Relator und Relatum? - Wie kann man sich auf dem Spielfeld der Macht orientieren?

BillHicks ⌂, Wien, Donnerstag, 11.05.2017, 03:09 (vor 2782 Tagen) @ Ashitaka6900 Views
bearbeitet von unbekannt, Donnerstag, 11.05.2017, 19:08

Hallo Bill,

Hallo Ashitaka,

wo ist die Zentralmacht in der EU? Wer ist diese "Zentralmacht"?


ein Verhältnis, ob nun ein Zentralmachtverhältnis, ein
Schuldverhältnis oder aber auch die Liebe, kann als passive
Beziehung im kartographischen Sinne nirgendwo verzeichnet werden. Es ist
immer nur der sich wandelnde Ausdruck (die aktive Potenz), welche wir in
einen Bezug zu jeweils handelnden Personen setzen können (beliebig, wenn
auch gestalterisch).

ich habe große Schwierigkeiten zu verstehen, was genau Du meinst. Versuchst Du mir hier zu sagen, dass eine Relation aus einem Relator und Relata besteht?

Solange dir das Zentralmachtsystem (die Potentialstruktur) nicht als ein
Verhältnis und sein Ausdruck (Macht, Ohnmacht) als Verhältnismäßigkeit
bewusst wird, solange starrst du nur auf eine vor dir liegende Landkarte,
verwechselst beliebige und ständig wechselnde Positionen in Bezug auf
Macht und Ohnmacht (Verhältnismäßigkeit), mit dem Verhältnis als
solches.

Das sehe ich nicht so. Mir ist durchaus bewusst, dass auf dem Spielfeld der Macht ständig Veränderungen statt finden.
Ich unterscheide auf diesem Spielfeld öffentlich-rechtliche von privatrechtlichen Akteuren. Du tust das nicht. Warum nicht?

Heute ist es Freshfields, die das Potential im EU-Gebiet realisieren,
morgen schon ist es eine andere Kanzlei, welche im Auftrag der
Bundesregierung die uns vorgeschobene Bühne der Ahnungslosigkeit berät,
vor Gerichten vertritt und mittlerweile sämtliche Entwürfe schreibt.

Hältst Du den privatrechtlichen Akteur "Freshfields" für mächtiger als den öffentlich-rechtlichen Akteur "deutsche Bundesregierung"?
Wenn es "hart auf hart" kommt, wer ist mächtiger? Wer hat die größeren Handlungsspielräume? Wer kann die Handlungsspielräume des anderen eher verändern?
Die deutsche Bundesregierung oder Freshfields?

Mein Punkt - und auf den gehst Du bislang mit keinem Wort ein:
Auf der deutschen Bundesebene gibt es einen mächtigen, sichtbaren, öffentlich-rechtlichen Akteur, der sich wegen seiner Sichtbarkeit beim heutigen Stand der politischen Entwicklung im sog. "Westen" demokratisch legitimieren muss.
Auf der europäischen Ebene gibt es keinen mächtigen, sichtbaren, öffentlich-rechtlichen Akteur, der demokratisch legitimiert wird.
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Bundesstaat.
Die EU ist kein Bundesstaat (sondern ein "Staatenverbund" bzw. ein "völkerrechtlicher Herrschaftsverband").

Macht es für Dich einen Unterschied, ob Du das Gebilde "USA" mit einer Bundesregierung in der Analyse vor Dir hast, mit einem sehr mächtigen öffentlich-rechtlichen Akteur an der Spitze der Machthierarchie, oder ob Du das Gebilde "EU" vor Dir hast, dem dieser Akteur fehlt?
Was haben die USA und die EU gemeinsam? Was unterscheidet die beiden politischen Gebilde?

So wie ich Dich verstehe, gibt es für Dich gar keinen Unterschied, u.a. auch, weil Du die Akteure im Kampf auf dem Spielfeld der Macht nicht nach privatrechtlich/öffentlich-rechtlich unterscheidest.

Wir sind uns denke ich einig: In beiden Systemen (USA u. EU) gibt es jeweils irgendeine "Zentralmacht" in dem Sinne, dass es jeweils irgendeinen "mächtigsten" Akteur gibt. In den USA halte ich die US-Bundesregierung für den mächtigsten Akteur. In der EU halte ich derzeit die deutsche Bundesregierung für denjenigen Akteur mit dem größten Handlungsspielraum und mit den größten Möglichkeiten auf die Handlungsspielräume anderer Akteure einzuwirken. Eine mächtige europäischen Regierung aber, die Entscheidungen auch gegen die Einzelinteressen der übrigen Mächtigsten treffen und durchsetzen könnte, die fehlt.

Für mich liegt hier ein gravierender Unterschied vor:
- Der mächtigste Einzelakteur in den USA ist so designed, dass US-Gesamtinteressen wahrgenommen werden könnten (das gelingt freilich nicht immer und hat u.a. auch mit politischem Verfall zu tun).
- Der mächtigste Einzelakteur in der EU ist für mich die deutsche Bundesregierung und diese kann gesamteuropäische Interessen gar nicht vertreten, wenn sie ihr Mandat, nämlich gesamtdeutsche Interessen zu vertreten, nicht ignorieren will.
Da es aber unbestritten gesamteuropäische Interessen gibt (z.B. in währungs- und wirtschaftspolitischen Fragen, in Fragen der gemeinsamen Grenzsicherung etc.), stellt sich für mich die Frage, wer diese gesamteuropäischen Interessen wahrnimmt.

Noch einmal die Frage (auch @Ostfriese hat sie ignoriert): Gibt es für Dich wesentliche Unterschiede zwischen der EU und den USA oder ist in beiden Fällen alles irgendwie "Zentralmacht" und die Unterschiede deshalb unwesentlich?

Herzlichst,

Ashitaka

Schöne Grüße

--
BillHicks

..realized that all matter is merely energy condensed to a slow vibration – that we are all one consciousness experiencing itself subjectively. There's no such thing as death, life is only a dream, and we're the imagination of ourselves.


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