Mein Verständnis
Hallo Blum,
der Artikel von Fischer in der Zeit ist schon recht ungewöhnlich für einen Vorsitzenden eines Strafsenats am BGH. Man kann das auch meinungsstark nennen.
In der Tat geht Fischer hier auf den von Prof. Jakobs geprägten Begriff des "Feindstrafrechts" ein. Jakobs begründet die Abgrenzung von Bürgerstrafrecht und Feindstrafrecht in einem Aufsatz aus 1985 (!) ausführlich. Kurz zusammengefasst, wer den Gesellschaftsvertrag aufkündigt stellt sich außerhalb der Gemeinschaft und hat keinen Anspruch auf Behandlung als Bürger. Rechtsphilosophisch lehnt er sich an Hobbes an.
Wie Fischer das bewertet, bin ich mir nicht ganz sicher. Anfangs war ich der Meinung, er lehnt das ab. Nach nochmaligen lesen, bin ich mir da nicht mehr ganz sicher. Er nimmt Jakobs ja in Schutz und beschreibt ihn als scharfsinnigen Denker.
Andererseits ist Fischer selber in meinen Augen ein zu guter Jurist, als dass er ein Feindstrafrecht befürworten könnte. Insbesondere stellt sich mir die Frage, wer denn das Feindstrafrecht ausübt? Der Sergeant, der in Abu Graibh Gefangene foltert, der Drohnenlenker, der aus Rammstein heraus die afghanische Hochzeitsgesellschaft per Joystick tötet? Die Personen, die praktisch jedermann in Guantanamo inhaftieren können, ohne jedes Gerichtsverfahren und anfangs auch ohne jeden Rechtsbeistand? Das kritisiert ja auch Fischer sehr deutlich in seinem Beitrag.
Zusammenfassend schließe ich mich Deiner Meinung an, bin mir aber nicht vollständig sicher, ob wir beide mit unserer Interpretation richtig liegen. Ich werde Fischer einmal darauf ansprechen.