Versailles, der Goldstandard und die Eurozone: was deutsche Zeitungen nicht schreiben

politicaleconomy @, Freitag, 06.02.2015, 23:42 vor 3657 Tagen 4477 Views

... erklärt der britische Guardian:

Hier lang.

Deutsche Übersetzung des Guardian-Artikels

politicaleconomy @, Samstag, 07.02.2015, 12:25 vor 3656 Tagen @ politicaleconomy 2787 Views

Syrizas Finanzminister hat eine große Idee – aber wird Deutschland die akzeptieren?

Ein Artikel von Linsey McGoey aus dem Guardian, in deutscher Übersetzung von Sabine Tober.

Yanis Varoufakis möchte einen Keynesianischen Mechanismus wiederbeleben, der vielleicht nicht jedem gefallen wird, von dem Deutschland allerdings in der Nachkriegszeit direkt profitiert hat.

Seit dem Sieg der Syriza in den griechischen Wahlen vom Sonntag, ist es der neue, in Essex ausgebildete Wirtschaftsminister, der am meisten Schlagzeilen macht. Seine Attraktivität liegt zum Großteil in seinem Ikonoklasmus: In seinen “Grundlagen der Volkswirtschaft” von 1998, einer Art Bibel für die wachsende alternative volkswirtschaftliche Bewegung, zitiert er die britische Keynesianerin Joan Robinson: ”Der Grund, Volkswirtschaft zu studieren, ist, sich nicht von Volkswirten täuschen zu lassen.”

Was aber kann man von diesem Volkswirt und Politiker wider Willen intellektuell erwarten? Als er seine Entscheidung, für einen Abgeordnetensitz zu kandidieren, auf seinem privaten Blog bekannt gab, betonte Varoufakis, dass er eigentlich nie für ein Amt kandidieren und seine politischen Ideen lieber über das gesamte politische Spektrum verteilen wollte. Aber er wurde es müde, seine politischen Vorschläge dauernd ignoriert zu sehen. Vor allem wollte er auf einen Gedanken aufmerksam machen, der ursprünglich von einem seiner großen intellektuellen Vorbilder entwickelt worden war: John Maynard Keynes. Dieser Gedanke wird sogar von leidenschaftlichen Keynesianern oft vernachlässigt; Es ist eine Idee, die Keynes einer skeptischen Gruppe von Zuhörern bei der Bretton Woods Konferenz von 1944 dramatisch vorstellte; Eine Idee, die der derzeitigen Politik der deutschen Regierung diametral entgegengesetzt ist. Es ist die Idee eines globalen Überschuss-Umwälz-Mechanismus.

In seinem kürzlich veröffentlichten Buch “Der Globale Minotaurus” sagt Varoufakis, die Vorstellung eines Überschuss-Umwälz-Mechanismus sei in der Theorie einfach und in ihren Implikationen revolutionär. Keynes entwickelte sie in den frühen 1940er Jahren während seiner Zeit als unbezahlter politischer Berater am britischen Finanzministerium. Der Ansatz erwuchs aus Keynes Frustration mit den Limitationen des Goldstandards in den 1920er Jahren. Damals gab es einen Goldabfluss aus Großbritannien in die USA zum Ausgleich für das britische Handelsdefizit. Normalerweise hätte durch den Goldzufluss die Geldmenge in den USA expandieren müssen, womit die Wettbewerbsfähigkeit der britischen Exporte erhöht worden wäre. Aber die USA führte eine Politik zur Vermeidung eines Inflationsdrucks ein.

Die Volkswirtin Marie Christine Duggan macht darauf aufmerksam, was für eine harte Erfahrung es für Keynes war, dass der Goldstandard es nicht schaffte, Gläubigerländer zu einem Anstieg der Inlandspreise oder zu einer Reinvestition ihrer Überschüsse zu zwingen. Gläubigerländern stand es frei so viel zu horten, wie sie wollten, und somit den Handlungszwang den Schuldnern aufzuerlegen, denen wenig anderes übrig blieb, als sich so zu verhalten, dass ihre eigene Wirtschaft in die Krise geriet.

