System-Destabilisierung
Hi Revo,
Varoufakis ist für mich gerade deshalb so interessant, weil er genau
das
getan hat und dabei kein Blatt vor den Mund nimmt - sowohl, was die
Eurokraten als auch was die USA angeht. Und was die Ökonomie angeht,
sowieso.
Vielleicht. Vielleicht ist er aber auch nur eine Schachfigur des Systems
um das System zu stabilisieren. Deine Hoffnung, die Du in ihn setzt, ist
ein Ausdruck von Systemstabilisierung: Wer hofft, macht weiter. Wer weiter
macht, konsumiert, produziert, zahlt Steuern und Zinsen. Varou. ist wohl
authentisch - aber eben deshalb perfekt für den Zweck, "den Strom der
Unzufriedenheit" letztlich in ungefährliche Bahnen des Systems zu lenken".
Du möchtest also "das System" destabilisieren bzw. zusammenkrachen lassen (da würden die meisten Marxisten ja Beifall klatschen) - und was für ein Alternativsystem stellst Du Dir vor für nach dem großen Kladderadatsch/Reinemachen?
Ich hoffe, Du hast dafür konkretere Pläne als die jetzigen, auf der Basis ein paar realitätsfremder hohler Phrasen agierenden Politiker (die damit - ja ganz in Deinem Interesse - das System destabilisieren) ...
Er bringt uns alle jedenfalls mindestens ein Stück weit voran in
dieser
Suche nach einer neuen Deutung und einer darauf basierenden Strategie,
die
Teil einer gesamtgesellschaftlichen Bewußtseinskrise ist, meine ich.
Persönlich glaube ich nicht, dass wir eine "Bewusstseinskrise" haben.
Mit Bewußtseinskrise meine ich: die übergroße Mehrheit sieht mit Entsetzen, wohin die Reise geht - nämlich in den Abgrund. Sie versteht aber nicht, wieso, und hat keine Ahnung was anzuzielen wäre, um die Richtung zu ändern. Stattdessen macht sie weiter wie bisher, weil die problematischen Handlungsmuster zu selbstverständlich sind, als als das Problem erkannt zu werden. In other words, es ist ein Problem von der Wirklichkeit überholter Handlungsgewohnheiten - die alten Gewohnheiten funktionieren nicht mehr, sie bringen nicht mehr die gewünschten und erwarteten Ergebnisse. Da ist es notwendig, zu lernen und neue Fragen zu stellen.
Ich
glaube, das Bewusstsein durchaus da,
Bewußtsein wovon?
auch in der Breite, nur es bleibt
gesellschaftlich irrelevant, da alle gesellschaftlich relevanten
Organisationen auf Linie sind.
Meine persönliche Meinung: auch wenn MD e.V. oder campact oder
ähnlich
Organisationen selbst noch alten ideologischen Klischess verhaftet
sind,
muß man doch ihre Initiativen gegen solche Angriffe des Konglomerats
aus
US-Großbanken, Großkonzernen und geopolitischen Strategen auf die
Freiheit Europas (wenn es die jemals gab) wie TTIP, TISA und CETA
unterstützen, und sei es nur, um Problembewußtsein zu schaffen und
eine
Diskussion in Gang zu bringen, die dann im Zuge des weitergehenden
Suchprozesses auch auf andere Themenfelder ausgeweitet werden kann und
sollte.
Sehe ich exakt nicht so. Jedes Engagement für die Organisationen des
Systems, stärkt das System, verlängert die Lebensdauer des Ganzen. Meine
persönliche Lösung ist: Weitgehende Abstinenz - soweit das eben geht. Und
Engagement in autonomen Kleingruppen - aber ohne Erwartung, etwas zu
erreichen.
Ja, abkapseln, einfach alles laufenlassen, möglichst schnell den großen Kladderadatsch herbeiwünschen, das automatische Großreinemachen. Hinterher wird dann alles "automatisch" "irgendwie" besser sein - wieder würden die Marxisten Beifall klatschen, die sehnen den automatischen Systemkollaps mit anschließendem Wunderbar schon seit 200 Jahren herbei, und nicht mal 1929ff. hat es geklappt.
Kann schon nachvollziehen, daß Du frustriert bist. Aber ich halte es für besser, auf Lösungssuche zu bleiben.
Gruß
PE