Rechtsobjekte erster Ordnung (Sachen) und Rechtsobjekte zweiter Ordnung (Rechte).

BillHicks ⌂, Wien, Donnerstag, 01.09.2016, 19:53 (vor 2802 Tagen) @ tar3480 Views

Hey tar,

danke für Deine Fragen!

Gunnar Heinsohn (oder Otto Steiger postum) wird den sog.
Wirtschaftsnobelpreis (leider) auch nicht bekommen, nicht zuletzt weil
er Eigentum mit Vermögen verwechselt hat und damit die 'fallacies of
composition' (Micro-->Macro) übersehen musste, die die Keynesianer
längst erkannt hatten (auch wenn diesen Keynesianern großteils nicht
einmal der Unterschied von Eigentum zu Besitz klar ist, von Recht zu
Nicht-Recht allgemein ganz zu schweigen).


Kannst du die Unterscheidung von Eigentums- und Vermögensrechten
rechtsbegrifflich einwandfrei vornehmen?

Derzeit mache ich es so:
Vermögensrechte := alle subjektiven Rechte ("Rechtsobjekte zweiter Ordnung"), die in einem Rechengeld bewertet sind. D.h. es sind geldwerte Rechte, die einem bestimmten Rechtssubjekt, dem Rechteinhaber, zugeordnet sind. Diese werden in einer (ggf. gedachten) Bilanz auf der Aktivseite gelistet.

Vermögensrechte sind Rechtsobjekte zweiter Ordnung, sie sind in erster Linie:
- Eigentumsrechte := Rechte an einem Rechtsobjekt erster Ordnung, d.h. an einer Sache oder an immateriellen Gütern (dann "geistiges Eigentum" genannt);
oder
- Forderungen := Rechte gegenüber einem anderen Rechtssubjekt

Dazu:
"Das Vermögen ist eine Summe, eine Zusammenfassung von Rechten und Rechtsverhältnissen, und zwar im Hinblick auf eine bestimmte Person, der sie zustehen. Auch hier begegnet uns wieder die Gleichsetzung der Sache mit dem Eigentum an der Sache; so, wenn in einer Vermögensaufstellung nacheinander angeführt werden: Grundstücke, bewegliche Sachen, Forderungen und andere Vermögensrechte. Rechtlich gesehen sind Sachen, als Rechtsgegenstände erster Ordnung, nicht mit Rechten als Rechtsgegenstände zweiter Ordnung auf den gleichen Nenner zu bringen. Es müßte daher heißen: Eigentumsrechte an Grundstücken, Eigentumsrechte an beweglichen Sachen, Forderungen und sonstige Rechte. Mit Recht sagt v. Tuhr: „Keine unmittelbaren Bestandteile des Vermögens sind die Objekte der zum Vermögen gehörenden Rechte; das Vermögen besteht aus dem Eigentum an den Sachen, die dem Berechtigten gehören, nicht aus den Sachen selbst, aus den Forderungen, nicht aus den Leistungsgegenständen, die vermöge der Forderung verlangt werden können.“
(Karl Larenz. 1967. Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts. München: C.H. Beck, 305-306)

"Forderungsrechte sind vermögensbezogene Ansprüche eines Gläubigers
gegenüber einem Schuldner. Die Ansprüche lauten auf Bezahlung einer in
Geld definierbaren Schuld."

Ja.

Da frage ich mich, inwiefern sich nun die Bedienung dieses Rechts auf das
Vermögen des Schuldners auswirkt und wie auf sein Eigentum.

Eigentumsrechte sind nur eine Unterart der Vermögensrechte, welche alle geldwerten Rechte umfassen.

Ebenso bei
einem eingegangenen Kreditvertrag, in dem Grundstückseigentum belastet
wird und wie sich das vermögenstechnisch widerspiegelt.

Entweder gibt es die "unbeschränkte Vermögenshaftung", d.h. der Schuldner haftet mit seinem gesamten Vermögen für die Erfüllung seinem Gläubiger gegenüber. Oder es liegt eine "beschränkte Vermögenshaftung" vor, d.h. es darf im Fall der Fälle nur auf bestimmte Teile des Vermögens zugegriffen werden. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Schuldner Realsicherheiten gegenüber dritten Gläubigern gestellt hat, die diesen Dritten ein Recht exklusiver oder vorrangiger Befriedigung einräumen.

So weit ich weiß,
ist das vermögenstechnisch bilanzneutral und wird erst im Zeitverlauf
sichtbar (durch entsprechende Zinsen).

Wenn ein bilanzverlängernder Vorgang erfolgsneutral ist, heißt das, dass sich die abgezinsten erwarteten Zahlungsströme (= Bewertung der Vermögensrechte heute) nicht geändert haben. Mit dem Zeitablauf kann sich das freilich in beide Richtungen ändern.

Durch eine solch erfolgsneutrale Bilanzverlängerung ändern sich jedoch immer die erwarteten tatsächlichen, d.h. die nicht auf den heutigen Tag abgezinsten, Zahlungsströme.
Wenn sich diese nicht ändern würden (z.B. mit dem Ziel der höheren "Liquidität" o.ä.) wozu würde man die erfolgsneutrale Bilanzverlängerung sonst durchführen?

Beim Blick auf das Eigentum wird
aber sofort klar, dass dessen Belastung gegen Liquidität steigt bzw.
sinkt.

Angenommen: es existiere ein Rechtssubjekt, das ein Eigentumsrecht an einem Grundstück hält, aktuelle Bewertung: 100.
Auf dem Grundstück lasten keinerlei Grundpfandrechte u.ä.
Das Grundstück ist also nicht "belastet".

Nun wird durch das selbe Rechtssubjekt ein per Grundpfandrecht (sagen wir eine Hypopthek) am Grundstück besicherter Kredit in Höhe von 60 aufgenommen.
Hat sich durch diese "Belastung" des Eigentumsrechts die Bewertung desselben am Grundstück geändert? Wie wird das in der buchhalterischen Praxis gehandhabt?
Was wohl schon zutrifft ist, dass das Eigentumsrecht am Grundstück nun nicht mehr voll zu Zwecken der Vermögenshaftung für ungesicherte Gläubiger zur Verfügung steht. Aber kann man das in der Bilanz erkennen? Sollte man Bilanzierungsregeln erlassen, die soetwas zwingend sichtbar machen? Wie könnte das gehen?

Gruß!â„¢

Nochmals danke für die Fragen und schöne Grüße

--
BillHicks

..realized that all matter is merely energy condensed to a slow vibration – that we are all one consciousness experiencing itself subjectively. There's no such thing as death, life is only a dream, and we're the imagination of ourselves.


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