3Â Â Â Â Â Â Das Minimum-Konzept des sinnvollen Bausparens - Ausschoepfen der Bausparfoerderung und des Sparzinssatzes
3      Das Minimum-Konzept des sinnvollen Bausparens – Ausschoepfen der Bausparfoerderung und des Sparzinssatzes
Die Idee des Bausparens ist "typisch deutsch". Wie der Pfandbrief oder das Raiffeisen-Genossenschaftswesen ist es eine urdeutsche Sonderentwicklung. Ja, es gibt in den angelsaechsischen Laendern sog. "Building Societies". Aber das sind keine Bausparkassen im deutschen Sinne.
Der deutsche Bausparvertrag wurde entwickelt, um Familien zu helfen, zu bauen, als die Bauwelt und die Grundstueckspreise noch anders aussahen. Facharbeiter erhielten oft noch Werkswohnungen und oft Arbeitgeberdarlehen zusaetzlich (i.d.R. ohne grundbuchliche Besicherung!), die Frau war Hausfrau und der Lohn reichte "irgendwie" zum Leben. Das Haus hatte keine Toilette (die war im Hof) und ein Bad schon gar nicht – man ging in die oeffentliche Waschanstalt oder wusch sich mit dem heissen Wasser aus dem "Bain-marie" des Kohleherdes in der Kueche.
Als die Kolonien in den sechziger und siebziger Jahren reihenweise "souveraen" wurden, war das deutsche Bausparkonzept Exportschlager nach Afrika. Reihenweise wurden pensionierte Bausparkassen-Vorstaende unter Mithilfe des Entwicklungshilfeministeriums Berater fuer den Aufbau afrikanischer Bausparkassen etc. Heute hoert man davon nicht mehr viel. Heute spielt in Entwicklungslaendern "Mikrofinanzierung" eine Rolle, bei uns die Verbriefung uneinbringlicher Forderungen mit Top-Rating. Deutlicher kann man Unterschiede nicht ausdruecken.
Die Zeiten haben sich gewandelt. Die Grundstueckspreise sind andere, die typische Ausstattung eines Hauses eine ganz andere und wo heute eine Familie mit zwei Kindern lebt, haetten frueher drei Familien mit je fuenf Kindern gelebt auf denselben Quadratmetern.
Bei uns zahlt man heute dreissig Jahre "am Haeusel" ab, d.h. das typische Annuitaetendarlehen mit ca. 30 Jahren Laufzeit, in den Niederlanden oder China gibt es sogar "three generation mortgages", d.h. mit bis zu 90 Jahren Laufzeit.
Der vorher voll eingezahlte zuteilungsreife Bausparvertrag ist so gut wie tot. Wenn, dann werden mehrere Bausparvertraege hintereinanderschaltet, die dann kompliziert vorfinanziert werden usw. usf. – und das ganze endet meist als Groschengrab, zumal, anders als beim Annuitaetendarlehen, mit dieser Konstruktion oft heftige Zwischen-Ausschlaege in den monatlichen Belastungen verbunden sind, was aber nur der vorher merkt, der eine fachkundige Computersimulation durchfuehrt.
Von all solchen Konstruktionen soll hier nicht die Rede sein. Sie werden nur erwaehnt, um sie von dem abzugrenzen, wofuer ein Bausparvertrag auch heute noch taugt und inwiefern er einen sinnvollen, anders nicht darstellbaren Bestandteil des Vermoegensaufbaues darstellen kann. Und ja, man kann ihn dann spaeter dennoch zum Renovieren nehmen, etwa das Dach damit neu decken lassen. Man kann damit auch mit Geschick ein Auto finanzieren, obwohl das kein "wohnungswirtschaftlicher Zweck" ist. Aber deswegen (allein) sollte man ihn nicht abschliessen, sondern erstmal wegen der Sparfunktion.
Bevor jetzt einige darauf hinweisen, dass, wenn alle nur Bausparen, aber keiner ein Bauspardarlehen nach Zuteilungsreife abruft, auch das Sparen nicht lange gut gehen kann: das sollte nicht die Sorge des Bausparers sein. Es ist theoretisch richtig, aber es gibt einerseits immer noch genuegend Menschen, die auch trotz 70%-Grenze und hoher Tilgung bauspar-finanzieren, es gibt aber auch genuegend, die dann den zuteilungsreifen kleineren BSV zum Finanzieren von kleineren Bau- und Renovierungsvorhaben nutzen.
Vor allem aber muss das nicht die Sorge des individuellen Bauspar-Anfaengers sein. Denn: eine gute (!) Bausparkasse nimmt auch nur soviel Neugeschaeft herein, wie sie im Gegenzug voraussichtlich zur Unterlegung von Bausparfinanzierungen brauchen kann. Sie haelt daher ihre Vertreter im Zaum, das Neugeschaeft nur nach bestimmten Kriterien zu forcieren. Darueber koennte man nun ein eigenes Kapitel oder gar Buch schreiben, aber darum geht es hier nicht. Man muss nur nicht die Bausparkasse mit der grellsten Werbung nehmen oder auf Abkuerzungen wie Bauen Heisst Warten oder Alle Hoffen Weiter hereinfallen und dann geht das schon in Ordnung.
