Mir ist jetzt wieder eingefallen, wie ich auf die Idee des Kaiserlichen Nachttopfschwenkers gekommen bin.
Eine Szene in dem Roman:
Das Große Spiel
von Claude Cueni
diente als Anregung.
Der Roman beschreibt das Leben von
JOHN LAW OF LAURISTON (1671 – 1729),
einem Spieler, der Geldgeschichte geschrieben hat.
(Ein Schotte, kein Italiener.)
Hier die Szene:
Die Türen zum Schlaf-
gemach des Königs wurden geöffnet. Die Gäste
setzten ihre Hüte auf und betraten andächtig das
Schlafgemach des Sonnenkönigs. Die Holztäfelun-
gen, die Vorhangsstoffe, die Skulpturen, die Pilas -
ter, alles war mit Gold veredelt, verziert, übergos-
sen – es schien, als sei der ganze Raum schier in
Gold gegossen. Und hinter einer goldenden Kordel,
die als Schranke diente, sass er, Louis XIV, König
von Frankreich. – Louis. In einem wallenden Mor-
genmantel. Von Dutzenden von Bediensteten um-
geben sass er auf seiner «chaise d’affaire», auf
seinem Nachttopf. Selbst der morgendliche Stuhl-
gang war ein öffentlicher Staatsakt. Ein wallender
Morgenmantel verdeckte die Sicht auf die nackte
Haut. Ein Diener betupfte den Nachtschweiss des
Herrschers mit parfümierten Tüchern, ein zweiter
entfernte die Schlafmütze, während ein dritter Ih-
rer Majestät eine gekürzte Perrücke aufsetzte.
(...)
Und selbst wenn Ihre Majestät auf der
chaise d’affaire sass, verlor sie nicht an Würde.
Ihre Majestät ertrug mit stoischer Ruhe die Müh-
sal eines trägen Darmes, wechselte ein paar Worte
mit den anwesenden Prinzen, Herzogen und Gra-
fen aus den Geschlechtern der Rochefoucauld,
Bourbon, Anjou, während heftige Winde dem Darm
Ihrer Majestät entwichen. Der erste Chirurg und
der erste Arzt tauschten bedeutungsvolle Blicke,
während Ihre Majestät mit einer geschmeidigen
Geste auf den Duc d’Orléans wies und mit melo-
diöser, beinahe fröhlicher Stimme verkündete:
«Monsieur le Duc, Sie haben die Ehre.»
Jetzt käme WEs Part.
Der Duc verbeugte sich in grosser Dankbar-
keit und schritt demutsvoll zur goldenen Kordel.
Ein Diener löste sie an der einen Seite und ge-
währte dem Duc d’Orléans Zutritt zu Ihrer Maje-
stät. Der Sonnenkönig beugte sich ein wenig nach
vorn, während zwei Diener seinen Morgenrock
lüpften. Der Duc d’Orléans verneigte sich vor dem
König, kniete nieder, ergriff den Nachttopf, zog
ihn unter dem ausgehöhlten Sitz hervor und erhob
sich wieder. Zwei Diener knieten hinter dem König
und liessen sich von weiteren Dienern in Essig ge-
tunkte Leinentücher reichen, mit dem sie das Ge-
säss Ihrer Majestät reinigten und pflegten. Der
Duc d’Orléans stand nun aufrecht neben dem Kö-
nig, den Nachttopf in der Hand. Der erste Arzt und
der erste Chirurg begutachteten unterdessen den
Inhalt des Topfes und unternahmen eine Geruchs-
probe. Schließlich ging der Duc mit dem Nachttopf
zu einem kleinen Tischen und setzte ihn dort ab.
Während der Arzt und der Chirurg zwei hölzerne
Stäbchen nahmen und im Kot des Königs sto-
cherten, kehrte der Duc zu Ihrer Majestät zurück,
verneigte sich vor ihm und wartete.
Quelle für die Zitate:
http://www.swissgamingmagazine.ch/ifile/2006_2%20Der%20groesste%20Gambler%20aller%20Zei...
Edit:
Link Cueni eingefügt.
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