Staatsgeld und Kreditgeld

Nico, Dienstag, 20.01.2015, 23:24 (vor 3572 Tagen) @ BillHicks4227 Views

Hallo BillHicks!

… vielleicht ließt Hörstel ja auch gelegentlich hier bei uns im
Gelben:


vielleicht liest hier so manch einer mit. Allerdings kommt es auch ein
bisschen darauf an welche Beiträge man hier im Gelben liest. Deshalb lasse
ich Deinen Beitrag jetzt auch nicht einfach so stehen (obwohl mir das bei
vielen anderen Beiträgen schon so gegangen ist, mir aber die Zeit und
Muße fehlt immer auf einen Beitrag einzugehen, den ich für ergänzenswert
halte).

Da habe ich dir natürlich zuzustimmen, und der nun auch von Hörstel formulierte Anspruch entspricht keiner (bisher) vorherrschenden Meinung unseres Forums – aber freilich der meinen, welche ich hier dann auch schon gelegentlich kundgetan habe. Einige unserer Gelben Mitglieder haben sich durchaus dahingehend geäußert, dass sie eine direkte Staatsfinanzierung durch die ZB in Betracht ziehen würden, allerdings nie erkennbar mit der selben Konsequenz wie ich.

Ansonsten zielen meine Beiträge seit einiger Zeit überwiegend auf die Abwehr des Anarcho-Kapitalismus …

„Denn was macht Herr Hollande? Sein tägliches Regierern ist ein
Kniefall vor der Finanzmafia(!). Sonst hätte er diese Leute schon

längst

aus ihren Sesseln geholt, und die Zinsen zurückgefahren und die
Verschuldung des Staates zurückgefahren, indem der Staat nämlich
selbst Geld auf den Markt bringt
und muss sich das nicht leihen von
irgendwelchen Banken, die das nur in ihre eigene Tasche wirtschaften.
Ein absolut lächerliches System. Es geht um dass Prinzip der
privaten Geldschöpfung, das ein Ausbeutungsprinzip für die Völker

ist,

zu Gunsten einer kleinen Clique von Milliardären …„[/i]

Ja, es ist so simpel, dass es niemand glauben kann. Die gesamte globale
Staatsverschuldung ist nichts als ein Schwindel, wirksam getarnt durch
totale Offensichtlichkeit.


Es ist kein Schwindel, sondern es ist die Gegenposition zu privaten
Geldvermögen.

Diese Darstellung gibt keinerlei Hinweis darauf, ob hier ein Schwindel vorliegt oder nicht.

Wenn die privaten Nettogeldvermögen haben wollen, müssen die
öffentlichen Körperschaften Nettogeldverbindlichkeiten haben.

Ja, und ich will übrigens auch gerne Nettogeldvermögen haben. Hat das irgendeine Bedeutung?!

Womit wurden die Anleihen eigentlich bezahlt, wenn es ohne diese kein Geld (-Vermögen) gibt? :-)

Wenn die öffentlichen schuldenfrei werden sollen (Geld selbst schöpfen),
so müssten die privaten geldvermögensfrei werden.

Klingt das nicht widersprüchlich: der Staat schöpft Geld und darum sind die privaten frei von Geldvermögen?

Zunächst ist es ja so, dass es keine gültige Definition des Geldbegriffes gibt, aber deinen Ausführungen ist zu entnehmen, dass du Staatspapiere als Geldvermögen einstufst. Noch weiß ich aber nicht, ob du Anleihen oder auch bloße Forderungen des Privatsektors den selben Status zubilligst, oder nicht. Ferner gäbe es natürlich Bargeld, denn der Ansatz lautet ja darauf, dass der Staat solches zu erzeugen hätte, was er ja übrigens auch längst praktiziert – nur nicht hinreichend.

Du hättest hier vielleicht präziser formulieren sollen, aber ich komme weiter unten noch mal darauf zurück.

Öffentlich oktroyierte Schulden führen nicht automatisch dazu,
dass Private ihre privaten Kontrakte automatisch mit der staatlich,
schuldfrei geschöften Währung auszeichnen.

Zum einen gehe ich von einem Gesetzlichen Zahlungsmittel aus – und zum anderen wüsste ich nicht, in welchem hier relevanten Zusammenhang die Privaten in der Gestaltung ihrer Kontrakte überhaupt tangiert würden.

Zwingt man die Privaten dazu ändern sich die Spielregeln völlig
(Kommandowirtschaft).

Warum sollten die Privaten nun gezwungen werden müssen? Sie wirtschaften aus dem selben Antrieb, wie auch jetzt. Die“Kommandowirtschaft“ zeichnet sich dadurch aus, dass die Produktionsmittel verstaatlicht sind. Solches hat es freilich auch gegeben, aber nicht als Folge von Gelddrucken.