Die Frage der richtigen Auswahl der Bausparkasse wird zum Schluss behandelt.
3.1Â Â Â Â Â Â Bausparen als Teil des vernuenftigen Vermoegensaufbaus
Bausparen ist zu allen Zeiten, ausser in extremen Hochzins-Phasen, deshalb sinnvoll, weil es einen festen Spar-Zinssatz gibt, der sich ueber die Laufzeit nicht aendert; hinzu kommt, wenn man nicht zuviel verdient, die staatliche Bausparfoerderung. Der Zinssatz ist beim klassischen Bauspartarif 3% in der Ansparphase und fuehrt zu einem Darlehenszinssatz von 5% in der Darlehensphase, wenn man den BSV in Anspruch nimmt.
Tut man es nicht und haelt bestimmte Mindestfristen ein, darf man die staatliche Foerderung aber dennoch behalten, auch wenn man sich spaeter dieses "Sparbuch" einfach nur auszahlen laesst. [Sorry, das ist falsch - das war hier hereingerutscht, weil Teile dieses Textes von vor 2009 stammen ... mittlerweile darf man die Wohnungsbaupraemie nur noch behalten, wenn man den Bausparvertrag auch bestimmungsgemaess nutzt.]
Darin liegt der Reiz des Bausparens "fuer jedermann", wenn er/sie einen bestimmten Sparbetrag im Jahr eruebrigen kann, an den er/sie auch nicht wieder vorzeitig heran muss. Letzteres ist wichtig: wer absolut auf Flexibilitaet angewiesen ist, soll ein Sparbuch, Tagegeldkonto oder einen Geldmarktfonds nehmen, ein BSV eignet sich in der Ansparphase ausschliesslich zum Einzahlen, nicht zum Abheben! (Wem ein BSV-Vertreter was anderes erzaehlt – ja, es gibt alle moeglichen Modelle, aber deren Vor- und Nachteile zu beschreiben beduerfte es wieder eines Buches; Fazit: wer dem Verfasser dieses Beitrages vertraut, laesst die Finger einfach weg davon! Und nein, ich werde das nicht weiter begruenden – wer so tief einsteigen will, wegen letztlich laeppischer Betraege (!), der muss auch seine Hausaufgaben selber machen!)
3.1.1Â Â Â Â Â Â Die staatliche Bausparfoerderung in Deutschland
Die Verzinsung eines normalen "klassischen" Bausparvertrages betraegt 3% in der Ansparphase. Dazu legt der Staat noch maximal 8,8% an staatlicher Bausparfoerderung "obendrauf" (Wikipedia: "Je Kalenderjahr werden jedoch maximal Aufwendungen in Höhe von 512,- € (Einzelperson) bzw. 1024,- € (Ehepaar) bezuschusst, sodass die jährliche Höchstprämie bei 45,06 € bzw. 90,11 € liegt (§ 3 Abs. 2 WoPG)." sofern man die Einkommensgrenzen nicht ueberschreitet: "Personen, deren zu versteuerndes Einkommen im Sparjahr 25.600 € (Alleinstehende) bzw. 51.200 € (für zusammenveranlagte Ehegatten/Lebenspartner) übersteigt, haben keinen Anspruch auf Wohnungsbauprämie (§ 2a WoPG).". Diese Foerderung berechnet sich aus dem eingezahlen Sparbetrag im verflossenen Jahr.
Anders als bis 2009 (Altverträge) wird die Bausparfoerderung allerdings seit 2009 nur noch ausgezahlt, wenn der Bausparvertrag spaeter auch bestimmungsgemaess verwendet wird (d.h. nicht mehr, wenn er "einfach so" ausgezahlt wird). Dies kann sich aber dann immer noch lohnen, wenn man ohnehin z.B. renovieren will oder andere baubezogene Ausgaben beabsichtigt.
Um nun die Optimierung eines Bausparvertrages hinsichtlich des Gesamt-Vermoegensaufbaues zu verstehen (und allein darum geht es in diesem Beitrag!) muss man noch ein paar Grundbegriffe des Bausparens verstehen.
3.1.1.1Â Â Â Â Â Â Bausparsumme
Die Bausparsumme ist die Summe "auf die der Bausparvertrag lautet". Ein Bausparvertrag von z.B. 10.000 Euro heisst weder dass man dafuer 10.000 Euro Darlehen bekommt noch dass man umgekehrt 10.000 Euro ansparen muesste. Vielmehr werden beim klassischen Bausparvertrag 40% angespart, damit man spaeter, wenn man ihn denn zum Finanzieren nutzen wollte, 60% Darlehen dazu erhaelt.
Wenn man also spart, spart man 40% = 4.000 Euro an, dann wartet man auf die Zuteilung, dann erhaelt man 10.000 Euro "zum Bauen" heraus – d.h. 4.000 Euro eigenes Geld aus der Ansparphase und 6.000 Euro Darlehen.
