Anis Amri - Die Sünden einer korrupten Staatsbürokratie, Teil 1
Man will es nicht glauben und doch scheint es wahr zu sein.
Der deutsche Staat deckt Verbrecher und Verbrechen.
Oder ist er gar in derartiges Geschehen involviert?
Thomas Moser, der linke Chef-Aufklärer für besondere Fälle, verfolgt den Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt im Jahr 2016 und berichtet ab und zu darüber auf Telepolis.
Bisher plätscherte es so dahin und es wurden die üblichen Narrative bedient, die Aufklärung versprechen, aber meistens nicht leisten.
Vor wenigen Wochen kam allerdings etwas Bewegung in den „müden Laden“.
Es war wie ein Donnerschlag, für den ein leitender Kriminalbeamter aus Nordrhein-Westfalen am Donnerstag im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz sorgte:
Er berichtete nicht weniger, als dass Bundeskriminalamt und Bundesinnenministerium auf seine Behörde massiv Druck ausgeübt hätten, eine bestimmte menschliche Quelle aus der islamistischen Szene abzuziehen.
Dabei handelte es sich ausgerechnet um diejenige Vertrauensperson (VP), die einerseits den mutmaßlichen IS-Vertreter in Deutschland Abu Walaa ausspionieren sollte, und die zugleich Informationen über den späteren mutmaßlichen Attentäter vom Breitscheidplatz Anis Amri lieferte.
Ausschussmitglieder äußerten noch während der Sitzung ihre Bestürzung über die Aussage.
Der Zeuge erklärte in einer Pause, er trage diesen Vorfall schon lange wie eine Last mit sich herum, habe ihn nun öffentlich geschildert, weil die Opfer des Anschlages ein Recht auf die Wahrheit hätten.
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Der-Amri-Skandal-erreicht-Ex-Innenminister-De-Maiziere...
Das hat was.
Die oberen Staatsbehörden schalten einen Informanten aus, der ja eigentlich liefern soll und das bislang offenbar auch hervorragend gemacht hatte.
War der etwa zu gut?
Bei dem Zeugen handelt es sich um den Kriminalhauptkommissar R.M. vom Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen. Er leitet seit 2015 die dortige Ermittlungskommission (EK) Ventum gegen den mutmaßlichen IS-Statthalter (Islamischer Staat) in Deutschland namens Abu Walaa und vier weitere islamistisch-dschihadistische Kader.
Die Ermittlungen führte das LKA NRW im Auftrag der Bundesanwaltschaft. In dem Kreis um die DIK-Moschee (DIK: Deutscher Islamkreis) in Hildesheim bewegte sich seit etwa November 2015 auch der Tunesier Amri.
Mit der Einrichtung der EK Ventum wurde auch ein Spitzel in die Abu Walaa-Gruppe geschleust: Jene V-Person VP 01 alias "Murat". Sie war dem LKA in Düsseldorf seit vielen Jahren zu treuen Diensten. Von 15 Jahren Zusammenarbeit sprach der EK Ventum-Leiter M. am Donnerstag im Untersuchungsausschuss. Eingesetzt worden sei die V-Person im Bereich Schwerkriminalität, Organisierte Kriminalität und Islamismus.
Alle LKA-Beamten zeigten sich hoch zufrieden mit der Arbeit ihres inoffiziellen Mitarbeiters, der inzwischen abgeschaltet ist und sich im Zeugenschutz befindet. Er sei "absolut glaubwürdig" und von "herausragender Qualität" gewesen. Kriminalhautkommissar (KHK) M. bekräftigte das jetzt.
"Murat" berichtete schon bald - Ende November, Anfang Dezember 2015 - auch über Anis Amri und dessen geäußerte Anschlagsabsichten. EK Ventum-Leiter M. präsentierte für den Zeitraum Dezember 2015 bis Frühjahr 2016 eine detaillierte Chronologie der Geschichte "Murat"-Amri mit erstaunlichen Parallelen.
Doch dann begann das Verhängnis.
.. parallel zu den Berichten "Murats" über Amris Anschlagsphantasien soll Amri "Murat" wiederholt verdächtigt haben, ein Spitzel der Polizei zu sein.
Woher wußte Amri, daß Murat ein Spitzel war, wenn der doch bislang beste Arbeit geleistet hatte? Hatte der sich verraten oder wurde er verraten?
Das LKA wollte daraufhin seine V-Person von dem Verdächtigen abziehen. Die jedoch bestand darauf, an Amris Seite bleiben und ihn weiter aushorchen zu dürfen, weil der Tunesier gefährlich sei. Und ebenfalls parallel musste das Düsseldorfer LKA die Glaubwürdigkeit seiner VP 01 immer öfter gegenüber dem BKA, aber auch den Landeskriminalämtern von Berlin und Niedersachsen verteidigen. Es war wie ein hintergründiges unsichtbares Zusammenspiel gegen die VP 01.
