OT: Robotisierung, Automatisierung, Industrie 6.0, erobern Roboter die (vor)letzten Bastionen menschlicher 'Einzigartigkeit'?

Literaturhinweis, Samstag, 17.12.2016, 22:07 (vor 2974 Tagen)4890 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 17.12.2016, 22:17

Die Begriffe 'Industrie 4.0', künstliche Intelligenz, Automatisierung und Roboternutzung sind stete Themen im Gelben Forum und bereits davor im alten EWF-Forum. Das Thema natürliche Intelligenz tritt dadurch manchmal etwas in den Hintergrund. Dennoch: es gilt die Chancen zu nutzen!

In schnell alternden Gesellschaften gibt es bereits Pflegeroboter, bald auch im Altersheim near you, es gibt robotisierte Restaurants und mehr und mehr 'automatisiert' oder 'autonom' fahrende KFZ (mit menschlichen Eigenschaften) und bald werden auch 'autonome' (wie jetzt - ganz ohne Spediteur???) LKW die Straßen bevölkern, auch wenn ein Teil dieser Automatisierung lediglich der Reichweiteneinschränkung von Elektroautos bei menschlicher Fahrweise geschuldet ist. Falls jedoch z.B. die Transportlogistik auf der Straße irgendwann mit fahrerlosen LKW abgewickelt werden können sollte, so werden die Eisenbahnen sicher weiter an Frachtgeschäft verlieren. Denn eine der derzeit größten Einschränkungen im Straßen-Güterfernverkehr sind die Lenkzeiten, die z.T. wegen Staus und der verzweifelten Suche nach einem nicht überfüllten Rastplatz zu stetig sinkenden reinen Fahrtzeiten, die 'Strecke machen', führen. Ein LKW ohne menschlichen Fahrer dagegen könnte im Kovoi mit anderen miteinander kommunizierenden LKW verbrauchs- und streckenoptimiert ohne zeitliche Einschränkungen permanent von Abholort bis Zielort durchfahren und damit würden durch Wegfall des Fahrerlohns nicht nur die Kosten sinken, sie würden sich auch weiterhin durch die deutlich optimierte Fuhrparkauslastung evtl. z.B. halbieren lassen, abgesehen davon, daß Unfälle und fahrstilbedingter Verschleiß so gut wie wegfallen würden.

Bisher sind ernsthaft eingesetzte Roboter überwiegend ortsfest installierte Maschinen, die zudem i.W. nur Arbeiten verrichten können, für die sie eigens konstruiert bzw. im jeweilien Fließfertigungsprozeß eingerichtet/programmiert wurden. Das Mängelwesen Mensch ist ihnen gerade darum noch überlegen, auch wenn an seiner Programmierung gearbeitet wird. Immerhin versuchen Roboter-Programmierer menschliches und tierisches Schwarmverhalten nachzuahmen, auf daß bald auch Roboter in Unterführungen oder bei Flughafenbränden umkommen.

Dies muß jedoch nicht so bleiben. Wenn Roboter laufen, Treppen steigen, klettern und eigenständig Werkzeuge aufnehmen und zurückbringen können (etwas, das man ja Menschen mühsam beibringen muß, und das auch noch ohne Erfolgsgarantie, weshalb ja jetzt Fachkräfte schon von weither geholt werden müssen), so können sie bald auch den Hof und die Treppe kehren, und zwar auch in Winkeln und Ecken, die ein Mensch eher meidet und sei es, weil die meisten Älteren sich z.B. nicht mehr ordentlich bücken können.

Dasselbe ist bei den bisher mit ihem Wägelchen durch Behördenflure wandernden Büroboten denkbar, zumal die Mustererkennung schon lange keine maschinenlesbaren Schriften mehr erfordert. Eine Anbindung an das ERP-System und die Personalverwaltung teilt dem Büroboten-Roboter zudem mit, welche Mitarbeiter krank, auf Fortbildung oder in Urlaub sind und niemals mehr landet Post im Eingangskorb eines wochenlang abwesenden Mitarbeiters, sondern zielsicher beim dafür im Wokflow hinterlegten Stellvertreter usw. Wieder eine probate Entschuldigung weniger.

Wieviele derzeit von Menschen erledigte Aufgaben durch entsprechend konstruierte und programmierte Roboter ausgefüllt werden könnten, wird generell unterschätzt, etwa könnten bald sämtliche Erntehelfer wegfallen; autonom fahrende Traktoren und Erntemaschinen, die zudem GPS-gesteuert auch noch die letzten Quadrat-Zentimeter Ackerland innerhalb der katasteramtlich gewahrten Grundstücksgrenzen auszunutzen gestatten, gibt es schon seit Jahren. Diese selbstnavigierenden Traktoren standen sogar für die heute verbreiteten PKW-Einparkhilfen Pate. Meist ist das Hindernis eher die derzeitige Kostensituation und der noch zu treibende Entwicklungs- und Testaufwand, nicht aber handelt es sich um prinzipiell unlösbare Probleme und Schätzungen gehen von zwei Drittel durch Roboter ersetzbaren Arbeitsplätzen aus. Hätte es das schon zu DDR-Zeiten gegeben, der Sozialismus hätte überlebt, denn statt der nicht beliebig belast- und vermehrbaren Großeltern hätten ja Roboter im HO-Markt anstehen können. Die CIM/CAM-Initiative kam also nur ein paar Jahrzehnte zu spät, während Robotron u.a. bei CAD/CAM immerhin schon den Eindeutschungsprozeß abgeschlossen hatte ('Computern am Dienstag, Caputt am Mittwoch').