Diese 6.000 Euro Darlehen muss man dann mit 4% im Jahr tilgen, zahlt aber einen von vornherein festgelegten Zinssatz von 5% ueber die gesamte Laufzeit. Man weiss also bei Abschluss eines klassischen Bausparvertrages, wieviel man aufwenden muss, um ein bestimmtes Darlehen zu bekommen und was dann, nach vielen Jahren, dieses Darlehen kosten wird. Bei einer normalen Baufinanzierung weiss man das ja erst, "wenn es soweit ist". Ich habe ein paar mal Familien erlebt, die immer, wenn sie glaubten, kaufen zu koennen, erleben mussten, dass die Zinsen wieder gestiegen waren und sie noch ein Jahr warten mussten. in dem Jahr waren dann aber Baupreise und Zinsen wieder gestiegen und das Nicht-Kaufen-Koennen wiederholte sich. Scheint in Bosnien einfacher zu sein … Beim BSV weiss man das vorher.
Aber: wegen der gegenwaertigen extremen Niedrigzinsen, die sich auch vielleicht nie wieder ganz "erholen" werden, da dann die explodierenden Staatsschulden nicht mehr finanzierbar waeren, erscheint mir unklar, ob klassische Bausparvertraege je wieder ihre alte Rolle werden uebernehmen koennen.
3.1.1.2Â Â Â Â Â Â Die Abschlussgebuehr
In der Regel erhebt die Bausparkasse 1% der Bausparsumme als Abschlussgebuehr, im obigen Fall bei einer Bausparsumme von 10.000 Euro also 100 Euro. Diese Gebuehr ist sofort faellig; aus ihr werden Einrichtungs- und Verwaltungskosten des Bausparkontos, vor allem aber die Provision des Vertreters bezahlt. Fuer 6.000 Euro Darlehensanspruch zu festem Zinssatz zahlt man mit 100 Euro also ungefaehr 1,66% "Bearbeitungsgebuehr" auf das Darlehen.
3.1.1.3Â Â Â Â Â Â Ansparphase und Zuteilungsreife
Da die Bausparkasse die 60% Darlehen aus den angesparten 40% Sparsumme anderer Bausparer finanziert, kann sie nicht sofort das Darlehen bereitstellen. Bausparkassen sind auf organisches Wachstum und einen ausgeglichenen Bestand und konstante Spar-Zufluesse angewiesen. Sonst geraten sie in Schieflage, d.h. sie koennen Darlehen nicht zum von ihren Sparern geplanten und erwarteten Zeitpunkt bereitstellen und muessen die Sparer ein ueber's andere Jahr vertroesten. Das wird dann als "Bauen Heisst Warten" bezeichnet.
Die Zuteilungsreife bestimmt sich, wenn alles gutgeht, aus der Ansparsumme und der seit Abschluss des Vertrages verstrichenen Zeit.
Ein sinnvoll dimensionierter Bausparvertrag ist so gedacht, dass die Ansparphase sieben Jahre betraegt, in der die 40% eingezahlt sein sollten (man sieht, auch hier ein biblisches Konzept). Ist die Bausparkasse gut organisiert und nicht in Schieflage, kann man damit rechnen, dass der Bausparvertrag danach zuteilungsreif wird. Das bedeutet, man koennte ihn nun zuteilen lassen, d.h. seinen Darlehensanspruch geltend machen. Man kann aber auch weiter warten. Allerdings wird dadurch die Darlehenssumme kleiner, denn es laufen weiter (3%) Zinsen an, die Gesamtsumme von 10.000 Euro wird dadurch aber nicht groesser.
Heutzutage gilt es als "unsittlich" (und berechtigt u.a. zur Aufloesung/Abaenderung des Vertragsrahmens), hoehere Bausparsummen zu verkaufen, als der Bausparer in sieben Jahren auch besparen kann. Wenn also klar ist, dass der Bausparer im Monat nur 100 Euro eruebrigen kann oder will, so ergibt sich daraus ueber sieben Jahre 7 x 1.200 Euro = 8.400 Euro (wegen der zwischenzeitlichen Verzinsung der bereits geleisteten Einzahlungen ist die Rechung ueber sieben Jahre eigentlich komplizierter). Dies ist die Ansparsumme von 40%. D.h. die Bausparsumme darf dann nur ungefaehr 21.000 Euro lauten (8.400 = 40% plus 60% Darlehensanspruch!). Die in der Sparphase erwirtschafteten Zinsen sind der Einfachheit halber weggelassen. Es geht hier ohnehin nur um Daumenregeln.
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Zum Folgebeitrag "3.1.1.4 Bausparfoerderung und ihr Beitrag zum Vermoegensaufbau"
Zum Hauptbeitrag/Inhaltsverzeichnis "Bausparen - aber richtig! Risiken und Chancen/Vermoegensaufbau"
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Mit 40 DM pro Kopf begann die Marktwirtschaft, mit 400.000 Euro Schulden pro Kopf wird sie enden.
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