Frage an pigbonds
Salut PB,
an der Front scheint es nicht gut für die Ukraine zu laufen, was aber nicht Gegenstand meiner Frage sein soll ( http://www.vineyardsaker.blogspot.de/2015/01/ukraine-sitrep-26th-january.html ).
Sondern dies:
Kannst Du aus Deinen Quellen ein paar Links zu Darstellungen von „Helden“ oder einfach Figuren, die man zu solchen macht, auf der ukrainischen Seite präsentieren?
Hintergrund meiner Frage: Jede Darstellung eines Krieges braucht auch Heldengeschichten. Bei uns gab es früher „Mölders und seine Männer“, heute gibt es das nicht mehr. Die Russen scheinen aber nicht vergessen zu haben, dass ein Krieg auch Gesichter (und am Besten sympathische Gesichter) braucht.
Und da gibt es auf der neurussischen Seite zwei Soldaten, die immer wieder in der Berichterstattung auftauchen – zwei Bataillonskommandeure aus Donezk mit den Spitznamen „Givi“ und „Motorola“.
Nun ist jede Darstellung im Krieg auch und (vor allem von offizieller Seite) Propaganda. Man könnte nun natürlich fragen: Sind diese beiden Gestalten echt? Sind es wirklich ein einfacher Fabrikarbeiter aus Ilovaisk und ein Elitesoldat aus Komi (in Russland)? Werden die Szenen mit ihnen vorher einstudiert oder kriegen sie Anweisungen, was sie zu sagen haben?
Aber darum geht es mir (hier) gar nicht – sondern schlicht um die Darstellung dieser beiden Figuren, die in meinen Augen sympathisch, authentisch, sogar witzig herüberkommen. Ein echter Erfolg der russischen Darstellung.
Sie machen Wortwitze über die Ukrainer (alles folgende mit englischen Untertiteln):
https://www.youtube.com/watch?v=iIxpqrWFAtQ
Spielen sich gegenseitig im Gespräch die Bälle zu:
https://www.youtube.com/watch?v=7tRuoMJm9-M
Besprechen Einsätze vor der Kamera:
https://www.youtube.com/watch?v=FsAzxrq3Dyc
Sie wirken echt – mal amüsiert, mal genervt, mal unhöflich, immer fluchend. Ganz ehrlich: WENN man bei uns Kriege wieder populär machen wollte, bräuchte es auch solche Kerle vor der Kamera (insofern hat Gender was Gutes – echte Kerle gibt’s bei uns nicht mehr, ein Statement eines Bundeswehrmajors nach Kampfeinsatz würde heute wohl eher lauten:
„Wir haben im Rahmen unseres Kampfeinsatzes und unter tatkräftiger Unterstützung unserer amerikanischen Verbündeten dem Gegner deutliche Verluste zugeführt. Ein Wiederaufbauteam der Pioniere ist grade dabei, die durch den Schusswechsel entstandenen Schäden an der Moschee des Ortes wieder auszubessern, wir haben dafür einen Übersetzer und einen Islamexperten für das Gespräch mit dem Imam mitgeführt und 1000 Broschüren „Wir bringen den Frieden“ unter der Bevölkerung verteilt. Wenn Sie mich nun entschuldigen, ich muss die Mülltrennung meiner Truppe begutachten…… wie bitte? Eigene Verluste? Bedauerlicherweise hat es auch zwei Todesopfer auf unserer Seite gegeben, ja…… wie bitte? Die Toten wiesen Verletzungen von Splitterbomben auf, die die Taliban nicht benutzen? Wer hat Ihnen denn das gesagt??? Sind sie nicht von ARD und ZDF? Ach, Russia Today? Entschuldigen Sie mich (eilt davon)“.
Scherz beiseite: Mich ganz persönlich spricht die Darstellung der beiden neurussische Kommandeure an.
Kurz: Gibt es ähnliches auf der ukrainischen Seite? Soldaten oder Befehlshaber, die immer wieder als „Helden“ des Krieges vor die Kamera gezogen werden und dort einen „guten“ Eindruck machen?
Das würde mich sehr interessieren – denn so könnten sich auch Leser im DGF ein Bild von „Helden“ auf der neurussischen und auf der ukrainischen Seite machen.
Beste Grüße
K_v_S
P.S.: Ein anderes interessantes Thema wäre die Darstellung der Propaganda Gesamt auf beiden Seiten… wer hetzt mehr? Aber da traue ich mir kein Urteil zu.
P.P.S.: Ein weiteres Thema wäre der Krieg an sich….. auch in der Darstellung des Konfliktes scheint für mich da etwas durch - die Russen haben etwas wesentliches offenbar noch nicht vergessen, und zwar was Taurec mal ansprach: http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=334522
Oder Sie haben einen Max Scheler, der bei uns längst vergessen ist, unter sich (aus dem „Genius des Krieges“):
(Es ist klar), dass der Krieg ebenso die Kraft in sich birgt, die Gemüter innerlich zu einen, als er die große Kraft ist, die Menschen äußerlich zu trennen und zu scheiden; wogegen der Friedenszustand die Menschen ebenso äußerlich eint, als er sie innerlich atomisiert und trennt! …. Der Geist der Liebe und Opferbereitschaft, das wiederkehrende Bewußtsein der Tiefe auch vorher schon vorhandener Liebe zur gemeinsamen Heimat, Sitte, Staat, das der auf die materiellen Werte bezogene Konkurrenzgeist des Friedens versteckte und verbarg, alles das leuchtet hell und stark auf. ….. Im Frieden erblickt das Auge des Herzens nur die jeweiligen Differenzwerte als Werte überhaupt; nur das, was einer „mehr“ ist als ein anderer, oder „mehr hat“ oder weniger, ist hier als Wert gegeben; oder noch schlimmer, was jeder nicht hat! Denn für die Kräfte menschlicher Habsucht, für Strebergeist, für Ehrsucht und Neid, die der Friede hegt und pflegt, sind nur eben diese Differenzwerte Angriffspunkte der Betätigung des Handelns und der Sorge. …
Der Krieg hingegen lässt uns aus diesem Schlaf, aus dieser Blindheit erwachen: Wir sehen, was wir sind und was wir besitzen. Wir begehren weniger und lieben viel mehr! Verschlafene, in der Gewohnheit des selbstverständlichen Hinnehmens der Tage, erstickte Liebe zwischen Gatten, Geschwistern, Eltern und Kind, Freund und Lebenskamerad glüht wieder auf, da sie sich in das einheitliche Schicksal des Volkes eingeschlossen und durch die Bewegung des Ganzen mit in eine große Bewegung gezogen sieht.
P.P.P.S.: Den Krieg als Mittel der Manipulation lehne ich natürlich ab (also die meisten Kriege), als Ultima Ratio zur Verteidigung bejahe ich ihn. Und ausserdem hat jedes Ding seine zwei Seiten - auch der Krieg.
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Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.
Karl Valentin