Es ist ein Konflikt zwischen "Ostukrainern"

pigbonds, Sonntag, 25.01.2015, 12:33 (vor 3661 Tagen) @ Miesespeter6049 Views

Vieles sehe ich wie Du. Aber in einem Punkt irrst Du Dich gewaltig.

Der Konflikt zwischen Westukrainern und Ostukrainern (polnischorientierten
und russischorientierten Kosacken) ist jahrhundertealt. Hier spielt sich
Jugoslawien 2.0 ab.

Der Konflikt spielt sich zwischen Ostukrainern ab, die gespalten sind. Einige
präferieren die Nähe zu Russland und die anderen, obwohl sie sich selber als
"russisch" bezeichnen, die Nähe zum Westen. Die Gründe sind individuell und meist
pragmatisch - sicheres Einkommen resp Rente ist das wichtigste.

Die Ostukrainer wollen diesen Konflikt nicht mit Gewalt lösen, weshalb sich so wenige
von ihnen an die Waffen rekrutieren lassen. Wenige wollen in die Armee, wenige wollen
zu den Separatisten.

Die Leute im Donbass sind höchst passiv, die Aktiven verlassen den Donbass je länger
je mehr, das ist der Grund, weshalb dann "das alles über sie ergeht".


So wird der Donbass der Kampfplatz jener, die russische Dominanz erlebt haben und
immer noch fürchten und dem Kreml, der dort von seiner Unfähigkeit im eigenen Land
ablenken kann.
Dazu kämpfen noch jene, die dort "Eigentum" verteidigen, was dazu geführt hat, dass
es mehrere Gruppen gibt, die sich mal bekämpfen und sich dann wieder verbünden. Es
gibt viele Gruselgeschichten über Abrechnungen zwischen "Russen" und "Don Kosaken" in
der Gegend von Lugansk, die ich aber persönlich nicht so gut kenne und dies nicht
einzuschätzen vermag.
Einen Eindruck vermitteln diese Interviews bei "Separatistenführern" von ViceNews:
https://news.vice.com/video/russian-roulette-dispatch-86

Die ukrainische Armee ist dort tätig, weil sie es wie jede Armee nach Verfassung
zu tun hat. Sie muss die Bedrohung von Aussen abwenden. Wenn Du in Kiew
auf der Strasse bist, findest Du oft wenig Verständnis dafür, wieso man "denen
dort unten" helfen solle, wenn sie selber nichts tun. Der Kreml weiss, dass diese
Passivität der ukrainischen Regierung irgendwann gefährlich werden wird.

Und so wie die westliche Welt durchaus
verstaendlicherweise nicht mit den Serben bei ihrer Belagerung von Sarajewo
symphatisierte, so sehe ich keinen Grund, mit den Ukrainern bei der
Belagerung von Donezk zu symphatisieren. Die Ukies haben halt nur den
Nachteil, dass Donezk nicht voellig umzingelt ist, sondern einen
Nachschubkorridor hat.

Einen Nachschubkorridor von Russland her.

Donezk ist eine von Briten aufgebaute Stadt, völlig unrussisch, resp irgendwie typisch
russisch, weil man Briten beauftragen musste, die Stahlindustrie aufzubauen.
Was macht Dich also so sicher, dass Donezk nicht ukrainisch schein will? Der Maidan
wurde in Donezk mit Brutalität bekämpft. Ich habe es schon vor den Schüssen auf dem
Maidan geschrieben, als sich niemand für Donezk, Mariupol oder den Donbass interessiert
hat: http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=305502
Es heisst, wenn in Donetsk 50 Personen gegen das Regime auf die Strassen gehen, dann
entpreche dies 50'000 auf den Strassen Lembergs oder 500'000 auf den Strassen Kiews.
Letzte Woche sind über 30 Aktivisten mit gebrochenen Knochen ins Spital von Donetsk
eingeliefert worden...

Donezk ist völlig von der Mafia kontrolliert, dort geht man nicht so kompliziert mit
Kritikern um, wie dies in Kiew oder Moskau geschieht. Dort muss man entweder ruhig oder
stark sein.


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