Nanu? Wo siehst Du denn Steuerzahler geschaedigt?

Miesespeter, Donnerstag, 29.01.2015, 19:20 (vor 3965 Tagen) @ politicaleconomy3620 Views
bearbeitet von unbekannt, Donnerstag, 29.01.2015, 19:38

Hi PE,


Alles war leicht vorherzusehen - nur nicht von unseren blind gemachten
Politikern. Profiteure: die kreditgebenden Banken, die sich nach dem
Megabailout von 2008 als unsinkable kings of the world fühlen konnten und
auch hier darauf spekulieren: GR ist pleite und wird nie zurückzahlen,
wenn es zu Austerität gezwungen wird, sowieso: ABER DIE EU WIRD MIT DEM
ESM AUCH DAS ÜBERNEHMEN, SODASS WIR EINMAL MEHR IN DIESEM NULLSUMMENSPIEL
DIE EUROPÄISCHEN "STEUERZAHLER" FÜR UNSERE GEWINNE VERSCHULDEN KÖNNEN.

Verstaendnisfrage:

Wenn - wie ja zb Varoufakis vorschlaegt , die Schulden vom griechischen Staat ueber komplexe Strukturen und byzantinische Argumentationen (um den Vorgang fuer die einfache Medienpropaganda moeglichst unverdaulich zu machen) auf supranationale Entitaeten (EZB, ESM, EIB, EIF) umgebucht werden, vermutlich unter Zinsverzicht, wo siehst Du da den europaeischen Steuerzahler verschuldet?

Ich sehe nur eine nationale Entitaet, die zahlungsunfaehig ist, und mindestens eine supranationale Entitaet, die es nicht ist und nie werden wird (EZB).

Den Steuerzahler, als Individuum, der ueber seine abgefuehrten Steuern das Kapital der Banken auffrischt, kann ich beim besten Willen nicht erkennen?


ENTEIGNUNG DER MASSEN ÜBER DEN IDEOLOGISCH VERDECKTEN UMWEG MITTELS
NEOLIBERALER IDEOLOGIE GLEICHGESCHALTETER POLITIKER UND ZENTRALBANKEN.

Daher faellt es mir auch schwer, hier eine Enteignung der Massen zu erkennen.

Es wird den Massen ja nichts genommen.

Vielmehr wird - finanztechnisch gesehen - den Sparern als Glaeubiger der Banken, Versicherungen und sonstigen Finanzinstituten garantiert/gegeben. Und denselben Sparern als Inhaber von Finanzforderungen und -titeln im gleichen Zug genommen, indem die Geldbasis verbreitert wird (und dadurch - zumindest theoretisch - inflationiert wird; in der Praxis, siehe Japan, sind die Auswirkungen in dieser Richtung je nach Umfeld sehr beschraenkt). Es ist ein Nullsummenspiel psychologischer Art, und sowohl Soll wie Haben schlagen auf die Konten der Sparer.

Die Massen hingegen haben kaum etwas, was man enteignen koennte. Man kann sie hoechstens verarmen, indem man ihr zukuenftiges Einkommen kuerzt.

Realkapitalistisch betrachtet - und am Ende des Tages geht es doch darum, der gesamte debitistische Spielaufbau dient der Erzwingung (und der Verteilung) immer groesseren Realoutputs und Realvermoegen - ist das Einkommen als Kriterium jedoch auch nicht ausreichend, um den Wohlstand zu betrachten, sondern muss selbstverstaendlich in Relation zur Kaufkraft gesetzt werden.

Fuer die Griechen zb waere es hilfreich, wenn die EU Einfuhrzoelle auf Non-EU Produkte erheben wuerden (wie China das selbstverstaendlich umgekehrt macht), um ihre Arbeitsplaetze konkurrenzfaehiger zu machen.

Gleichzeitig wuerde dies aber natuerlich die Produkte fuer (alle) Konsumenten in der EU verteuern. Am Ende haette der statistisch durchschnittliche EU-Buerger dann zwar mehr Einkommen, koennte aber vermutlich damit nicht mehr kaufen als vorher.

Umgekehrt ist es ebenso. Laesst man alle Billigprodukte zollfrei hinein, die mit Lohnkosten von 200 Euro/Monat produziert werden, dann sind viele Arbeitsplaetze in Europa nicht mehr aufrechtzuerhalten (es sei denn, die Loehne fallen hier auch auf 200 Euro plus ein paar Euro Nearshore-Transaktionskostenvorteile). Gleichzeitig kosten aber viele Produkte nur einen Bruchteil dessen, was sie bei alternativer EU-Produktion kosten wuerden. Der statistisch durchschnittliche EU-Buerger hat nun zwar weniger Einkommen, kann aber billiger kaufen als vorher.

Das einzige Problem besteht doch darin, dass es den 'statistisch durchschnittlichen EU-Buerger' in der Reinform nicht gibt, sondern eben manche ueber der Norm liegen (und somit - teils erheblich - profitieren) und andere unter der Norm (und somit zum Verlierer werden).

Die Aufgabe waere doch also, hier realistische und praktikable Mindeststandards zu definieren, und dann einen gewissen Ausgleich von den Gewinnern zu den Verlierern zu gestalten. Nicht, um diese nunmehr zu Gewinnern zu machen, aber ausreichend, um den weitestgehend individuell unverschuldeten Absturz in das soziale Nichts abzufedern.

Gruss,
mp

--
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