Kernproblem Arbeitsteilung

vegan, Montag, 21.11.2016, 12:57 (vor 3000 Tagen) @ schaumermal2332 Views
bearbeitet von unbekannt, Montag, 21.11.2016, 13:41

Ein Staatschef sollte eigene Kinder und Enkel haben, damit seine
Entscheidungen wohl überdacht auch die Zukunft seiner eigenen Sippe
betreffen. Amen.


Hallo schaumermal,

nun bin ich nicht ganz sicher, ob Dein kursives Fazit ernst gemeint war, ich nehme es an. Kehrt man als Deutscher mal vor der Tür unserer jüngeren, deutschen Geschichte, wird man jedoch feststellen, dass mit Ausnahme des Obermotz eigentlich die gesamte NS-Führungsriege aus Vätern bestand, teilweise sogar reich an Kindern war. Die Härtesten der Harten haben dann zum Ende ihres Hauptwerks namens Hybris dem ohnehin schon groß geschriebenen I noch sieben Tüpfelchen aufgesetzt und ihre eigenen Kinder mit in den Tod gerissen. Das kann also beileibe kein taugliches Auswahlkriterium sein.

Betrachtenswert ist dieses NS-Schauspiel zudem aufgrund seiner klar erkennbaren und auch so bezeichneten Strukturen, diese Leute meinten sogar prinzipiell, was sie sagten. Ich spreche vom Führerprinzip als oberster Doktrin. Wer jetzt glaubt, das Führerprinzip sei Schnee von gestern, der irrt ganz gewaltig. Heute tritt es nur visuell anders in Erscheinung, zu sehen beispielsweise an punktuell weit über dem Moloch schwebenden TTowers oder den geistigen Elfenbeintürmen in Politik und Wissenschaft.

Ursache dieser Entwicklung ist nach meiner Auffassung die "gute", "schnöde" Arbeitsteilung. Und nachdem niemand von uns bei der Staatsentstehung dabei war, darf auch jeder seine persönliche Theorie pflegen. Ich jedenfalls glaube, dass Arbeitsteilung unter den Menschen schon vor Staatsentstehung existierte und die Entstehung von Staaten auf die eine oder andere Weise sogar begünstigt hat. Ab einer gewissen Anzahl von Mitgliedern ist eine arbeitsaufteilende Gruppe deutlich effektiver, als eine Gruppe, in der jeder Mensch Mädchen für alles ist. Und so gab es in diesen frühen, arbeitsteilenden Gruppen vielleicht den ersten begehrten Posten des Verwalters, dessen Aufgabe es war, seine Mitstreiter zu organisieren. Während die anderen also mit wildem Getier, Gestrüpp und Gewitter zu kämpfen hatten, konnte dieser Auserwählte wohl an einem warmen Plätzchen das weitere Vorgehen planen.

Ist es nicht auffällig, wie sehr dem Staat eine immer weitreichendere Spezialisierung der Menschen am Herzen liegt? So etwas will doch organisiert sein und organisiert werden!

Vielleicht war es unter Menschen einmal selbstverständlich, dass jedes Mitglied einer Gruppe befähigt sein wollte, Feuer machen und erhalten zu können. Übertragen auf die heutige Zeit würde es heißen, dass jeder Staatsteilnehmer befähigt sein sollte, ein Kernkraftwerk erbauen und betreiben zu können. Ich behaupte, dass es weltweit keinen einzigen Menschen gibt, der hierzu in der Lage wäre. Daran erkennt man, wie weit die Menschen sich bereits von sich selbst und ihrem eigenen Überlebenspotenzial entfernt haben. In Fukushima haben sie bestimmt ein eigenes Rechenzentrum mit zehn Mitarbeitern, die nur damit beschäftigt sind, den ganzen Tag Informationen zu beschaffen, wie etwas von der selbst fabrizierten Chose eigentlich genau funktioniert, weil keine der hoch spezialisierten Koryphäen mehr den Überblick hat und haben kann.

Oder schaut mich an, ich tippe hier Text ins Gelbe Forum. Aber für diese Möglichkeit fällt so ein unendlich langer Rattenschwanz an Prozessen und Mechanismen an, Dinge, von denen ich als Individuum noch nie etwas gehört habe. Nein, ich verstehe nicht, was ich tagtäglich gebrauche und auch die Bitcoiner tun das nicht, selbst wenn die Signatur etwas anderes suggerieren möchte.

Das alles ist Resultat der Arbeitsteilung, die auf der einen Seite so elegant und schwungvoll anmutet, Wolkenkratzer, Mond- und Marsausflüge, Schwarmintelligenz und so weiter und so fort, der ganze Bling-Bling. Auf der anderen Seite ist sie jedoch absurd störanfällig. Denn wer Arbeit teilt, tritt zugleich Verantwortung ab. Und das geht so weit, bis am Ende überhaupt kein Mensch mehr verantwortlich für etwas ist und auch keiner mehr durchblickt, weil immer mehr und immer weiter abgetreten wurde. Dann noch eine Pandemie zur falschen Zeit an den falschen Orten, dann ist Ende Gelände mit den Menschen. Dann werden die letzten großen Führer ihrer Hybris, die Wissenschaftler, in ihren Atombunkern hocken und sich Kapseln und Kugeln verabreichen, weil ihre staatsbetriebene Ideologie allumstrahlend abgeraucht ist.

Nachdem sich im Universum aber langsam der Verdacht erhärtet, dass irgendwie alles mit allem verbandelt zu sein scheint, wäre kategorisierendes Kastendenken eben gerade der falsche Weg und führte wohl schnurstracks in dieses Verderben. Es erscheint mir also opportun, sich gedanklich mal langsam aber sicher nicht in immer höhere, elfenbeinTTürmende Höhen zu begeben, sondern die deutlich flachere, weniger spektakuläre Breite anzustreben. Anstatt die Universitäten mit immer extravaganteren Studiengängen aufzudröseln, könnte man langsam dazu übergehen, ein paar Studiengänge zu ver-bin-den. Die Wissenschaftler könnten auch mal der Beliebigkeitslyrik von Kafka und Co. einen Blick schenken und dort den dringend benötigten Konjunktiv erlernen. Ich könnte mich zu meinem großen Bedauern mit Beliebigkeitslyrik Mathematik und Physik befassen, dort also vermutlich Spaßfreiheit erlernen.

Und für den Bundestag hätte ich einen ganz pragmatischen Vorschlag. Einmal pro Woche wäre für Mann und Maus Putzkolonne angesagt, bei der unserer Bundeskanzlerin die verantwortungsvolle Aufgabe zuteilwürde, die Toiletten am Berliner Hauptbahnhof zu schrubben. Dann würde sich eine Amtsbeschränkung auf acht Jahre schon ganz von selbst einstellen. Das alles zum Zwecke der Eindämmung einer weit fortgeschrittenen, brandgefährlichen Arbeitsteilung.

Was täte man nicht alles, wenn es um das nackte Überleben ginge!?


Gruß
vegan

PS: Der Spruch kam mir gerade noch so: "Das Wissen ist nicht weg, es hat nur ein anderer." [[ironie]]


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