Andererseits wird vermutlich, gerade beim autonomen Fahren und anderen Aufgaben, etwa solchen im Sekretariat etc., unterschätzt, wie komplex und uneinheitlich viele von Menschen derzeit 'wie selbstverständlich' erledigte Aufgaben sind und wie sehr z.B. Assistent(inn)en und Sekretärinnen sich auf die Eigenheiten ihrer Chefs, diese und Handelsvertreter sich auf die Eigenheiten und Vorlieben ihrer Kunden einstellen, ohne daß dies bisher erfolgreich in einem 'Expertensystem' abgebildet werden könnte. Die Antworten, die man -immerhin noch von Menschen- in CRM-System-getriebenen Callcentern bekommt, lassen nichts Gutes ahnen. Ob es hier nicht sogar für Maschinen unüberwindliche Hürden gibt, was den Umgang z.B. mit Emotionen und menschlich-individuellen Präferenzentscheidungen betrifft, wird sich noch weisen.

Andererseits kann es aber auch sein, daß sich umgekehrt der Mensch an die neuen, 'emotionsloseren' Verhältnisse anpaßt, so, wie man im Ostblock einfach gar nicht erwartete, daß in einem staatlichen Geschäft (z.B. 'HO', ein Wort das der Weihnachtsmann auch heute noch mehrmals laut ausspricht, bevor er ein Haus betritt) eine Bedienung sich um Kundenwünsche kümmerte - man nahm, was da war usw. Solange allerdings der 'Tante-Emma-Laden an der Ecke' nicht direkt verboten wird, dürfte es gerade wegen dieser individuellen Eigenheiten wohl nie ganz soweit kommen, daß sämtliche menschlichen Dienstleistungen ausschließlich Robotern übertragen werden. Immerhin gibt es bereits automatisierte Restaurants, aber dennoch besteht die distinguierte Kundschaft darauf, daß ihr ein Sommelier aus Fleisch und Blut den Rotwein über's Jackett gießt. Andererseits hat man bei Pferdekutschen einmal ähnlich argumentiert.

Und Suppe verschütten kann man auch einem Roboter beibringen ('it's not a bug, it's a feature'). So kann man auch Rechthabern dadurch entgegenkommen, daß ein Staubsaug-Roboter ab und zu ein Staubkorn liegen läßt, damit die Herrin des Hauses ihn zur Rede stellen und von ihm unter einprogrammiertem Erröten eine Entschuldigung verlangen kann. Und sparsamen Menschen kann man eine Freude machen, indem der automatisierte Kühlschrank auch mal eine Milch über dem Verfallsdatum noch durchgeh'n läßt. Als die Große Koalition mit Forschungsminister Matthöfer in den siebziger Jahren antrat, hieß das Projekt 'Humanisierung der Arbeitswelt', warum also nicht auch mal zur Abwechslung 'Robotisierung der Freizeit' ausprobieren?

Jedenfalls läßt der Fortschritt bei Sexspielzeug schon mal erwarten, daß sich der männliche Zuwandererüberschuß nicht mehr an der schrumpfenden weiblichen Bevölkerung vergreift ... entsprechende staatliche Fürsorge und Teilhabe-Gesetzgebung natürlich vorausgesetzt. Aber wer Autos verschrotten läßt, um neue zu verkaufen, der finanziert auch Sexroboter, wenn es einem guten Zweck dient; Inzahlungnahme und Verschrottung des weniger sparsamen biologischen bisherigen Sexpartners inklusive. Selbst Reproduktionsroboter, die Föten austragen, wären denkbar, immerhin ist Großbritannien da gerade einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Schon jahrzehntelang tragen ja junge Mädchen auch Roboter aus. Und eine Robo-Hebamme nebst Robo-Gynäkologe würde sicher auch für weniger Hektik im Kreißsaal und besser verheilende Dammschnitte sorgen, von der Überstundenproblematik im Medizinbetrieb und den Nachstellungen bei Schwesternschülerinnen mal ganz abgesehen. Allerdings hätte dann nicht nur Obama ein Problem mit seiner unbefleckten PDF-Empfängnis, sondern alle US-Amerikaner, denn schon beim Kaiserschnitt kommt ja kein 'natural born American' heraus, während nach diesem nie hinterfragten Wortlaut sehr wohl ein Amazonas-Indio nach Sturzgeburt US-Präsident werden könnte.

Sollte dagegen das ETP-Modell recht behalten, so werden die ersten zufriedenstellenden Allround-Roboter genau zu dem Zeitpunkt Marktreife erlangen, da ihnen der Saft ausgeht (siehe auch "Hochkulturen scheitern an ihrer städtischen Infrastruktur, immer" von @Morpheus).

Daher hier etwas womöglich bald historische Literatur zum Thema Robotik und Automatisierung. Vgl. auch die Literaturhinweise zu Kybernetik und Steuerungstechnik sowie die Roboter-Experimentierkästen und Experimentieranleitungen.

Siehe auch "Projekt 'Industrie 4.0' und die Arbeitsproduktivität" von @Sligo, "Automatisierung / Rationalisierung / Produktivitätssteigerung" von @Hanse.


Weiter mit "Literatur zu Robotisierung, Robotik, Robotertechnik, Automatisierung, Industrie 4.0 bis 6.0, künstliche Intelligenz, Freizeit"

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