Im Folgendem möchte ich eine grundsätzliche Überlegung zum Geldwesen erörtern, um die zugrunde liegende Verwirrung möglichst aufzulösen. In der Marktwirtschaft finden sich notwendigerweise zwei Sorten von Geld, welche strickt zu unterscheiden sind. Zum einen bedarf es eines Staatsgeldes, welches wir vor allem als Banknoten kennen und zum anderen finden wir Kreditgeld, u.A Giralgeld der privatwirtschaftlichen Geschäftsbanken. Bargeld kommt von der ZB, welche von ihrer Natur her ein Staatsorgan ist. Kreditgeld entsteht hingegen (normalerweise nur) auf dem Privatsektor. Der Kommunismus (Kommandowirtschaft) zeichnet sich dadurch aus, dass es keinen Privatsektor gibt, und damit auch kein Kreditgeld, sondern eben nur Staatsgeld.

In der Tat zeigt dieses unser Forum eine erhebliche Tendenz, die Belange des Privatsektors zu würdigen, und die Belange des staatlichen Sektors völlig zu verkennen (Anarcho-Kapitalismus). Eine Volkswirtschaft bedeutet aber eine Symbiose aus beidem und der staatliche Sektor ist in der Marktwirtschaft genauso staatlich, wie im Kommunismus. Den Kommunismus kennzeichnet nicht die Gegenwart des Staates, sondern die Abwesenheit des Privaten. Die ZB ist ein Staatsorgan, und sie emittiert ausschließlich Staatsgeld. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, was die ZB aktiviert. Dieses Staatsgeld ist auch überhaupt nicht etwas schlechtes, es gehört unweigerlich zu der VW dazu. Es bildet die notwendige Geldbasis und lebt eine Symbiose mit dem Kreditgeld, womit das Geldwesen die Symbiose von Kollektiv und Individuum des Gemeinwesens widerspiegelt.

Die Staatsverschuldung ist wiederum die dominante Ursache des
Auseinanderbrechens von Arm und Reich im globalen Maßstab –
„Verrentung“ der Wirtschaft = Verdrängen der Realwirtschaft durch

die

Finanzwirtschaft.


Es ist gar nicht mehr nur Realwirtschaft vs. Finanzwirtschaft. Das ist
eine Trivialisierung, die der Wirklichkeit mEn nicht mehr gerecht wird,
auch wenn es griffig klingt. Die "Finanzwirtschaft" ist nicht per se
"schlecht", sondern durchaus nötig um soetwas wie eine "Realwirtschaft" zu
haben. Es ist nur die Frage was wird finanziert?
Preissteigerung/Spekulation oder Produktion?
Die sog. "Realwirtschaft" ihrerseits teilt sich aktuell in mindestens zwei
Klassen auf, nämlich in:
- Solvente, entsprechend geratete Großkonzerne mit eigenem
Kapitalmarktzugang, die sich günstiger finanzieren können denn je.
- Den Rest, insbesondere die 99,7 % KMUs, die 2/3 der Wirtschaftsleistung
im Euroraum erbringen, ohne direkten Kapitalmarktzugang.

Ja genau. Der Staat verzichtet auf die Erzeugung von Staatsgeld (Geldbasis) und erzeugt statt dessen Kreditgeld – welches von seiner Natur her aber eine Domäne des Privatsektors bedeutet. So kommt es zu einem Missverhältnis von Staatsgeld und Kreditgeld, welches sich als ausufernder Finanzsektor bei derweil verkümmernder Realwirtschaft darstellt.

Wie jeder weiß bedeutet die globale Staatsverschuldung die

gegen-gebuchte

Rückseite der vielen Milliarden, welche Milliardäre erst zu solchen
machen.


Ja, stimmt prinzipiell.
Die Lösung ist aber nicht etwa "schuldfreies" Geld, das der Staat direkt
selbst ausgibt.

„Schuldfrei“ bedeutet zinsfrei. Schulden werden immer nur einzelne bezahlt, insgesamt läuft die Wirtschaft auf einen „Ewigkredit“ hinaus. Die Leistung die der Einzelne letztlich erbringt ist einzig der Zins.

Das von der ZB (welche ein Staatsorgan ist) emittierte Geld ist grundsätzlich schuldfrei, weil die ZB niemanden etwas schuldet, ergo ihren Noten kein Zins anhaftet. Die ZB ist keine private Veranstaltung und definitiv druckt sie Geld. Es gibt keine gültige Gelddefinition, und so können wir auch sagen, dass wir im Prinzip ja alle selbst Geld „drucken“, nur eben privatwirtschaftliches Kreditgeld - zinsbehaftet. Es geht um das übrige „Geld“, welches vom Staat (wider seiner Natur) auch als Kreditgeld emittiert wird.