Keynes Vorschlag zur Meisterung des Problems war, globale Regeln zu schaffen, die gleichermaßen Druck auf Gläubiger- und Schuldnerländer ausüben würden, ihre jeweiligen Handelsungleichgewichte auszugleichen, wodurch die von den Schuldnerländern getragene Bürde leichter würde. Er schlug vor, dass jedes Land, das versäumte seinen Handelsüberschuss unterhalb eines bestimmten Prozentsatzes seines Handelsvolumens zu halten, Zinsen zahlen und so seine Währung aufwerten müsste. Diese Zinszahlungen sollten bei der Finanzierung des zweiten Zweigs von Keynes Vorschlag helfen: der Schaffung einer International Clearing Union (Verrechnungsstelle). Die ICU würde als eine Art “globaler Überschuss-Umwälz-Mechanismus” funktionieren, um Varoufakis Begriff zu verwenden.

Wie Varoufakis betont, machen die einzelnen Länder das schon intern. Sie verteilen ihren Überfluss entweder durch direkte Transfers (Zahlung von Arbeitslosenunterstützung in Glasgow oder Idaho durch in London oder New York erhobene Steuern) oder durch direkte Investitionen – gezielter Bau von mehr Fabriken und besserer Infrastruktur in geschwächten Gebieten.

Keynes war der Ansicht, so etwas würde auch auf globaler Ebene gebraucht. In den vergangenen Jahren hat dieser Gedanke immer größere Unterstützung gefunden: Ökonomen wie Paul Davidson und Joseph Stiglitz sind dafür. Aber die Überschussländer sind selten begeistert von dieser Idee. Der Vorschlag dient zwar langfristig ihren eigenen Interessen (indem sie systematisch ihre Überschüsse in geschwächten Gebieten investieren, tragen sie dazu bei, Märkte für ihre Exporte zu sichern), aber nur wenige sind bereit, ihre befristete wirtschaftliche Überlegenheit für langfristige Nachhaltigkeit aufzugeben.

Als Keynes seinen Vorschlag unterbreitete, zeigte die amerikanische Delegation in Bretton Woods wenig Interesse an einem Plan, der ihre Fähigkeit, unbegrenzt Überschüsse zu machen, einschränken würde. Nach intensiven Verhandlungen erreichten die Delegierten in Bretton Woods ein Abkommen, das weitgehend den Interessen der amerikanischen Delegation unter Leitung von Harry Dexter White entsprach. Der wichtigste Unterschied zwischen Whites und Keynes Plan bestand darin, dass es bei White keinen Strafmechanismus gab, dem zufolge Zinsen fällig werden würden, sobald Länder ihr Überschusslimit überschritten hätten. Damals warnte Geoffrey Crowther – der Herausgeber des Economist – dass “Lord Keynes Recht habe … die Welt werde noch bitter bedauern, dass seine Argumente zurückgewiesen wurden.”

Jahre später mag es an der Zeit sein, eine verloren gegangene Idee wieder aufleben zu lassen. Doch womöglich ist das zu kurze Gedächtnis in Überschussländern da ein Hindernis. Heiner Flassbeck, Wirtschaftsprofessor an der Universität Hamburg, ist einer der wenigen deutschen Ökonomen, die auf diesen Punkt aufmerksam machen. Er weist darauf hin, dass ”wir von den Schuldnerländern verlangen, ihre Schulden zurückzuzahlen, sie aber gleichzeitig daran hindern, das zu tun (…). Leider werden in Deutschland die Erfahrungen der Geschichte nicht einmal diskutiert. Niemand weiß, was tatsächlich mit Deutschland passiert ist und was mit seinen Reparationszahlungen, dass sie nämlich gestrichen worden sind.” Wie gut, dass Varoufakis jetzt in der Position ist, daran zu erinnern.

(Diese Übersetzung wurde publiziert auf den nachdenkseiten vom 3.2.2015)

Und nochmal der Link zum Originalartikel (englisch) im Guardian.

Meet The Man Behind The Scenes

FESTAN, Samstag, 07.02.2015, 13:09 vor 3656 Tagen @ politicaleconomy 2058 Views

Moin,

Keynes in Ehren, aber die Fäden werden wo anders gezogen und dort werden auch die Entscheidungen getroffen, die YV und Schäuble zu "kommunizieren" haben:

http://www.globalresearch.ca/meet-the-man-behind-the-scenes-the-pro-market-socialist-ba...

Die Rolle die Lazard in den letzten gut 100 Jahren gespielt hat, möchte ich hier nicht erörtern ...

FESTAN

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„…Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Lebensgewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element in demokratischen Gesellschaften. Diejenigen, die diesen unsichtbaren Mechanismus der Gesellschaft manipulieren, bilde

Danke, werd ich mir anschauen (oT)

politicaleconomy @, Samstag, 07.02.2015, 14:05 vor 3656 Tagen @ FESTAN 1470 Views

- kein Text -

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