Das oekonomische Zitat (119); heute: J. Hipp zu kommenden Verteilungskämpfen

Zandow, Heidenau/Sachsen, Donnerstag, 01.12.2016, 12:49 (vor 2697 Tagen)6295 Views

Hallo Gemeinde,


eines der deutschen Qualitätsmedien liefert derzeit ein Glanzstück journalistischer Kunst ab.
Es sind nicht jene selbsternannten Qualitätsjournalisten, die zum Zeitgeist berichten; nein, man
schiebt einen 61-jährigen LKW-Fahrer vor. Diesen lies man in der gestrigen Ausgebe der „Die Welt“ einen Essay veröffentlichen. Aus diesem Brandbrief nun dies:

„Ich verstehe nicht, warum plötzlich so viel mit Großzügigkeit argumentiert wird. In einem Land, das über zehn Jahre lang hartherzig war. Seit der Agenda 2010. Ich habe das Glück, nie arbeitslos gewesen zu sein. Und es gibt sicher auch Menschen, die selbst schuld sind, dass sie Hartz IV beziehen. Aber ich kenne auch Menschen, die ihren Job verloren haben, weil ihre Firma dichtmachte, manche mit Mitte 50. Und die dann nach zwei Jahren in Hartz IV gefallen sind. Nach 35 Jahren Arbeit. Aber in der Flüchtlingskrise ist plötzlich die Großzügigkeit zurück – und es ist alternativlos, Milliarden in die Sozialsysteme zu pumpen.

Die traurigste Rolle spielt dabei für mich die SPD. Die war hartherzig gegenüber den Menschen hierzulande und großherzig gegenüber Flüchtlingen. Diese Arbeiterpartei, die ja eigentlich meine Partei sein müsste, führte Hartz IV und die Rente mit 67 ein. Für alle, auch für Dachdecker, Zimmerer oder für Lastwagenfahrer wie mich. Es war ihnen egal, wie lange jemand gearbeitet hat, wie hart sein Job ist. Was soll ich davon halten? Die Rente mit 67 bedeutet für mich: Ich müsste 51 Jahre arbeiten, um die vollen Bezüge zu bekommen. So lange muss in der sogenannten Elite niemand arbeiten.“

Quelle: Johann Hipp in „Die Welt“ vom 30.11.16, Seite 2, veröffentlicht als Essay unter dem Titel „Bekenntnisse eines Arbeiters“, aufgezeichnet von Klaus Geiger

Zunächst zwei Bemerkungen dazu:

1.
Johann Hipp wird als Autor des Essays angegeben. Dies kann, angewohl der geschliffenen Grammatik des Textes, jedoch nicht der Fall sein. Hier ist mit Sicherheit die Autorenschaft des Welt-Journalisten Geiger gegeben. Dieser hat sich aber wohl nicht getraut, den Inhalt des Textes unter eigener Autorenschaft zu veröffentlichen.

2.
Insgesamt erscheint der Text eher etwas weichgespült, was sich mit Sicherheit auf den „aufzeichnenden“ Qualitätsjournalisten Geiger zurückführen läßt. Ohne diesen starken Anklang an die PC hätte „Die Welt“ dieses Ding wohl nicht gebracht.

Nun dies:

Heute, am 1. Dezember, also einen Tag nach der Veröffentlichung des Textes von Johann Hipp, druckt „Die Welt“ einen Auszug aus über 300 Kommentaren dazu ab (gesamte Seite 2!).

Lesenswert!


Gruß in die Runde, Zandow

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Nuclear power? Yes please!


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