Früher hatten wir auch mal 'nen Kaiser mT
"Auf dem Dorf" ist das absolut nachteilig, hier zählt nur, wer am
besten
ab sechs Uhr in Aktionismus verfällt.
Ich schrieb "Auf dem Dorf", Du schreibst 'was "vom Land"! Ein grosser Unterschied mittlerweile, wie ich meine.
Unser Dorf ist bis auf die Alten vorwiegend ein 4000-Seelen-"Schlafdorf" in der Nähe zu Deutschlands größtem Autobauer.
Aber genau in den Augen der Alten taugt man nur, wenn man morgens auf ist und irgendwelches Zeugs macht, egal, ob man das nicht auch um zwölf machen könnte.
"Brotwerwerb" durch E-Commerce, Börsenhandel, Neue Medien sind für die genauso weit weg wie der Mars. Wenn Du erfolgreich bist, wird wenigstens leise getuschelt. Ansonsten taugst Du natürlich auch was, wenn Du zur Frühschicht in's Schichthaus fährst, am besten 40 Jahre lang, Prima Rechtfertigung für die eigene Existenz, "Ich und Herr Winterkorn..."
Und die Alten: Vergessen die Zeit, als man morgens mit 'ner Mofa zum Melken gefahren ist, und deren Eltern und Grosseltern das nicht verstanden und gut geheissen haben... Pharisäer, nix weiter!
Zumindestens das frühe Füttern und Ausmisten ist man den tierischen
Sklaven schuldig, wenn man sie schon hinter Gittern hält. Wenn hier
niemand um 5:30/6:00 Uhr loslegen würde, dann würde der Ort vom Gebrüll
der Kühe und Ochsen erwachen, und eben nicht von Landmaschinenlärm. Ja,
Bauern die erst um 8 oder 9 Uhr in den Stall latschen, sind die größten
Schlamper und Chaoten im Ort. Da kann ich dir hier sofort 4-5 Beispiele von
völlig versifften Höfen und Ställen zeigen. Da sind mir die Bauern
lieber, die um 6 Uhr in Aktionismus verfallen und Tiere und Hof halbwegs in
Ordnung halten. Wer da keine Disziplin hat, versinkt in Kuhscheisse,
Schlamm und Abfall.
Viecher hat hier kaum noch einer mehr, in grösserem Stil keiner. Wenn, ein paar zugekaufte Kälbchen, die, etwas grösser, weiterverkauft werden. Oder mal ein Rind, was nach zwei Jahren Weidezeit geachtelt ua in mein Eigentum übergeht.
Jeder Landwirt, den ich kenne, macht nur noch Nebenerwerb. Und das auch nur, weil der Resthof mit etwas Fläche noch da ist, Hobby.
Hat doch auch keiner mehr Bock drauf. Stark schwankende Preise von Jahr zu Jahr, ultraabhängig vom Wetter, Öl-/Dieselpreis, wenn's Dich nicht umreissen soll, musst Du fast schon hedgen können, hör auf! Was sind mir schon für Geschichten erzählt worden...
Wenn man natürlich keinen Bock drauf hat, wäre konsequenterweise eine Aufgabe und der Verkauf das Beste.
Ansonsten wird kaum noch vom Schlepper abgestiegen, wenn das Anbauteil gewechselt wird. Einer der wenigen Vollerwerbslandwirte, den ich kenne, hat mir neulich mal die Stundenzahl gesagt, die er jährlich auf seine Schlepper drückt, ich weiss sie nicht mehr genau, aber sie war irre hoch, bedeutet zig Tage p.a. in der Kabine. Was hat das noch mit Landwirtschaft zu tun, wenn man eher Berufskraftfahrer auf 'nem Trecker ist?
Da läuft nicht mal mehr ein Huhn über den Hof, die Butter liegt bei Aldi oder Lidl oder Edeka oder Netto, alles in unserem "Dorf" im Umkreis von 1km.
Ja, und sechs Uhr ist eigentlich viel zu spät, zumindestens wenn man
Tiere zu versorgen hat. Diesen "Bonus" gibt es nur, seit man Strom,
Maschinen und sonstige technische Helferlein auf dem Land hat.
Vor 50 Jahren war Melkbeginn meist gegen 4:30 in der früh. Auch Getreide-
und Grasschnitt begann nicht selten um 4 Uhr in der früh.
Oder wenn man zum Markt mit dem Ochsenkarren musste. Da marschierte man
meist schon um 5 Uhr früh los.
Logisch. Fällt mal flächendeckend der Strom für länger als eine Woche aus, wird man mit Notschlachtungen nicht mehr nachkommen, die nicht gemolkenen Turbo-Kühe werden vor Schmerzen brüllen, wenn die Euter am Platzen sind.
Die Schwabenkinder hatten oft nichtmal vernünftige Schuhe, wenn sie
morgens bei Rauhreif auf die Felder mussten. Zur Not hielt man die nackten
Füsse unter die warme Kuhpisse und stecke die Füsse in frische Kuhfladen.
Das schützte wenigstens vor dem Erfrieren der Zehen.
"Die gute alte Zeit" oder was? Bist Du da auch durch und neidest das den heutigen kids, dass diese ein vielleicht doch besseres weil einfach angenehmeres Leben haben?
Soviel zum Thema zumutbar. Es ist interessant, wie verweichlicht diese
Gesellschaft binnen einer oder zwei Generationen geworden ist. (Soll keine
Wertung sein zum Thema Schule um 8 Uhr, nur ein allgemeiner Hinweis!). In
den meisten Teilen der Welt wäre man froh, wenn man ÜBERHAUPT Zugang zu
Bildung hätte. Hier beschwert man sich über den Unterrichtsbeginn um 8
Uhr, und dass der Schulbus 4 Sitze zu wenig hat oder die Kinderchen 700
Meter zu Fuss gehen müssen.
Sei mir nicht böse, aber bist Du Dir wirklich sicher, dass Du bei der Verwendung von "verweichlicht" nicht wertest?
Ja, diese Gesellschaft ist zum Tode verurteilt, das wird mir immer klarer.
Diese Generation wird eines Tages hinweggefegt werden, so wie es allen am
Ende verweichlichten Gesellschaften erging. Die fetten römischen
Gutsherren konnten eben nicht mehr kämpfen, genauso wie unsere verfetteten
und in Watte gepackten Kinder keine Chance mehr gegen tüchtigere haben
werden.
ALLES ist zum "Tode" verurteilt, wirklich alles, bis alles in einem "lauwarmen" Universum ohne Ungleichgewicht mit geringstmöglicher Entropie verteilt ist (hoffe, dass ich das als Nicht-Physiker thermodynamisch korrekt ausgedrückt habe).
Dafür muss man wahrlich kein Prophet sein " /> !
Dazwischen läuft halt ALLES in Wellen und nach dem Gesetz des Stärkeren (95% aller momentan auf diesem Planeten lebenden Arten würden jubeln (wenn sie könnten), wenn der Mensch an sich, die "Krone der Schöpfung" hinweggefegt würde).
Bis zu welchem Ende auch immer ziehe ich den Aufenthalt in einer schönen Therme dem Füße-in-einen-Kuhfladen-stecken in jedem Falle vor, bin ganz schön dankbar und demütig, und verbleibe mit der Frage, ob ich mir aus Abhärtungsgründen ab sofort das Dreilagige verkneifen und wieder zum Stroh greifen sollte, um vielleicht für kommende Zeiten gewappnet zu sein?
Grüße,
Prophet
--
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