Über Geschichtsdeutungen

Weiner, Donnerstag, 17.10.2019, 20:33 (vor 1866 Tagen) @ MausS2301 Views

Vielen Dank MausS,

dass Du auf meine Provokation eingegangen bist!

Entsetzt ob solcher Entstellung und Umdeutung deutscher Geschichte

MausS

Sie geschah, um darauf hinzuweisen, dass die Geschichte, nicht nur die deutsche, so und so gedeutet werden kann. Deswegen halte ich es inzwischen für besser und zielführender, beim Studium der Geschichte so wenig wie nur irgend möglich zu deuten, stattdessen die Realität so zu nehmen, wie sie vermutlich ist. Schon das ist schwierig genug. *)

Es stellt sich dann heraus, dass zu bestimmten bzw. genauer gesagt zu bestimmbaren Zeiten die Affen viel lauter brüllen und zu anderen weniger laut - auch dass sie zu bestimmbaren Zeiten sich sehr gerne totschlagen und zu anderen Zeiten einigermaßen freundlich miteinander umgehen.

Und woran liegt das? Gewiss nicht an den Deutungen, die immer nur herbeigeholt werden, wenn es eben zum Streite gehen soll. Nein, die vermehrte oder verminderte Tendenz zum Brüllen und Totschlagen muss an was anderem liegen. Aber an was dann?

Um jedoch bei Deinem Einwand zu bleiben: Wieviel deutsche Soldaten, die eigentlich der Sozialdemokratie nahestanden (d.h. deren Vorfahren und Familien bis 1930 die Sozialdemokratie wählten), sind in den beiden Weltkriegen gefallen? Ich denke, das waren ein paar mehr als die sozialdemokratischen Abgeordneten im Reichstag, die sich drücken konnten. Und wieviel Juden sind im Ersten Weltkrieg gefallen, sogar als Offiziere, weil sie an Deutschland geglaubt haben? Haben diese Sozialdemokraten und Juden Deutschland verraten?

Dürfen wir erwarten, dass Israel mit seinen Deutungen der NS-Geschichte aufhört (mal nur HAARETZ lesen ...), wenn wir der Partei der LINKEN nicht nachsehen wollen, dass sie von der PDS und die wiederum von den Kommunisten abstammen? Können geschichtliche (!) Sünden vergeben werden? Und wenn ja, wie und wozu überhaupt?

Und was ich vergessen habe in meiner Fauna der menschlichen Gesellschaft, das sind die Wolfsrudel. Von denen kamen ab 1930 überdurchschnittlich viele in Positionen der Macht und der Verantwortung, die ihnen absolut nicht zustanden - das ist eine Bewertung und keine Deutung! Sie haben nach meiner Auffassung 'das Deutsche', das sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eigentlich sehr passabel entfaltet hatte, überaus schwer beschädigt, gewissermaßen auch verraten.

Wenn Du Schafarewitsch zitierst, "Der Tod der Menschheit ist nicht nur ein denkbares Ereignis, wenn der Sozialismus triumphiert, sondern er stellt das Ziel des Sozialismus dar", dann gibt mir mal bitte Deine Vermutung, wer die 'Georgia Guidestones' aufgestellt haben könnte.

https://de.wikipedia.org/wiki/Georgia_Guidestones

Waren das Deiner Meinung nach vielleicht Sozialisten oder gar Kommunisten? Oder könnte es sein, dass diese nur die Marionetten, Schachfiguren und Instrumente ganz anderer Leute waren und sind?

Themenwechesel, und aus aktuellem Anlass, damit keine neuen, unnötigen Deutungen entstehen: Die Hintergründe der Militäraktion der Türkei in Syrien finden sich sehr gut beschrieben in einer mehrteiligen Serie von Pierre Meyssan sowie in einer vorläufigen Bilanz von B(ernhard) auf 'moonofalabama'.

https://www.voltairenet.org/de (von hier aus zu den einzelnen Artikeln)

(Russen besetzen inzwischen die US-Positionen, und es könnte sein, dass einige von den Leuten, die aktuell die Flucht ergreifen, erst seit ein paar Jahren und 'unrechtmäßig' in der Gegend lebten ...)

https://www.moonofalabama.org/2019/10/the-win-win-win-win-plan-for-syrias-northeast-suc...

https://www.moonofalabama.org/2019/10/syria-regains-its-northeastern-parts.html#more

Bitte beachten, dass die Franzosen dort mitspielen wollten, obwohl sie dort gar nichts verloren hatten und bekanntemaßen ziemlich inkompetent sind. Und jetzt sitzen die Franzmänner ebenda in der Falle zwischen den Fronten. Davon wird man bei uns oder in Frankreich natürlich nichts hören. Schweigen ist auch eine Form von Deutung.

MfG, Weiner

*) Schon die Isolierung eines historischen Ereignisses und hernach seine Wiedereinbindung in einen neuen Kontext ist eine ziemliche Deutung. Noch mehr Deutung ist nötig, um einzelne Ereignisse miteinander zu verketten und dann hinterher als "geschichtlichen Prozess" bzw. als "Geschichte" zu bezeichnen.

Was ist das eigentlich Subjekt der Geschichte? Eine sehr interessante Frage! Für Kant ist es nicht das einzelne Individuum oder sind es nicht einzelne Gruppen (später: Klassen, die sich zum Subjekt der Geschichte aufschwingen ...), sondern es ist für ihn die "menschliche Gattung" als Ganzes.

Und was ist das Ziel der Geschichte? Gibt es überhaupt eines? Ist das Erkennen-Wollen eines Zieles nicht auch eine Deutung?


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