Und noch ein paar Nachteile
Zuersteinmal: Wir hatten neulich mit Segwit bereits eine Blockgrößenerhöhung. Das praktische Maximum liegt nun bei irgendwo zwischen 1.5 und 2MB. Segwit wird grad umgesetzt und das dauert seine Zeit. Die durchschnittlichen Blockgrößen am 02. und 05. Oktober lagen bereits bei _über_ einem Megabyte und Segwit ist noch lange nicht ausgereizt.
Und weil wir schon dabei sind: beim 2X fork wird die maximale Blockgröße nicht auf 2 sondern auf ca 8MB erhöht.
Aber zurück zu den Nachteilen:
- Erst signifikante Gebühren bringen Firmen mit vielen On-Chain Transaktionen dazu Geld in die Hand zu nehmen und ihre Transaktionsgrößen zu optimieren. Das ist speziell auch mit Segwit relevant. Es kostet nunmal was ein paar Profis anzuheuern die die Transaktionen analysieren und sinnvoll reorganisieren können. Das wird ein Unternehmen erst tun, wenn es dadurch mehr an Transaktionskosten spart als es ausgibt. Profitieren tun davon dann aber alle Beiteiligten.
- Bitcoin ist nicht bereit für Mainstream. On-Chain schafft das System mit viel Glück und Optimierung vielleicht 10 Transaktionen pro Sekunde. Mit 2X sinds vielleicht 50 und mit Bitcoin Cash in der 32MB Maxversion von mir aus 100. Für einen weltweiten Siegeszug müsste die Kapazität mindestens um den Faktor 1000 steigen. Hieran sieht man, dass 2X oder BCH überhaupt keine Lösung sind. Die einzige Möglichkeit überhaupt in die angepeilten Regionen zu kommen ist aktuell Lightning und die Entwicklung wird noch etwa 2 Jahre dauern. Vielleicht hat bis dahin jemand noch eine bessere Idee, aber auch die Umsetzung eines besseren Plans wird dauern. Kleine Blöcke und damit steigende Transaktionskosten wirken hier dämpfend. Kleine Zahlungen lohnen sich einfach nicht wenn man 10% davon an Gebühr zahlt, also werden sie unterbleiben. Ebenso werden die Mempool Spamwellen weniger wenn sie für die Angreifer teurer werden. Das ganze bremst die Adaption von Bitcoin als Zahlungsmittel aus bis das System irgendwann soweit ist, wirklich Mainstream zu gehen. Bis dahin spricht doch erstmal überhaupt nichts dagegen wenn sich Bitcoin Cash oder Litecoin als die "Ich zahle meinen Kaffee in Berlin Mitte" Währung für die Early Adopter durchsetzen und Bitcoin selbst erstmal hauptsächlich Wertanlage wird und sich dadurch die Weiterentwicklung selbst finanziert.
- Es wird noch richtig schmutzig werden. Vielen Leuten ist nicht klar, was dem Bitcoin alles noch bevorsteht. Die jetzigen Probleme sind nur kleine Scharmützel. Sollte das System tatsächlich so weit wachsen, dass die Zentralbanken sich bedrängt fühlen kommt die harte Keule der Exekutive. Es geht um nichts anderes als eine Revolution des Wirtschaftssystems und zwar weltweit gleichzeitig. Staaten sowie die ganze Finanzindustrie werden alles in ihrer Macht stehende tun um nicht unterzugehen. Verbote sind dabei nur der Anfang. Da sie erstmal nicht sehr wirkungsvoll sein werden läufts auf Cyberwar und die guten alten Spezialeinsatzkräfte hinaus, die Gebäude stürmen, Hardware beschlagnahmen und Leute Quälen bis sie ihre Schlüssel und Mitwisser verraten.
Spätestens an dem Punkt werden große Blöcke zum Problem. Wenn eine aktuelle Kopie der Blockchain in ein Land geschmuggelt werden soll, ist der Schmuggler froh nur einen USB Stick in seinem Arsch stecken zu haben und keine 2.5" Festplatte. Wenn die aktiven Nodes wegen umfassender Deep Packet Inspection nicht mehr direkt miteinander kommunizieren können weil es um das Leben der Betreiber geht sondern jedes Datenpaket in zig Schalen gepackt mehrfach durchs Onion Netzwerk um die Welt wandern muss bevor es am Ziel ankommt wird Bandbreite trotz dicker Leitungen zum Problem.
Das sind die Szenarien, unter denen Bitcoin weiterhin möglichst funktionieren soll und deswegen sollte die Blockgröße imho immer nur knapp über vielzuklein gehalten werden.
Ums nochmal ganz klar zu sagen: Es gibt heute KEINE Cryptocurrency, die auch nur annähernd die benötigte Transaktionskapazität für eine signifikante Verbreitung im Alltag bietet. Es ist noch nicht mal klar, wie sich die aktuellen Systeme mit großen Blöcken verhalten. Bitcoin Cash zb hat klassische non-segwit Blöcke bis zu 32MB, die sind aber heutzutage winzig da leer. Wie und ob das ganze System mit einem Jahr Blockchain voller Blöcke noch läuft weiss kein Mensch. Die benötigte Bandbreite steigt jedenfalls nicht linear sondern logarithmisch, was zu emergenten Effekten führt die jeden überraschen werden. Es gab mal eine Studie die versucht hat auszurechnen wann das klassische Bitcoin Netzwerk am ende ist und sie kam zum Ergebnis, dass ab 4MB durchschnittlicher Blöckgröße das ganze anfangen wird auseinanderzufallen. Aber auch das sind reine Schätzungen weil die Erfahrungswerte fehlen.
Bitcoin leistet hier schlicht Pionierarbeit und das Team des Bitcoin Core Clients macht sich bislang ganz gut mit seiner Strategie, sehr konservativ vorzugehen. Weitere Blocksize erhöhungen stehen auf der Agenda, erstmal muss Segwit verdaut werden.
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Regeln sind dazu da, damit man nachdenkt bevor man sie bricht.
Terry Pratchett