Goldman Sachs bringt mit dem "SETLcoin" eine eigene Währung raus. Was bedeutet das für die systemtheoretischen Diskurse?

Bernadette_Lauert, Freitag, 04.12.2015, 13:13 (vor 3352 Tagen)2544 Views
bearbeitet von Bernadette_Lauert, Freitag, 04.12.2015, 13:23

Tektonischen Platten gleich bestimmt im Hintergrund der Streite rund um die Themenkomplexe:

Staat vs. Wirtschaftsliberalismus
Soziale Marktwirtschaft vs. Laissez-faire-Kapitalismus
Ordoliberalismus vs. Freie Hand des Marktes

eine wichtige These den Diskurs.
Die Frage nämlich, ob wir gänzlich auf den Staat verzichten sollten, da - so die Behauptung - der Markt selbst in einer Privatrechtsgesellschaft für innere und äußere Sicherheit sorgen würde.

Den Anarchokapitalisten nach sollten wir also endlich getrost auf alle staatlichen Institutionen wie Polizei und Gerichte verzichten, da die unsichtbare Hand des Marktes alle Lebewesen auf dem Erdenrund speisen und streicheln würde, ließe man sie nur frei walten.

Verzeiht meinen Sarkasmus.
Aber werden Unstimmigkeiten in dieser These angesprochen, heißt es in einem zweiten (un-)logische Schritt, dass alle Ungereimtheiten oder Ungerechtigkeiten darauf zurückzuführen sind, dass wir den Markt beim Thema Geld nicht frei lassen würden. Konkurrierendes Marktgeld wäre die Voraussetzung, damit die unsichtbare Hand des Marktes die gerechte Welt voller instantan entstandener innerer und äußerer Sicherheit verwirklichen kann.

Der Bitcoin wird häufig als Antipode gegen das böse Staatsgeld genannt.

Der von mir hochgeschätzte Oliver Janich ist in dieser, hier angedeuteten anarchokapitalistischen Denke unterwegs. Ich schätze ihn dennoch, weil er ein klasse Investigativjournalist ist und sich jeder Debatte stellt (obschon er nie überzeugen kann).
Wer schwer nachvollziehen kann, wovon ich spreche: Eine Beispiel-Debatte in dem Kontext findet beispielsweise in dieser noch recht aktuellen Ausgabe "Speaker´ Corner" mit Oliver Janich und dem Investigativjournalisten Gerhard Wisnewski am Rande statt:
https://www.youtube.com/watch?v=swBq16HiMcg

Stefan Molineux ist das wohl bekannteste Gesicht hinter der auch von Janich vertretenen anarchokapitalistischen "Argumentationslinie".

[image]

Dass nun Goldman Sachs mit einer eigenen virtuellen Währung namens SETLcoin auf den Markt geht...

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/12/03/gegen-den-dollar-goldman-sachs-pl...

...ist daher ein wichtiger, zu besprechender Punkt in der beschriebenen Anarchokapitalismus-Debatte. Genauer: In Bezug auf die Marktgeld-Heileheile-Segen-Behauptung.
Denn entgegen oben genannten Behauptung der Anarchokaps muss folgende Frage bejaht werden:
Können Private Machtkonstrukte wie GS auch ohne staatsmonopolistisches Geld ihre Macht missbrauchen?

Ja, klar! In einer Welt, in der die "realitätsschaffenden" Massenmedien einer Hand voll Leuten gehört und Märkte strategisch beeinflusst werden können (siehe Gold), können Institutionen auch ihre Macht für die Privatwährung SETLcoin missbrauchen.
Sie können in letzter Konsequenz auch Privatarmeen betreiben, um Machtansprüche durchzusetzen.

Die Gleichungen "Privat = Wohlstandsbringer; Staat = Monster" spielen den gegebenen Machtverhältnissen* ideologisch in die Hände.

*USA = Oligarchie: http://www.neopresse.com/politik/usa/princeton-university-usa-ist-eine-oligarchie-keine...
*35 Konzerne kontrollieren die Welt: http://www.focus.de/finanzen/news/das-netzwerk-der-macht-diese-konzernen-kontrollieren-...

Okay, war alles.
Gruß, Bla


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