Kurze Rekapitulation:
Das LKA Düsseldorf führt erfolgreich einen Zuträger in die Islamistenszene ein, ist mit seiner Arbeit hochzufrieden und als Amri auftaucht, gerät der Spitzel ins Schleudern.
Abu Walaa war ein Vertreter des IS, der von den Ur-Logen geschöpften Kreatur, die gegenüber dem entsorgten Bin Laden beim künftigen Weltenbrand eine Schippe drauf legen sollte.
Deutsche Sicherheitsbehörden hatten, zumindest im konkreten Fall, gute Arbeit geleistet und als dann Anis Amri auftauchte, brachten sich BKA und Innenministerium ins Spiel.
Für alle weniger informierten Leser zu den sogenannten „weltweiten Seilschaften“ heißt das jetzt übersetzt:
„Wir sehen zwar durchaus Feuergefahr im Gebäude, aber wir finden es nützlich den einzigen funktionierenden Brandmelder zu deinstallieren.“
Die Auseinandersetzungen zwischen den Sicherheitsbehörden um die VP 01, die den Gefährder Amri so eng beschattete, spitzte sich 2016 zu.
In diese Geschichte fällt auch der Vorfall vom 18. Februar 2016, als Amri in einem Fernbus aus Nordrhein-Westfalen nach Berlin fuhr und dort vom Berliner LKA entgegen der Absprache mit dem Düsseldorfer LKA offen kontrolliert wurde. Auch diese Maßnahme gefährdete die VP 01, sie drohte aufzufliegen
Behördenzwist oder bewußte Provokation?
Am 23. Februar 2016 kam es dann zu jener denkwürdigen Besprechung, über die der EK Ventum-Chef den Ausschuss informierte und die den Sicherheitsapparat nachhaltig erschüttern könnte.
..
Eingeladen hatte die Bundesanwaltschaft, die selber mit vier Leuten vertreten war, hinzu kamen zwei Vertreter des Bundeskriminalamtes aus der Abteilung Staatsschutz, zwei Vertreter des LKA Niedersachsen, zwei Vertreter des LKA NRW, darunter EK Ventum-Leiter M., sowie zwei VP-Führer der VP 01 "Murat" - zwölf Personen. Bei der Besprechung sei es um die Einschätzungen Amris durch die Quelle VP 01 und ihre Glaubwürdigkeit gegangen.
Die Sitzung, so M., sei konfrontativ und sehr hitzig gewesen.
Von Seiten des BKA sei die Ansicht vertreten worden, die VP 01 mache zu viel Arbeit, das Problem VP 01 müsse "aus dem Spiel genommen" werden. Das sei im Übrigen mit allen abgestimmt. Aber auch das LKA NRW sei als "Problem" bezeichnet worden.
Es soll aber noch ernster gekommen sein.
Nach Ende der offiziellen Besprechung habe ihn der wortführende BKA-Vertreter Philipp K. beiseite genommen und unter vier Augen erklärt, warum er so aufgetreten sei.
Die Abqualifizierung der Quelle VP 01 sei auf Anweisung von "ganz oben" erfolgt.
Und auf Ms. Nachfrage, was mit "ganz oben" gemeint sei, habe der BKA-Kollege geantwortet: "Von Kurenbach und dem Innenminister".
Der hieß damals Thomas De Maizière, weshalb er sich auch diesen Namen notierte.
Was lag denn gegen die Quelle vor?
Was wußte der Innenminister, was das LKA nicht wußte?
Oder wollte der Minister vermeiden, daß man Amri behelligt?
Das wäre natürlich allerstärkster Tobak!
Und nun lauschen wir den Worten des BKA Manns Philipp!
Philipp K. habe sogar noch gesagt, die VP 01 sei "die beste Quelle im Lande", das Bundesamt für Verfassungsschutz würde sich die Finger nach so einem V-Mann lecken.
Die Fachbehörden, die von ihrem Vorgehen und ihren Leuten überzeugt sind, werden von oben ausgebremst und unter vier Augen redet man ganz offen darüber.
Herr "die Misere", für wen arbeiten sie eigentlich?
Doch zurück zum wackeren Kriminalhauptkommissar.
Es habe wenige Momente im Untersuchungsausschuss gegeben, wo man sprachlos geworden sei, so der FDP-Abgeordnete Benjamin Strasser: "Sie haben heute für einen gesorgt." Er sei noch ganz verblüfft und "vor den Kopf geschlagen", befand der SPD-Kollege Fritz Felgentreu und die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic sagte: "Das war die bemerkenswerteste Aussage, die wir bisher gehört haben."
