Bewegungskoordination, sondern um kollektiven
Erkenntnisgewinn.
Ein kollektiver Erkenntnisgewinn kann nur durch eine Aktion als Kollektiv erfolgen. Die statistische Auswertung von Einzelmeinungen ist das nicht. Aber wem sag ich das ....
Und es ist doch vollkommen einleuchtend, ja geradezu
selbstverständlich, dass der Austausch von Informationen, Quellen und
Methoden zur Informations- und Quellenbewertung dem gemeinschaftlichen
Erkenntnisgewinn zuträglich ist.
Das genau findet in diesem Experiment NICHT statt: Der Austausch von Informationen unterbleibt. Informationen werden von einer ZENTRALinstanz abgegriffen und ausgewertet - das ist das Gegenteil von Schwarmintelligenz. Sonst wäre die NSA das führende Institut der Schwarmintelligenz.
Wie dem auch sei: Den Schwarm (besser: die vielen Schwärme) beirren
Zweifel an der Schwarmintelligenz deswegen nicht, weil die fett
beschriebenen Prozesse ablaufen, ohne dass sie wissentlich betrieben
werden.
Im Beispiel sogar so unwissentlich, dass sie gar nicht da sind.
Dennoch - aber das Thema führt zu weit - können diese Prozesse
beschleunigt, moderiert und strukturiert werden. Dann sind wir bei Kruse et
al.
Bei fehlender Interaktion (unabhängige Einschätzung durch die Ärzte) ist nichts da, das moderiert werden könnte.
Gruß, Bla
Wir werden kaum eine Verständnisbrücke finden, also lass´ ich´s damit gut sein. Viel Spaß noch, Bla.
Mercury
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„Meine Arbeit ist ein Versuch, mit großer Traurigkeit die Tatsache der westlichen Kultur zu akzeptieren." Ivan Illich