Als es noch keine Zentralbanken gegeben hat, stand an Stelle des (von seiner Natur her) schuldfreien Staatsgeldes das von seiner Natur her ebenso schuldfreie Gold. Schulden sind Ausdruck der Vergänglichkeit, und mit dem Zins finanzieren wir entsprechende Abschreibungen. Gold hingegen ist unvergänglich. Es bedarf also einer von seiner Natur her schuldfreien Geldbasis, welche ein regelmäßiges Verhältnis zum Kreditgeldvolumen der Privatwirtschaft bildet. Ganz logisch auch, Schulden vergehen im Konsum von Waren(Abschreibung=Bilanzverkürzung), und Gold ist eine nicht-konsumierbare Ware als temporärer Platzhalter. Banknoten erfüllen den selben Zweck.

(Anm.: Ich hab' es selbst eine Zeit lang geglaubt und
verstehe deshalb zu gut wie man zu dieser Überzeugung gelangen kann, aber
wer glaubt das heute immer noch?)

Bei mir war es ja genau umgekehrt, und ich habe mich rückblickend zu wundern, wie viele Jahre es brauchte, um zu erkennen, dass die nächstliegendste Lösung keinerlei Konflikte für die Geldtheorie beinhaltet, und vielmehr als die (uns vorenthaltene) natürliche Ordnung erscheint.

Fliegt nun endlich die Mutter aller Betrügereien auf? Oh ja – die

Zeit

ist reif.


Die Zeit ist durchaus reif gute Fragen zu stellen, wie: wer schuldet wem
wieviel und weshalb?

Wenn man Fragen wie dieser ausweichen möchte, indem Staaten anfangen
"schuldfreies" Geld herauszugeben, sollte man wohl spätestens dann die
Währung und den zugehörigen Währungsraum verlassen. Das geht nicht auf
Dauer gut. Eine weltweit von Privaten freiwillig für private Kontrakte
genutzte Kontraktwährung entsteht nicht durch staatliches Dekret, auch
wenn die Staatenlenker das vielleicht gerne hätten.

Nun, ich lese auch hier einen solchen Marktfundamentalismus heraus, wie er in diesem unseren Forum bereits fest eingebürgert ist. Es ist unvernünftig, vor dem Kommunismus in das Gegenextrem flüchten zu wollen. Eine Volkswirtschaft beinhaltet eine private und eine kollektive Sphäre. Jedes Beschneiden der kollektiven (staatlichen) Sphäre wirkt ebenso schmerzhaft, wie in der privaten. Der Kredit (Schuld) ist logischer Ausdruck des privatwirtschaftlichen (arbeitsteiligen) Intertemporaltausches. Es ist entgegen des staatlichen Prinzips – der Staat tauscht nicht. Wollte man Staatsgeld aufgeben wollen, dann würden wir notwendigerweise zu Edelmetallen als Geldbasis zurückkehren. Damit geriete die Geldbasis unter private Obhut. Dieses führt zu den Krisen, von denen uns PCM umfänglich erzählt hat. Es sind die Art von Krisen, wie sie nun auch im zweistufigen Banksystem regelmäßig auftreten. Warum? Weil auch hier die Geldbasis unter private Obhut gestellt ist – bisher.

Es bedarf der Aufklärung, wollte sich die Menschheit befreien. Der marktfundamentalistische Anarcho-Kapitalismus ist keine Aufklärung, sondern die Desinformation, welche die Menschheit nur noch tiefer in die Versklavung führen soll. Wir haben den Anarcho-Kapitalismus längst – eine ZB unter privater Obhut und Staaten die privatwirtschaftliches Kreditgeld emittieren. Diesem Kreditgeld haftet der Zins an. Der Zins wiederum ist das Kernmotiv der Privatwirtschaft unter privaten Handelspartnern. Der Staat ist kein Gewerbe, er kann (und soll) keinen Zins generieren. Der Zins auf Staatsanleihen kann nur zu einem Geschwür anwachsen. Hätten die Staaten immer nur zinsfreie Anleihen emittiert, dann hätte es nie Probleme gegeben. Natürlich würde es keine Rolle spielen, ob diese Anleihen als Zahlungsmittel akzeptiert werden, oder erst in der Bank eingetauscht werden müssten.

Schöne Grüße

--
... in Wirklichkeit ist ... immer alles ganz anders, als es ... in Wirklichkeit ist ...


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