Willkommen in der Realität, liebe Parlamentarier.
10.000 € monatlich nach Hause tragen, aber wenig Ahnung haben!
Und natürlich hatte der „Schleimpilz“ auch für die entsprechenden Gerüchte gesorgt.
Die Presse lancierte, daß VP 01 (Murat) Amri sogar zum Anschlag angestiftet hätte.
Ausschussmitglied Mihalic sah nur zwei Möglichkeiten für die Angriffe auf die VP 01: Entweder das BKA wusste etwas über die Quelle, was das LKA nicht wusste und was ihre Glaubwürdigkeit erschütterte. Das schloss M. aus.
Oder, zweite Möglichkeit: Man wollte nicht an Amri herantreten.
Fettes Respekt, Frau Mihalic!
Zu dieser Hypothese würde passen, dass der ganze Fall Amri außergewöhnlich und bemerkenswert war. Der Gefährder flitzte "wie eine Billardkugel durch alle islamistischen Kreise in Deutschland" (Ausschussmitglied Konstantin von Notz, Grüne), und der Zeuge M. bestätigte: "So etwas wie Amri hatten wir noch nicht."
Ach, i wo, woher denn?
Fake-Terror, Terror-Fake, intrigante Sicherheitsbehörden, rote Heringe, Einsatz von Söldnern zum Zweck der Durchsetzung politischer Absichten, das ist alles ganz neu.
Das hat es vorher noch nie gegeben.
Zu dem Verdacht, Amri sollte verschont und geschützt werden, passt auch der bis heute umstrittene Vorgang, dass das nordrhein-westfälische LKA das Abu-Walaa-Verfahren der EK Ventum an das BKA abgeben wollte, die oberste Polizeibehörde aber abgelehnt habe - so die Düsseldorfer Version. In der Version des BKA wird das bestritten - zuletzt im Mai 2019 durch den Kriminaldirektor Martin Kurzhals im Untersuchungsausschuss. EK Ventum-Leiter M. zitierte jetzt einen Vermerk aus einer GTAZ-Besprechung, nachdem Kurzhals gesagt haben soll, er sehe "noch nicht die Möglichkeit dafür", den Fall zu übernehmen.
Ausschussmitglied Strasser sagte daraufhin: "Dann hat Herr Kurzhals hier eine Falschaussage gemacht."
Vermutlich Herr Strasser, vermutlich.
Das wird aber vermutlich auch keine Folgen haben.
Verschiedene Medien haben am Freitag nach der Ausschusssitzung berichtet, das Bundesinnenministerium habe der Darstellung des EK Ventum-Chefs im Ausschuss widersprochen. Sie erwähnen auch die Kontroverse um das tatsächliche oder angebliche Übernahmeinteresse des Abu-Walaa-Amri-Falles vom LKA NRW zum BKA. Den jetzt vom Zeugen M. zitierten Vermerk erwähnen sie aber nicht.
Also bitte, wenn Figuren wie einst Leyendecker oder heute Mascolo als Terror-Experten den gemeinen Steuerzahler des-informieren, was erwarten sie dann Herr Moser?
Die Presse ist die Posaune des gesamten versifften Apparats.
Doch zurück zur EK Ventum, deren Zuträger von ganz oben entsorgt wurde.
Die EK Ventum ermittelte weiter gegen den deutschen Arm des IS, seinen organisatorischen Kern Abu Walaa und vier weitere Kader. Mittlerweile stehen alle fünf seit zwei Jahren als Angeklagte vor dem Oberlandesgericht Celle. Vorgeworfen wird ihnen, so die EK-Ventum-Sachbearbeiterin S., die vor ihrem Chef als Zeugin im Untersuchungsausschuss vernommen wurde, Anlaufstelle junger Salafisten und Dschihadisten nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus anderen Ländern gewesen zu sein.
Die Gruppe habe das Ziel verfolgt, Krieger fürs Kriegsgebiet im nahen und mittleren Osten anzuwerben oder für Anschläge in Deutschland zu gewinnen. Außerdem habe es Schnittstellen zur Organisierten Kriminalität gegeben: Waffenhandel, Passfälschungen, Einbruchdiebstähle.
In Deutschland gibt es eine Terrorzelle, die Rekruten wirbt, die im In- und Ausland Anschläge durchführen soll und das Innenministerium bzw. das BKA schützen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Verbrecher.
Schon das müßte für eine handfeste Regierungskrise sorgen.
Als einst das Desaster von Bad Kleinen publik wurde, mußten der Generalbundesanwalt und der Innenminister ihren Hut nehmen.
In der Merkel-Diktatur sinkt dagegen Mehltau auf's Land.
mfG
nereus