Es gibt zwei Spielarten des Staates....

Kaltmeister ⌂, Montag, 06.07.2015, 18:08 (vor 3226 Tagen) @ Zandow5510 Views

...die eine basiert auf Verwandtschaft, die andere nicht. In der ersten Variante versteht sich der Staat selbst als erweiterte Familie, als Abstammungsgemeinschaft. Wie im Falle der Familie im engeren Sinne greifen hier die soziobiologischen Gesetzmäßigkeiten der Evolution: Der existenzielle Sinn ist nicht auf das Individuum ausgerichtet, sondern auf den dauerhaften Selbsterhalt des Genotyps oder des Genpools. Wie Vater oder Mutter sein in der Familie kein Selbstzweck ist - man steht in einer langen Reihe zwischen den Vorfahren, deren materiellen und imateriellen (Traditionen, Kultur) Besitz man erbt und den man, sofern man sich in seiner eigenen Lebensführung bewährt, an die Nachkommen weitergibt - so übernimmt der Bürger dieses Staates die Kultur und den Besitz der vorangegangenen Generationen, um sie an die nachfolgenden weiterzugeben. Jedem Bürger fällt schicksalhaft seine Aufgabe zu, die er zum Gelingen des großen Ganzen beizutragen hat. In diesem Staatswesen hat die Gemeinschaft im Konfliktfall den Vorrang vor dem Individuum, weil das zeitlich begrenzte Leben des Individuums für sich genommen sinnlos ist - erst als Glied in der Kette erfährt es seinen höheren Sinn.
Nicht nur der Erfolg der eigenen Nachkommen ist hier geboten, sondern, wegen der gegebenen Verwandtschaftsverhältnisse, der Erfolg auch aller anderen Bürger, deren Gene man teilt. Je höher das Maß der Verwandtschaft in einem solchen Staat ist, je größer ist der soziale Zusammenhalt. Die biologischen Bande verpflichten jeden einzelnen jedem anderen. Das ist übrigens vor dem Hintergrund der gegenwärtig stattfindenden Masseneinwanderung von zentraler Bedeutung - denn diese Variante des Staates erfordert einen gemeinsamen, von anderen Staaten abgrenzbaren Genpool, ein Mindestmaß an Verwandtschaft. Die aktuelle Einwanderung ist gewollt und findet statt, um ein staatliches Zusammenleben in dieses Sinne unmöglich zu machen.

Die zweite Variante ist das, was übrigbleibt, wenn es gar keine verwandtschaftlichen Bande gibt. Biologisch gesehen ist dann jedes Individuum gezwungen, sich auf den Erfolg nur seiner jeweils eigenen Kernfamilie zu konzentrieren (unabhängig davon, ob es das auch begreift). Wo die erste Variante dem gemeinschaftlichen Modell der erweiterten Familie folgt, in der jeder jedem biologisch und damit existentiell verpflichtet ist, da handelt es sich jetzt nur noch um ein gesellschaftliches Zusammenleben fremder, potentiell feindlicher Individuen, die einander überhaupt nicht verpflichtet sind. Es wird daher notwendig, eine Verfassung auszurufen, in der festgeschrieben ist, wem welche Rechte zukommen - weil von Natur aus sonst überhaupt kein Recht bestände. Es fehlt das verwandtschaftliche Band, das den Menschen auf die Achtung der mitbürgerlichen Rechte verpflichtet, und so würde sonst jeder nur noch danach streben, seinen eigenen Vorteil auf Kosten der anderen zu maximieren.
Diese zweite Variante entspricht offensichtlich dem modernen westlichen Staat unseres Zeitalters. Es ist leicht zu sehen, dass es sich um die schlechtere von zwei Möglichkeiten handelt, sich staatlich zu organisieren - eine Möglichkeit, auf die man lediglich zurückgreifen sollte, wenn man keine andere Wahl hat. Denn die Tatsache, dass das Leben hier durch verfassungsmäßige individuelle Rechte reguliert wird, bedeutet nicht, dass sich auch jeder daran hält. Nicht jeder lebt den Geist des Kategorischen Imperativs; es hat sich vielmehr als besonders erfolgreich erwiesen, diesen Geist zu predigen, sich selbst aber nicht daran zu halten. Auf Dauer werden daher solche staatlichen Konstruktionen immer fragil bleiben und schließlich an der sich ausbreitenden, allgemeinen sozialen Verwahrlosung zerbrechen.


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